Aus Gruenlinks-Rundbrief Juni-99


Einen haben wir noch!

Wie fuer viele andere, so stellte sich auch fuer mich nach Bielefeld die Frage: Drin bleiben oder rausgehen? Nach langen UEberlegungen bin ich heute zu dem Schluß gekommen: Einen hab ich noch. Natuerlich ist es richtig, daß ich/wir dies schon oft gesagt haben: Diese BDK warte ich noch ab, immer in der Hoffnung, in punktuellen Fragen seitens der Linken eine Mehrheit zu erstreiten, die selbstverstaendlich nie erreicht wurde, zumindest in den letzten Monaten bzw. seit der Regierungs- (nicht Macht-)beteiligung in Bonn. Der Reihe nach:

1. Realistisch ist, dass die Linke m.E. in naher wie auch in weiter Zukunft keine Mehrheiten mehr organisieren kann. Bereits die letzten Beschluesse wie die Hierarchisierung der Parteistrukturen, wo ja nun die beruehmte "gruene
Seele" angegriffen wurde, haben nicht mal die dafuer erforderliche 2/3-Mehrheit in Leipzig verhindern koennen.
Auf Bundesebene ist der Zug im wesentlichen abgefahren. Das sollten sich alle die, die weiter in der Partei kaempfen wollen, eingestehen. Dementsprechend kann es beim Engagement auf Bundesebene nur noch darum gehen, ob die Linke (Und hier rede ich nicht von den Vollmers, Trittins oder Beers) noch einen Teil an Posten und inhaltlichen Zugestaendnissen auf Bundesebene erkaempfen kann. Dies kann ich zur Zeit nicht beantworten. Wenn die sich als Realos bezeichnenden Irrealos allerdings clever sind, werden sie uns mit der ein oder anderen Gefaelligkeit ruhig zu stellen versuchen...

2. Im niedersaechsischen Landesverband sieht es demgegenueber besser aus: Die Kososvoabstimmung haben wir nun wirklich nur knapp verloren (9 Stimmen fehlten). Und wenn man bedenkt, dass "linke" KVs nicht alle Delegierten
geschickt haben, haetten wir einen knappen Sieg erreichen koennen. Allerdings ist auch zu beobachten dass es im LV nun eine klare Polarisierung zwischen Links und Rechts gibt, was nach meiner Auffassung gut ist. "Sowohl als auch"
-Antraege und -Ansaetze haben ausgedient. Das zeigt nicht zuletzt das grandiose Abstuerzen des Lavo-Antrages.

3. Demzufolge ist im Landesverband noch nicht zugunsten oder ungunsten einer Seite entschieden worden. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich noch einen letzten Versuch starten will: Auf der Herbst-LDK kommt es drauf an, ob wir bei den Lavo-Wahlen vielleicht nochmal einen Streich a la Uelzen herbeifuehren koennen. Dass wir eine 2/3-Mehrheit fuer die Antraege zur Etablierung von Parteistrukturen analog der CSU verhindern koennen, da bin ich recht optimistisch.
Auf Bundesebene wird in diesem Jahr noch mit den Beratungen fuer eine neues Grundsatzprogramm begonnen werden: Auch hier will ich, sollten wir, noch einmal alle Kraft hineinstecken, um das gruene Projekt, was auch unser
Projekt ist/war, zu retten. Wenn wir dort abstuerzen und damit das linke Projekt per Grundsatzbeschluss beerdigt wird, dann ist es Zeit zu gehen. Bis dahin will ich aber noch kaempfen, auch um mit meiner Stimme bestimmten Leuten bei den Lavo-Wahlen zu helfen.


Wir sollten bei der Herbst-LDK auf Klarheit setzen, bereits im Vorfeld: Hier treten wir an, die fuer eine soziale, oekologische und radikaldemokratische Richtung stehen und dort die Anderen, die den politischen Opportunismus ala FDP zum endgueltigem Durchbruch verhelfen wollen. Dieser Ansatz laeßt naemlich nur zwei Ergebnisse zu, die sowohl fuer mich/uns als auch fuer die Anderen endgueltige Klarheit schaffen werden.

Einmal noch sollten wir die Kraft aufbringen und der Partei die Moeglichkeit zweier Wege aufzuzeigen und diese zur Abstimmung stellen. Sollte die Partei sich fuer den schlimmen Weg entscheiden, ist die Sache klar. Dann heißt es nicht mehr treten statt austreten, sondern treten UND austreten.

Einen haben wir noch!

Jan Korte, 22, KV Osnabrueck-Land