Entwurf vom 30.5.99 Christian Meyer (KV Holzminden, GAJB)
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Jugend will Veränderung - Glaubwürdigkeit und Offenheit erneuern !


Jugend will Veränderung !

Jugend ist offen für neues. Die Phase der Jugend zeichnet sich dadurch aus vieles althergebrachte in Frage zu stellen. Nur so kommt Erneuerung - auch in unserer Gesellschaft. Wir wollen kritische, querdenkende, nicht angepaßte Jugendliche. In dieser Gruppe kritischer, veränderungsbereiter, nach Alternativen suchender Jugendlicher haben Bündnis 90/Die Grünen viele Sympathien und Unterstützung eingebüßt. Dieser Prozeß einer gegenseitigen Entfremdung und mangelnden Kommunikation hat mehrere Ursachen, die Bündnis 90/Die Grünen schrittweise überwinden müssen, um wieder Nr. 1 unter den kritischen und reformbereiten Jugendlichen zu werden.

Angepaßt oder alternativ ?

Bündnisgrüne Politik kann nicht alle Jugendlichen gleich erreichen. Die Erwartungen und politischen Vorstellungen der Jugend sind bunt und verschieden. DIE Jugend gibt es nicht. Und DIE Jugend hatten wir - auch in noch so glorreichen Zeiten - nie vollständig auf unserer Seite. Für verändernde, alternative Politik müssen wir die Gruppe der kritischen, veränderungsbereiten Jugend wieder zurückgewinnen und unseren Rückhalt dort verbreitern.
Diese kritischen, veränderungsbereiten, flexiblen und fortschrittlichen jungen Menschen gilt es für grüne Politik (wieder) zu begeistern, wenn grüne Politik Zukunft haben soll.
Nur mit dieser jugendlichen Basis können wir über kampagnenfähige Überzeugungsarbeit, attraktive Kommunikation und konkrete Erfolge, weitere Jugendliche für Grüne Politik gewinnen, ohne sich inhaltlich zu verbiegen.

Dafür gilt es vor allem zu erfüllen :

1. Glaubwürdigkeit erneuern !

Bündnis 90/Die Grünen waren für viele Jugendliche die Alternative zu den herkömmlichen Parteien. Die Grünen waren anders, frech und alternativ und stellten die Verhältnisse grundlegend in Frage. Dieses "fortschrittliche Alternative sein" muß wieder zu einem Markenzeichen bündnisgrüner Politik werden.
Unsere modernen Werte wie Ökologie, globale Solidarität, Gleichstellung, demokratische Emanzipation, Menschenrechte und Frieden sind gerade unter der Jugend nicht out, sondern leiden unter einem Glaubwürdigkeitsmangel.
Durch zunehmende Anpassung an hergebrachte Politikinhalte und -stile hat Bündnis 90/Die Grünen Glaubwürdigkeit eingebüßt. Zwischen den auch bei uns vorkommenden Wahlversprechen und der überwiegend praktizierten Politik in Koalition und Opposition klafft in letzter Zeit eine schwer zu vermittelnde Kluft, die mit Akzeptanzverlusten bei veränderungswilligen JungwählerInnen einhergeht. Die Unterscheidung zwischen Anpassung und Kompromiß, zwischen Aufgabe von Zielen und inhaltlicher Erneuerung wird gerade für jugendliche Nicht-PolitikexpertInnen immer schwieriger und führt zu Resignation, Frust und fehlender Glaubwürdigkeit. Diese fehlende Konsequenz inhaltlicher Forderungen und auch das beliebig erscheinende Aufgeben von Politikzielen hemmt unsere Mobilisierungs- und Motivierungsfähigkeit, die für wirksame Kampagnen unerläßlich sind.
Nicht unsere Ziele und Forderungen stoßen auf mangelnde Zustimmung, sondern der notwendige Glauben an eine wenigstens in Kernbereichen konsequente Vertretung durch Bündnisgrüne Funktionsträger geht zurück. Standhaftigkeit statt Einknicken ist gefragt und gerade bei der Jugend zustimmungsfähig. Nichts schreckt Jugendliche mehr ab, wie ungehaltene Versprechungen, Schönreden von Niederlagen und opportunistisches Aufgeben.
Inhaltliche Ziele und Forderungen müssen differenziert vermittelt und glaubwürdig vertreten werden.
Um junge Leute z.B. für den Atomausstieg, die Gleichstellung von AusländerInnen zu mobilisieren und zu motivieren, muß es eine glaubwürdige Standhaftigkeit der grünen Partei in dieser Frage geben. Dann ist erfolgreiche Kampagnenführung möglich.

