BasisGrün - Linke Grüne in Bayern
München 26.11.2001 Brief von Dr. Thomas Mohr an die Grünen
Zur Zukunft des politischen Pazifismus bei den Grünen: 
Schlüsselprojekt "Gewaltfreiheit verwirklichen"
Liebe grüne Freundinnen und Freunde,
gerade nach dem Parteitag müssen die Grünen deutlich machen, das sie weiter in Richtung Gewaltfreiheit arbeiten. In diesem Sinne meine Thesen für ein grünes Schlüsselprojekt "Gewaltfreiheit verwirklichen". 
Mit freundlichem Gruß 
Thomas Mohr

Zur Zukunft des politischen Pazifismus bei den Grünen: 
Schlüsselprojekt "Gewaltfreiheit verwirklichen"

  1. Wenn "politischer Pazifismus" bei Bündnis 90 / Die Grünen weiter eine Heimat haben soll, muß sichtbar werden, was grüne Politik konkret zum Ziel der "Überwindung der Institution des Krieges" (C.F. v. Weizsäcker) beiträgt. 
  2. Krieg ist gerade im Unterschied zu Aggression keine menschliche Grundtatsache sondern eine gesellschaftliche bzw. staatliche Einrichtung ("Institution"). Krieg wird vorbereitet: Tötungswaffen und Massenvernichtungswaffen werden produziert, Soldaten werden zum Töten auf Befehl ausgebildet. 
  3. Bereits diese Kriegsvorbereitungen zerstören die Menschlichkeit des Menschen. Deshalb darf Krieg im gesellschaftlichen Bewußtsein nicht zur Normalität werden. Krieg bleibt ein zu überwindendes Übel! 
  4. Statt einer militärischen Ausbildung und einem "Ersatzdienst" braucht diese Gesellschaft eine Ausbildung in friedlicher Konfliktbewältigung, Mediation und Streitbeilegung angefangen von der kleinsten Ebene in den Schulen über den Zivilen Friedensdienst zum Einsatz in Spannungs- und Krisengebieten bis zur Ausbildung von Polizei und Diplomatischem Dienst. Nicht Gehorsam und Töten, sondern Kreativität und Konfliktfähigkeit müssen auf dem Lehrplan stehen! 
  5. Die Anarchie der Nationalstaaten muß schrittweise durch die Verrechtlichung internationaler Beziehungen überwunden werden. Aus der klassischen Außenpolitik wird Weltinnenpolitik. An die Stelle von militärischen "schnellen Eingreiftruppen" tritt eine Kultur der Prävention. OSZE und UNO müssen ausgebaut und demokratisiert werden. Alle nationalen Armeen müssen zugunsten einer internationalen Polizeitruppe abgeschafft werden. 
  6. Ohne eine Annäherung der Lebenschancen zwischen Nord und Süd wird Frieden nicht möglich werden. Deshalb ist eine soziale und ökologische Weltwirtschaftsordnung notwendig. Eine Welt für alle! 
  7. Regierungspolitik darf nicht bedeuten, die eigenen Ziele zu verändern, sondern muß heißen, sich in den kleinen, momentan möglichen Schritten der Verwirklichung dieser Ziele anzunähern. In diesem Sinne muß - gerade auch finanziell - sichtbar werden, daß grüne Politik schrittweise daraufhin arbeitet, den Krieg zu überwinden. 
  8. In der bisherigen grünen Regierungspolitik sind viele kleine Schritte in dieser Richtung gegangen worden. Sie sind im Verhältnis allerdings noch zu klein und werden auch nach außen nicht entsprechend sichtbar gemacht. Die explizite Formulierung eines Schlüsselprojekts "Gewaltfreiheit verwirklichen" könnte diese langfristige Arbeit der Grünen ins öffentliche Bewußtsein heben und klarstellen, daß sich die Grünen noch auf diesem Weg sehen. Dieses Schlüsselprojekt muß auch Eingang ins neue Grundsatzprogramm finden.
Thomas Mohr