BasisGrünes Treffen am 15./16.09.2000 in Frankfurt
BasisGrün-Veranstaltung am 15.9.2000 in Frankfurt Podiumsdiskussion zu Perspektiven Linker Politik An einen geschichtsträchtigen Ort hatte BasisGrün eingeladen, in den Frankfurter "Club Voltaire", wo vor rund 35 Jahren der Republikanische Club gegründet wurde, ein Bündnis von linken und radikaldemokratischen Menschen und Gruppierungen - u.a. dem legendären Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS). Der Republikanische Club diente damals als Forum für eine heute
nicht mehr selbstverständliche solidarische, aber gerade deswegen
hochinhaltliche Diskussion innerhalb der Linken. An diesen hohen Anspruch
wollte BasisGrün anknüpfen und hatte zur Podiumsdiskussion eingeladen: So gefüllt war der Club Voltaire mit Ausnahme in seiner Hochphase Ende der 60-er Jahre eher selten. Rund 120 Menschen, die zum Teil dichtgedrängt stehen mussten, hörten sich zunächst die Eingangsstatements der "Podiumsmenschen" an und - um es vorweg zu sagen - sie wurden keineswegs enttäuscht. Was versteht Ihr unter links? fragte Fee Weck in die Runde. Petra Pau plädierte dafür, diese Frage nicht zu theoretisch zu betrachten. Das klare Beschreiben einer gesellschaftlichen Situation, die Benennung von Herrschaftsverhältnissen und das Aufzeigen von Lösungen, die an den Bedürfnissen der Betroffenen ansetzen, sind für sie markante Bestandteile linker Politik.. Dabei ging sie auch selbstkritisch mit ihrer eigenen Partei um. Ein "revolutionäres Gehabe, am besten noch mit rrr" ersetze nicht praktische linke Politik. Christian Ströbele hatte es bei einem emotional gegen Rot-Grün aufgeheizten Publikum - Fee sprach in diesem Zusammenhang später von "Trauerarbeit an Rot-Grün" - wohl am schwersten zu begründen, warum er als Linker weiter bei Bündnis 90/DIE GRÜNEN bleibe. Die ZuhörerInnen konnten aber größtenteils zwischen der Partei und Christians Positionen unterscheiden und nahmen ihm persönlich auch seine konsequente Haltung gegen den Jugoslawienkrieg ab. Horst Schmitthenner stellte klar, dass es nicht die linke Gewerkschaft gebe, wohl aber durchaus relevante Teile, denen es um eine gerechte Umverteilung in dieser Gesellschaft gehe. Umverteilung solle dabei nicht auf das Einkommen eingegrenzt werden, sondern müsse auch die Ressourcen Zeit und ökologischen Verbrauch umfassen. Er kritisierte in diesem Zusammenhang insbesondere die Grüne Bundestagsfraktion, die sich im Rentenbereich sowie der Ladenschlussdiskussion gegenüber gewerkschaftlichen Anliegen als besonders unflexibel erweise. Er forderte die Linken bei SPD und Grünen sowie die PDS auf, gemeinsam für die von ihm skizzierte gerechte Umverteilung einzutreten. Daniel schließlich plädierte dafür, weniger ein Bündnis diverser linker Gruppen auf theoretischer Basis anzustreben und stattdessen lieber Bündnisse/Netzwerke zu konkreten Handlungsfeldern zu schließen, in denen vorrangig nicht parteigebundene Menschen zusammenarbeiten, die aber auch engagierten Menschen aus Parteien offen stehen sollen. Er warb in diesem Zusammenhang für die vielfältigen Aktionen zur "Halbzeitbilanz Rot-Grün" am 22./23.09.2000 in Berlin, in dessen Vorbereitungskreis er bereits mit Hort Schmitthenner zusammenarbeite und das von einem großen UnterstützerInnenkreis - darunter auch BasisGrün - getragen werde. [Daniels Manuskript] Die weitere Diskussion drehte sich im wesentlichen um die Frage, wie diese diversen linken Netzwerke weiter miteinander verbunden werden können, um so auch insgesamt die Effektivität zu erhöhen. Übereinstimmend wird die Auftaktveranstaltung in Berlin als Chance gesehen, den Netzwerkgedanken zu stärken, auch wenn nicht gleich der ganz große Durchbruch erreicht werde. Da sei die Situation in Frankreich, wo sich die kritische Intelligenz eng mit den gewerkschaftlichen Akteuren verbunden habe, erheblich weiter. Das Treffen in Berlin werde aber als Chance gesehen, einen solidarischen Diskussionsprozess über Parteigrenzen hinaus für eine bessere Gesellschaft zu stärken. Es gehe es darum, in einem möglichst breiten Spektrum von MultiplikatorInnen aus Netzwerken, aus Verbänden und Initiativen und auch aus Parteien einen Verständigungsprozess darüber zu versuchen, ob und wie wir eine gemeinsame, zivilgesellschaftliche Opposition zur rot-grünen Politik der Neuen Mitte und gemeinsame, zukunftsfähige Alternativen zum shareholder-Kapitalismus definieren können. Dabei sei es insbesondere auch notwendig, den Blick über die Situation in Deutschland um eine internationale Sicht zu ergänzen. Nach rd. 3 Stunden ging eine sehr solidarische und konstruktive Debatte der Linken zu Ende - die Atmosphäre des "Republikanischen Clubs" hatte wohl einiges dazu beigetragen. Es ist zu hoffen, dass es jetzt nicht organisationsbornierte Reaktionen von diversen Parteispitzen gìbt, weil hier solidarisch zusammensaß, was ihrer Meinung nicht zusammensitzen dürfe. Ein Frankfurter SPD`ler aus dem Publikum erzählte in diesem Zusammenhang, dass er ein Jahr Funktionsverbot erhalten habe, weil auf einer von ihm organisierten Veranstaltung auch ein "Schmuddelkind von der PDS" gesessen habe. Dem relativ kleinen Netzwerk Basisgrün ist es mit dieser Veranstaltung gelungen, einen selbstgeprägten hohen Anspruch in die Praxis umzusetzen und als Forum für eine breite linke Diskussion zu dienen. Das sollte Mut machen. Michael Braedt |