2. Offenheit vermitteln !

Bündnis 90/Die Grünen haben andere, offenere Strukturen als die anderen Parteien. Dies geschah vor allem in dem Bewußtsein, daß das verknöcherte, reglementierte, hierarchische Gebaren der "Altparteien" vor allem Jugendliche abschreckte und abschreckt. Deshalb gab und gibt es bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erfolgreiche Ansätze für alternative und vor allem offenere Strukturen. Ämtertrennung, Frauenquote, Rotation, Öffentlichkeit von Sitzungen, SprecherInnen statt Vorsitzenden, imperatives Mandat, Rederechte für Nicht-Mitglieder sind Beispiele dieser basisdemokratischen Ansätze.
Diese weitgehende Offenheit grüner Strukturen ist einer unserer Pluspunkte bei der Einbeziehung gerade kritischer Jugendliche und wir sollten diese besser vermitteln statt falschem Opportunismus preisgeben. Die anderen Parteien haben überwiegend weit größere Probleme mit dem Jugendlichen Nachwuchs als Bündnis 90/Die Grünen, deshalb wäre billige Nachahmung verheerend.
Im Gegenteil sind offene, basisdemokratische Strukturen für reformwillige, querdenkende, kritische Jugendliche attraktiver als autoritäre, geschlossene Systeme. Die Hierarchien, Nicht-Zuständigkeiten und obrigkeitliche Besserwisserei der anderen Parteien brauchen wir nicht.
Leider ist diese uns auszeichnende Offenheit, die auch die effektiven Möglichkeiten der Beteiligung für neue Leute bei Bündnis 90/Die Grünen einschließt, Stück für Stück zurückgegangen.
Jugendliche wollen keine festen Strukturen, starre Regeln und gleichen Trott. Veränderung, Flexibilität (im Verfahren) und echte Mitwirkung sind attraktiv.
Deshalb sollten wir unsere alternativen - sich von den anderen Parteien abgrenzenden (Profilgebung!) - Strukturen nicht anpassen, sondern erneuern und ausbauen in Richtung stärkerer Partizipation und Offenheit von unten.
Auch die zeitliche Begrenzung von Ämtern und Funktionen ist für NeueinsteigerInnen und Jugendliche innerhalb oder außerhalb der Partei von großer Bedeutung. Denn permanente personelle Erneuerung schafft frischen und jungen Wind und Ideen in die Parlamente und Vorstände. Diese einzigartige Attraktivität der Grünen Partei sollten wir nicht ungezügeltem Personenkult oder erstarrender Verkrustung opfern.
Offene Mitwirkung und Einbeziehung der Jugend ist gefragt, statt Ausgrenzung manchmal unbequemer, neuartiger Lebensperspektiven.

3. Grüne Politik muß wieder unterscheidbarer werden !

Bündnis 90/Die Grünen sind immer weniger die Alternative zu den herkömmlichen, althergebrachten Parteien. Neue Ideen, kritische Denkanstöße und andere Wege zeichneten und zeichnen Grüne Politik aus. Gerade Jugendliche sind für neue Politikansätze offen und begeisterungsfähig.
Bündnis 90/Die Grünen müssen in Zukunft wieder unterscheidbarer werden. Auch und gerade in Koalitionen müssen Unterschiede und Abgrenzungen zu den anderen Parteien und ihren Politikinhalten und -stilen deutlich erkennbar werden. Ohne klares Profil gibt es keine Akzeptanz oder Zustimmung unter jungen WählerInnen. Es muß klar sein für welche Inhalte Bündnis 90/Die Grünen stehen und welche Umsetzungen sie in Opposition oder Regierung erreichen wollen und erreicht haben. Grüne Erfolge und inhaltlichen Ziele müssen erkennbar und besser vermittelt werden. Dies geht in unserer Medienlandschaft nur durch Abgrenzung und Streit. Über Harmonie wird leider nur unzureichend berichtet.
Bündnis 90/Die Grünen müssen auch innerparteilich mehr streiten und diskutieren, das macht eine lebendige und für Jugendliche attraktive Partei aus und sorgt für permanente zukunftsfähige Weiterentwicklung grüner Ideen. Fairer Streit um die Sache statt um Personen ermöglicht kritischen Jugendlichen eine eigenständige Positionierung auf der Grundlage der bündnisgrünen Werte.
Ein Hinterherlaufen hinter dem angeblichen gesellschaftlichen "Mainstream" wird dabei immer nur zum zweiten Platz, aber zu keiner Stimme, geschweige denn aktiven Unterstützung, führen !

Grün ist die Zukunft - und die Jugend !

Bündnis 90/Die Grünen müssen wieder stärker auf kritische und alternative Jugendliche zugehen, um eine langfristige Zukunft zu haben. Ohne überzeugte und engagierte junge Menschen erstarrt und erlahmt jede Partei.
Die verstärkt sich an die Altparteien anpassende Grüne Politik in Regierung und Opposition hat viele Jugendliche verschreckt. Ein klares Profil für sozialökologische Veränderungen und Reformen wird immer weniger erkennbar.
Nur durch eine Neubesinnung auf Glaubwürdigkeit und Offenheit können wir unsere Chancen bei der Jugend wieder verstärken. Eine stärkere Motivation für ein Engagement bei Bündnis 90/Die Grünen kann nur durch glaubwürdige Kampagnen und eine Offenheit nach unten und außen erreicht werden.
Die inhaltlichen Grundwerte und Konzepte von Bündnis 90/Die Grünen haben Zukunft - auch und gerade bei der Jugend und müssen weiterentwickelt werden : Gleichstellung der Geschlechter, ökologische Lebensweise, Frieden und Menschenrechte, Solidarität mit den Schwachen, Emanzipation von Homosexuellen, Rechte der MigrantInnen u.v.m. - noch nie war eine gesellschaftliche Akzeptanz für grüne Werte unter der Jugend so hoch wie heute. Nutzen und verstärken wir sie - das ist unser Ziel !