BasisGrün - Linke Grüne in Bayern
Diskussionsbeitrag von Martin Ottensmann nach dem Parteitag der Grünen in Bielefeld
Die Grünen sind eine andere Partei geworden - Was Nun? 
Der Krieg im Kosov@ und die erste Regierungsbeteiligung auf der Bundesebene für Bündnis 90/Die Grünen sind historisch miteinander verwoben. Die Sonder-BDK in Bielefeld hat deutlich gemacht: Die Partei Bündnis 90/Die Grünen ist eine andere geworden. Die Partei, die aus den sozialen Bewegungen mit mehreren politischen Grundsäulen entstanden ist, hat eine neue Säule dazubekommen: das Machtbewußtsein.

Dies ist ein Veränderungsprozeß, den Herr Joseph Fischer schon vor der Wahl angekündigt hat. Nun vollzieht er das, was er vorher gegenüber der Presse immer wieder angedeutet hat: er will den Grünen ein Ja zur NATO(-Politik) entlocken und den politischen Bruch mit dem Programm, zumindest in der Außen- und Sicherheitspolitik: daran macht er die Regierungsfähigkeit der Partei fest. Mit seiner Autorität als Medienfigur und mit seinen rhetorischen Fähigkeiten hat er 
dies nun geschafft. Den Delegierten in Bielefeld hat er vor den Kopf geknallt: es ist egal, was Ihr beschließt, ich mache als Minister so weiter; mit dem Appell "werft mir keine Knüppel zwischen die Beine" brachte er den Großteil der 
Delegierten hinter sich. Die Partei hat sich dadurch selbst zu einem Wahlverein für die Regierung degradiert. Da half auch nicht mehr der Versuch der AntragstellerInnen der Gruppe 3 (Roth, Ströbele, Buntenbach, Simmert, München) eine politische Schmerzgrenze zu definieren, bei dem die Pazifisten, Antimilitaristen bewußt von einer Schelte oder vor der Infragestellung der Regierungsbeteiligung Abstand genommen haben: mit der Einbeziehung der Leute, die am Anfang dieses "Experiment Luftangriff" noch mitgetragen hatten und nun den Stop forderten. Diese Linie war ein Signal in die Mitte der Partei, aber wir haben verloren. Dabei mitgeholfen haben sicher die autonomen "Indianerspiele", die ein bedrückendes Klima im Saal erzeugt haben und ein paar Unentschlossene auf die Seite von Herrn Fischer gebracht haben. Diese politische Entscheidung mußten wir hinnehmen und erkennen, daß dies für viele der Schlußstrich unter das 
linke Reformprojekt Grüne Partei war. Wer jetzt neu in die Partei eintritt, wird zu denen gehören, die an dem Machtzuwachs dieser Partei partizipieren wollen und nur sekundär programmatische Ziele verfolgen. Die Partei wird sich somit weiter "in die gesellschaftliche Mitte" bewegen, die Austritte am linken Rand werden von vielen begrüßt oder zumindest billigend in Kauf genommen. Dieser Veränderungsprozeß beschleunigt nur einen Prozeß. Der aus der ehemaligen Protest- und Konzeptpartei eine Partei macht, bei dem die oberen Köpfe entscheiden, wo es lang geht. Der Bielefelder Parteitag hat bewußt die Linie gewählt, die Herr Fischer gerade noch zulies, der Bundesvorstand lief somit an 
der kurzgehaltene Leine, wie ernst der Beschluss einer Waffenpause in der Bundestagsfraktion gesehen wird, sieht man wohl daran, daß sie diesen Antrag im Bundestag wohl erst nach dem Krieg stellen werden. 

Viele Personen haben nach dem 13.5.1999 schon ihren persönlichen Schlußstrich gezogen. Die politische Linke darf sich auf keinen Fall einem Selbstmordkommando folgend in das politische Nichts begeben. 

Deshalb stellt sich nun für viele die Frage WAS NUN?

Seit Bielefeld sind viele es leid, für die Grünen Bundespolitik in der Öffentlichkeit zu verkaufen; dies in einem Jahr, wo nicht nur die Europawahl, sondern auch einige Landtagswahlen in den neuen Bundesländern anstehen. Die komplette Spitze der Partei trägt die Verantwortung dafür, ob wir bei den jetzt anstehen Wahlen aus den Parlamenten fliegen oder die Partei sich in den neuen Bundesländern entgültig unter der 3%-Marke einordnet. "Wir machen keinen Wahlkampf für eine Partei, wo noch nicht klar ist, ob ich sie überhaupt wählen kann", dies ist der Tenor, der aus vielen Mündern kommt, wenn diese Freundinnen und Freunde nicht schon ausgetreten sind.

Als Linke gilt es nun die Politik neu gemeinsam zu definieren. 
Der Babelsberger Kreis hat sich auf der Bundesebene bisher immer als Forum für alle angesehen, die die Reformen in diesem Land voran bringen wollte. Dabei hat sich in den letzten Monaten die Anbindung der sogenannten Regierungslinken" als schwer erwiesen. Die Kommunikationstruktur Babelsberg ist in der letzten Zeit zu breit angelegt, und ist sehr auf Funktionärskreisen orientiert, die sehr NRW- und Berlinlastig sind. Über Jahre konnten mit diesem Zusammenhang Mehrheiten auf Bundesversammlungen organisiert werden, nach dem "Einkauf " von einigen in 
wichtige Ämter, ist für viele ein Bruch festzustellen. Die Aufstellungsversammlung zur Europawahl und Bielefeld haben deutlich gemacht: wir brauchen eine bessere Vernetzung mit einer standfesteren gemeinsamen Grundlage. Der Dialog zu den Regierungslinken bracuh dabei nicht abbrechen, aber es gibt hier klare Interessenunterschiede. 

