BasisGrün - Linke Grüne in Bayern
Landshut 27.11.2001, Reaktionen auf den Parteitag der Grünen in Rostock
Dieter Pichl: 
Rückzug aus bayrischem Parteirat und Bezirksvorstand Niederbayern
Dieter Pichl     
Brauneckweg 13, 84034 Landshut, 
Tel.0871/ 273065  Fax 0871/6876945

An die niederbayerischen Kreisverbände, Landesvorstand, Mitglieder des bay. Parteirats, Bundesverband

Liebe Grüne,

am 11. September habe sich die Welt verändert, heißt es überall. Aber die Antworten sind die gleichen geblieben: 
Bombenkrieg und Unterstützung fragwürdiger Kräfte.
Ein Verbrechen muß bestraft werden und das vom 11. September ist ein Verbrechen, das alle Vorstellungen übersteigt. 
Es ist keine Frage, dass diese Verbrecher verfolgt, gefasst und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verurteilt werden müssen. Polizeiaktionen –sinnvoller weise unter UN-Hoheit- auch mit verdeckten und geheimdienstlichen Methoden, notfalls auch mit zielgerichteter militärischer Unterstützung, wären hier sicherlich angebrachter gewesen, als einen Krieg zu entfesseln.

Krieg ist keine Polizeiaktion, Krieg ist kein rechtsstaatliches Mittel, Verbrecher zu verfolgen und zu bestrafen. Vor dem Krieg war es Gemeingut, dass es als Antwort auf die Anschläge vielfältiger, diplomatischer, politischer,  wirtschaftlicher und entwicklungspolitischer Anstrengungen bedarf. 

Militärische Aktionen seien nur ein kleiner, bei weitem nicht der wichtigste Aspekt der Terrorismusbekämpfung.
Doch der Terroranschlag wurde zum Anlass für weitreichende politische und militärische Entscheidungen genommen. 
An vorgeblichen Zielen für diesen Krieg fehlt es nicht. Sie reichen von der Ergreifung des vermeintlichen Täters Bin Laden über den Sturz des Taliban-Regimes bis hin zu „Rache und Vergeltung“ und dem „Kampf der Kulturen“. 

Nach den Ankündigungen aus den USA wird der Kampf gegen den Terrorismus ein lang andauernder Krieg der auch weitere sogenannte „Schurkenstaaten“ – und ihre Bevölkerung- treffen wird. 
Keines dieser Ziele entsprechen dem, was nach dem 11.9. verteidigt werden sollte, nämlich Rechtsstaatlichkeit und Zivilisation.
Die Wahllosigkeit zeigt eine Entgrenzung, in der nur noch eines gilt: 
Der Vorrang der militärischen Lösungen und eine Militarisierung von Politik und Gesellschaft.
Parteibeschlüsse können den Krieg nicht stoppen. In einem demokratischen Land aber spielt die Haltung der Parteien für die öffentliche Meinung und die politische Entscheidungsfindung eine große Rolle. Durch den vom Parlament ausgestellten Blankoscheck, der weder Ort noch Zeit noch Ziel des
Bundeswehreinsatzes festgelegt hat, wird eine gefährliche Entwicklung vorangetrieben, nach der wir letztlich jeden Krieg aus Gründen der Bündnistreue oder gar der außenpolitischen  Einflusssteigerung unterstützen.
Zwischen einem JA und einem Nein zu einem Krieg gibt es keinen Kompromiss. Die Grünen haben auf der BDK Ja gesagt. 
Auch die Grünen halten Krieg jezt unter bestimmten Umständen für ein legitimes Mittel der Politik.
Diese Entscheidung kann ich nicht mittragen und lege deshalb meine Funktionsposten als Bezirksvorsitzender der Niederbayerischen Grünen und als Mitglied des bayerischen Parteirats nieder.
Mit grünen Grüßen                    Dieter Pichl