JuLiA

Identitätstreue vor Koalitionstreue!

Die Jugend will keine strahlende Zukunft, sondern eine sonnige!

Der Ausstieg aus der Atomenergie und die Energiewende sind Teil der Identität der Grünen Jugend Niedersachsen (GJN) und von Bündnis 90/Die Grünen. Viele von uns haben in den letzten Jahren gegen die Atomkraftnutzung und ihre verheerenden Auswirkungen argumentiert, demonstriert und vielfältigen Widerstand geleistet. Atomenergie ist nicht beherrschbar, risikoreich, verseucht schon im „Normalbetrieb" Mensch und Umwelt und hinterläßt kommenden Generationen Jahrtausende strahlende
Müllberge.

Die Energiewende und der schnelle Ausstieg aus der Tag für Tag Strahlen und Müll produzierenden Atomenergie war eine Kernforderung im Bundestagswahlkampf von Bündnis 90/Die Grünen. Nach der Wahl wurde im von beiden Seiten unterschriebenen Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ein genaues Verfahren zum umfassenden und unumkehrbaren Ausstieg aus der Atomenergie und für einen „neuen, zukunftsfähigen Energiemix" vereinbart. Der jetzt von Bundeswirtschaftsminister Müller vorgelegte Entwurf über eine Verständigung zur Beendigung der Nutzung der Atomkraft zwischen der Bundesregierung und den Eigentümern bzw. Betreibern von Atomanlagen ("35-Jahre-Entwurf") geht allerdings in eine völlig andere Richtung. Die in Müllers Entwurf genannte "Begrenzung" der Laufzeit von Atomkraftwerken auf
35 Kalenderjahre bedeutet keinen Ausstieg aus der Atomenergie, sondern eine betonharte Verankerung der Atomenergie in der Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland für viele Jahrzehnte. Auch eine Verwässerung der Sicherheitsstandards, eine Begrenzung der Nutzung von regenerativen Energiequellen auf 10 % und eine Wiederaufnahme der Atomtransporte zum jetzigen Zeitpunkt sind für uns inakzeptabel. Die Idee, den Atomausstieg in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ist nicht nur unter Umständen verfassungswidrig, sondern macht den Atomausstieg auch in keinster Weise unumkehrbar.
Die Grüne Jugend Niedersachsen fordert daher:
- Eine zukunftsfähige Energiewende und den schnellstmöglichen Atomausstieg!
Der Atomausstieg muss gesetzlich verankert werden. Innerhalb von maximal acht Jahren müssen alle AKWs vom Netz gehen.
- Keine weiteren Atomnonsensverhandlungen!
Es macht keinen Sinn zu versuchen, aus völlig gegensätzlichen Interessen einen Konsens formen zu wollen. Ein Atomausstieg kann nicht mit der Atommafia umgesetzt sondern nur gegen diese durchgesetzt werden. Der gesellschaftliche Rückhalt für dieses Projekt ist groß. Die Mehrheit der Bevölkerung will den Atomausstieg.
- Keine Wiederaufnahme der Castor-Transporte!
Erst wenn der Ausstieg beschlossene Sache ist und alle Sicherheitsbedenken beseitigt sind, dürfen Atomtransporte genehmigt werden. Eine dezentrale Zwischenlagerung an den AKW-Standorten ist anzustreben.
- Keine Unterstützung für den Ausbau der Atomkraft im Ausland!
Für den Bau von AKWs oder anderen Atomanlagen im Ausland dürfen keine Gelder oder Bürgschaften zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere muss sich die deutsche Regierung dafür einsetzen, dass die G7-Staaten keine Kredite für den Bau der beiden AKWs in der Ukraine bereitstellen. Ohne die deutsche Zustimmung ist eine Gewährung dieser Kredite unmöglich!
- Rückendeckung für Jürgen Trittin!
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat ihm in der schwierigen Verhandlungssituation, in der er sich befindet, den Rücken zu stärken. Ebenso braucht er die Unterstützung der Kreis- und Landesverbände sowie des
Bundesvorstandes. Wer Trittin als Umweltminister jetzt die Solidarität entzieht oder Gerüchte streut, die Partei könne auf ihn verzichten, schwächt die grüne Verhandlungsposition für einen raschen Atomausstieg.
- Identitätstreue vor Koalitionstreue!
Für die Zukunft von grüner Partei und grüner Bewegung ist eine erfolgreiche Energiewende von erheblicher Bedeutung. Ein Zurückweichen oder Einknicken vor den Atomdinosauriern aus Atomindustrie, SPD und Opposition darf es beim
Atomausstieg nicht geben. Wenn eine Abschaltung von mehreren AKWs in dieser Legislaturperiode mit der SPD nicht zu machen ist, muss die Koalition beendet werden! Gerade für Jugendliche ist Glaubwürdigkeit und Konsequenz wichtiger als die Regierungsbeteiligung!
Die Grüne Jugend Niedersachsen wird einen Pseydo-Atomausstieg und erneute Atomtransporte nicht einfach widerstandslos hinnehmen. Sollte es der rot-grünen Regierung nicht gelingen, den Atomausstieg unumkehrbar zu besiegeln, wird sich die GJN mit allen Kräften an den Protesten und der Verstopfungsstrategie der Anti-Atom-Bewegung beteiligen. Wir fordern alle
Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen auf, dies ebenfalls zu tun.
[beschlossen vom GJN-Landesvorstand am 25.06.99]
Marko Rieckmann