Aufgaben einer Linken Vernetzung:
· Sammelbecken für Ausgetretene und WeitermacherInnen 
· Definition der Zielgruppe über die Grünen hinaus: Rot-Grüne Linke 
· Politische Kernaussage: Unzufriedenheit über die Erfolge des rot-grünen Reformprojektes, dabei ist die Forderung nach der Beendigung der Koalition nur eine Variante, die zur Zeit aber nach dem Parteitag in Bielefeld erst einmal 
anders entscheiden ist. Auf der programmatischen Plattform des BT-Wahlprogramms von 1998 kann man eine Linke Reformpolitik weiterentwickeln. 

Zu den Schwerpunkten sollte gehören: 
der sozial-ökologische Umbau, 
die Renaissance der Grundrechte und 
eine neue Außen- und Friedenspolitik mit einer Öffnung Europas nach Osten. 

Um Linke in der Partei zu halten, müßten wir dort einen Freiraum haben, in dem wir politisch weiter agieren können. Deshalb ist es notwendig, Kreisverbände als Oppositions-KV oder regierungskritischer KV zu definieren und alle Frustrierten aufzurufen in diesen KV Mitglied zu werden. Dort können mit den Mitgiedsbeiträgen und Spenden linke Projekte gefördert werden. Diese KV`s vernetzen sich auf Landes- und Bundesebene und sind in der Lage, auch Linke 
Projekte in der Partei mitzufinazieren, dazu gehört auch der Aufbau eines redaktionell aufgearbeiteten Diskussionsforums im Internet (aufgebaut auf http://www.BasisGruen.de ) oder ein qualifizierter Email-/Fax-Verteiler. Dazu gehören aber auch Kongresse und politische Vernetzungstreffen, die es schaffen, das politische Spektrum zusammenzuhalten und einen Politikwechsel voranzubringen. Es wäre verheerend, wenn es der politische Zweck der Grünen als Partei gewesen sein soll, die sozialen Bewegungen in das System aufzusaugen und mundtot zu machen. Deshalb ist es wichtig, sich nicht mehr auf die innerparteiliche Strömungsbalance zu orientieren, sondern den Aufbau der sozialen Bewegung - als Triebfeder der politischen Veränderung - wieder aktiver zu betreiben. 

Der Vorwurf in eine JUSO-Ecke zu rutschen zieht nicht, weil unter uns sehr Viele mit großer politischer Erfahrung und starkem inhaltlichen Background sind. Mit einer Aufgabe die inhaltliche Arbeit - auch für langfristige Reformkonzepte - zu 
vertiefen und die NRO und sozialen Bewegungen zu stärken wird es beim dem Poker um die Besetzung von wichtigen Positionen ein wichtiges Wort mitreden, gute Persönlichkeiten haben wir dann genug.

Konfliktpunkt: Kommunalpolitik!
Ein wesentliches Standbein für aktive grüne Politik ist die Kommunalpolitik. In der öffentlichen Wahrnehmung spielt zwar die Bundespolitik die wichtigste Rolle, die meisten Aktiven sind jedoch auf der kommunalen Ebene eingebunden, dort gibt 
es die Möglichkeit eine gute Sachpolitik zu machen. Sollen wir dieses Projekt einfach so sterben lassen, indem wir die Flucht aus der Partei antreten? In NRW sind in diesem Jahr noch Kommunalwahlen, dort gibt es viel zu verlieren. Deshalb sollten wir jeweils vor Ort nach Auswegen suchen, um ein breiteres Spektrum an der Politik zu beteiligen als das, was hinter der Politik der Bundesregierung steht. Ein "Projekt München" war z.B. auch schon zu Kohlzeiten möglich. Bei 
zukünftigen Aufstellungsversammlungen sind offene Bündnis 90/Die Grünen-Listen eine einfache Möglichkeit auch Ausgetretene weiter einzubeziehen. Die weitergehende Möglichkeit ist wieder zu der "Grünen Liste X-Stadt" zu greifen. 
Bei der Außendarstellung im Wahlkampf haben schon jetzt die "Kommunalos" in NRW das Problem, daß sie sich gerne von der Kosov@-Politik distanzieren wollen. Eine einfache Idee ist in den Zeiten des Krieges, die Ablehnung der Bombenangriffe durch eine blaue Friedenstaube auf Flugblättern/Plakaten zu symbolisieren. Die z.T. in Berlin gewählte Methode Plakate von Herrn Fischer mit einer Zielscheibe zu entfremden ist kontraproduktiv. 

Um Antwort wird gebeten: 
Martin Ottensmann Helene-Weber-Allee 8, 80637 München 
Fax 089/155057, Email Martin.Ottensmann@t-online.de | Forum@BasisGruen.de