Olivenbaum statt Olivgrün -
Was wir von Italien lernen koennen
von Michael Braedt, Clausthal Zellerfeld (Niedersachsen), am 13.5.1999 direkt in Bielefeld
aus der Partei B`90/Gruene nach ueber 19 Jahren Mitgliedschaft ausgetreten.
Olivenbaum - italienisches Buendnis der Linken 1996 gewann unter dem Emblem des
Olivenbaumes ein Buendnis aus PDS (Demokratische Partei der Linken, die sich 1991 aus der
KPI abspaltete und heute den Ministerpraesident d'Alema stellt), der italienischen
Gruenen, der PPI (Linksabspaltung der ehemaligen Christdemokraten) sowie einer
Linksfraktion der italienischen Sozialisten gemeinsam die Parlamentswahl.
Ein Buendnis, das auf kommunaler Ebene vorbereitet worden war und sich gegen die
machtvolle Allianz des Faschisten Fini und des Medienzars Bellusconi durchsetzen konnte.
Auch letztere Parteien der italienischen Rechten waren erst in den Jahren zuvor neu
entstanden bzw. traten in neuen Kleidern auf (Neofaschisten). Die eigentlichen großen
italienischen Parteien seit 1945, die Democratia Christiana, die KPI oder die Sozialisten
sind nicht mehr existent oder spielen wie die italienischen Sozialisten nur noch eine
unbedeutende Rolle.
Warum dieses italienische Beispiel? Wenn mensch bedenkt, in welch kurzer Zeit sich das
Olivenbaumbuendnis gebildet hat und damit gleichzeitig eine aktive Rolle bei der
Destabilisierung des bisherigen Parteiensystems geleistet hat - ja, warum soll so eine
kurzfristige Veraenderung der Parteienlandschaft nicht auch in Ansaetzen in Deutschland
moeglich sein?
Basisgruen als "Zwischenlager"
Spaetestens nach dem Bielefelder Parteitag der Buendnisgruenen gibt es eine große Anzahl
von Menschen, die sich durch die bisherigen Parteien nicht mehr vertreten fuehlen. Etliche
haben bereits organisatorische Konsequenzen gezogen und sind aus B'90/Die Gruenen
ausgetreten, ein Großteil wartet noch ab, ihre politischen Bauchschmerzen werden jedoch
von Tag zu Tag groeßer.
Mit dem geplanten Netzwerk Basisgruen/Gruenlinks, dass wir am 6. Juni bundesweit aus der
Taufe heben wollen, soll zumindest erreicht werden, dass diese Linken innerhalb und
ausserhalb von B'90/Die Gruenen sich weiterhin politisch betaetigen und sich nicht
resigniert ins Privatleben zurueckziehen. Aber dieses Netzwerk kann nur ein - verzeiht
diesen Begriff aus dem Atombereich - politisches Zwischenlager sein. Als Vision fuer eine
laengere Zeit wird es nicht reichen.
Vielfaeltige Wurzeln eines moeglichen Olivenbaums
Die Gruendung einer neuen Partei links von Gruens steht derzeit nicht auf der
Tagesordnung, auch wenn das vielleicht einige wollen. Dafuer fehlt uns (noch?) die
kritische Masse, zum anderen vielleicht auch nach rd. 20 Jahren "Parteiaufbau"
die Lust und die Kraft.. Aber eine deutsche Variante des Olivenbaums als Buendnis von
mehreren eigenstaendigen Organisationen - ist das auch unmoeglich? In Italien hat es
geklappt, was aber laengst noch kein Garant fuer bundesdeutsche Verhaeltnisse zu sein
braucht. Eine dieser Stammwurzeln koennte das Netzwerk "Basisgruen/Gruenlinks" -
wie wir nach dem 6. Juni heißen ist dabei sekundaer - sein, doch das reicht nicht aus.
Ich sehe weitere linke, wenn auch zahlenmaeßig nicht so große, Potentiale im Bereich der
Jusos, Altlinker der SPD sowie in den Gewerkschaften. Auch im christlichen Bereich ,
insbesondere im Bereich der dortigen Internationalismus- und Friedensgruppen, koennte
Interesse an einem gemeinsamen Olivenbaum entstehen. Nicht zu vergessen die aktiven Leute
um BUKO (Bundeskoordination entwicklungspolitischer Gruppen) sowie der bundesweiten
Anti-Atom-BI's, fuer die ein Olivenbaum unter staendiger Wahrung ihrer eigenen
Organisationsform durchaus von Interesse sein koennte. Die vor 10 Jahren aus den Gruenen
ausgetretenen "OEkolinks" um Jutta Dithfurth sowie die damalige
oekosozialistische Stroemung um Ebermann und Trampert koennten ebenfalls zu dem neuen
Projekt beitragen. Auf alle Faelle nicht zu vergessen die zahlenmaeßig groeßte Gruppe,
die vielen ehemals aktiven Linken, die sich isoliert ins Privatleben zurueckgezogen haen,
Vielleicht koennte so ein Zusammenschluss einigen von ihnen wieder eine neue politische
Heimat geben. Und die PDS? Sie ist derzeit, wie wir objektiv konstatieren muessen, die
einzige im Bundestag vertretende Antikriegspartei, welche Motive ihr gerade auch aus dem
gruen-alternativen Bereich auch unterstellt werden/zu unterstellen sind. Aber sie gehoert
in ein zukuenftiges Linksbuendnis ala Olivenbaum, denn sie repraesentiert allein von der
Anzahl ihrer Mitglieder eine beachtliche Stroemung innerhalb der Linken. In einem solchen
gleichberechtigten Buendnis muesste die PDS die zweifelsohne ihr insbesondere von der
nichtparteigebundenen westdeutschen Linken entgegengebrachten Vorurteile/Urteile
widerlegen, ansonsten kaeme ein solches Buendnis nicht zustande. Verstaendnis
unterschiedlicher Positionen und Abbau von Vorurteilen darf dabei keine Einbahnstraße
sein. Der Charme eines solchen Olivenbaumbuendnisses besteht eben grundsaetzlich darin,
dass gemeinsam fuer ein politisches Ziel eingetreten wird, ohne die jeweilige
Eigenstaendigkeit aufzugeben. Ein in erster Zeit zumindest solidarisches Nebeneinander der
verschiedenen "Olivenbaumwurzeln" koennte sich dann unter optimalen Bedingungen
zu einer starken linken Bewegung auch in diesem Lande entwickeln. Da schon allein aus
Vegetationsgruenden in unseren kaelteren Gefilden ein Olivenbaum nicht gerade das
geeignetste Symbol ist - und mir olivgruen und nato-oliv ein Greuel sind -, plaediere ich
fuer Regenbogenbuendnis, wie sich die gruen-alternative Abspaltung im Bezirk Hamburg-Nord
nennt.. Doch Namen sind vorerst wirklich sekundaer.