Kommunales
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Programm-Beispiel : München Kommunalwahl 1996

DURCH NACHHALTIGE FINANZPOLITIK DEN POLITISCHEN SPIELRAUM ERHALTEN


Die Finanzlage der Stadt verschlechtert sich ständig. Die Ursachen dafür sind im Zusammentreffen verschiedener Faktoren zu suchen: rückläufige Steuereinahmen, weiter stark wachsende Sozialhilfeausgaben und die erhebliche Aufstockung der Finanzierungsbeiträge im Rahmen des Solidarpakts mit den neuen Ländern. Die zwangsläufige Konsequenz daraus sind schmerzliche Einschränkungen städtischer Leistungen.
Die Finanzkrise wird durch durchaus sinnvolle bundesgesetzliche Regelungen, wie z.B. das neue Recht auf einen Kindergartenplatz verschärft, deren finanzielle Lasten der Gesetzgeber den verschuldeten Kommunen zusätzlich aufbürdet.  Dazu kommen Dauerarbeitslosigkeit (der Hauptgrund für den Sozialhilfebezug) und Verarmung von immer mehr Menschen. Jegliche Kürzung des Arbeitslosengeldes führt zu neuen Belastungen des städtischen Sozialhaushalts.
Fehler und Versäumnisse in der Stadtentwicklungspolitik, besonders in den 60er und 70er Jahren, haben dazu geführt, daß insbesondere Haushalte mit hohem Einkommen aus den Städten ins Umland abgewandert sind. Diese starke Veränderung der Bevölkerungsstruktur spitzt sich weiter zu, so daß sich auch in München deutlich die Konturen von Armutsghettos herausbilden. Die Kernstadt wird zum sozialen Brennpunkt mit explodierendem Sozialetat und zum Sammelbecken für soziale Problemlagen, muß aber zugleich die "soziale Versorgung" des Umlandes mitübernehmen.
Die Schere zwischen Einnahmen und Pflichtausgaben öffnet sich weiter und die Stadt muß ihren Haushalt auf striktem Sparkurs halten. Sparen allein aber reicht nicht mehr aus. Deshalb fordern wir die Neuordnung des kommunalen Finanzsystems und die Einführung einer innovativen städtischen Finanzpolitik, die zugleich durch eine starke Verknüpfung von regionaler Finanz- und Wirtschaftspolitik geprägt ist.

WEGE AUS DER FINANZKRISE

Schuldenreduzierung als oberstes Ziel GRÜNER Finanzpolitik
Allein die Zinsbelastung der städtischen Verschuldung beträgt derzeit rund 300 Millionen DM jährlich. Viel Geld, das beim sozialen und ökologischen Stadtumbau fehlt. Die Reduzierung der Verschuldung auf ein erträgliches Maß ist ein vorrangiges Ziel der GRÜNEN, um politische Handlungsspielräume zurückzugewinnen.
Häufig belasten die Folgekosten von städtischen Investitionen aus vergangenen Jahren die kommenden Haushalte. Daher ist es zukünftig unerläßlich, für jede neue Investition den daraus entstehenden Folgekostenaufwand in die Belastungsrechnung der Folgejahre miteinzubeziehen. Sparen heißt deshalb auch zu entscheiden, welche Ziele beibehalten werden müssen und auf welche verzichtet werden kann. Investitionen mit riesigen Dauerbelastungen über viele Jahre hinweg sind der falsche Weg.
Gerade aus diesem Grund haben sich Bündnis 90/DIE GRÜNEN immer konsequent gegen die Messeverlagerung nach Riem ausgesprochen. Hierbei handelt es sich gerade nicht um ein gelungenes Beispiel von Wirtschaftsförderung, sondern um die Dauersubventionierung eines Großprojektes mit fadenscheinigem wirtschaftlichem Wert und hohem finanziellem Risiko. Dieses Risiko halten wir GRÜNE wegen der ohnehin desolaten städtischen Haushaltslage für unvertretbar. Wir setzen uns für ein modernes, dezentrales Messekonzept ein,  das der Stadt kein finanzielles Desaster beschert. Wir fordern ferner, auf den Bau defizitärer, weil nicht ausgelasteter U-Bahn-Außenstrecken und neuer Tunnels am Mittleren Ring zu verzichten.

Forderungen nach einer umfassenden Neuordnung der Gemeindefinanzstruktur

Seit der letzten Gemeindefinanzreform 1969 hat sich die Finanzkraft zwischen den Kernstädten und dem Umland dramatisch verschoben. Aussichten auf strukturelle Verbesserungen der Einnahmenseite gibt es nicht. Selbst optimistische Konjunkturprognosen versprechen kaum einen Steueranstieg, vor allem aber keinen Abbau der Arbeitslosigkeit mit der Reduzierung sozialer Folgekosten. Deshalb haben die Großstädte ein dringendes Interesse an einer wegweisenden Gemeindefinanzreform. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf! Bündnis 90/DIE GRÜNEN unterstützen das Anliegen der Gemeinden und sprechen sich gegen die schleichende Sanierung der Staatsfinanzen auf Kosten der Kommunen aus. Maßnahmen wie die Begrenzung der Arbeitslosenhilfe und die Kürzung von Sozialleistungen gehen voll zu Lasten der Kommunen und können sich zu sozialem Sprengstoff entwickeln.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN werden sich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene mit aller Kraft der Kommunalisierung von Armut und Arbeitslosigkeit  entgegenstellen und die Bestrebungen des Deutschen sowie des Bayerischen Städtetages nach einer Neuregelung der Kommunalfinanzen unterstützen.

Kernforderungen einer Reform des Gemeindefinanzsystems sind:

Revitalisierung der Gewerbesteuer
Die aktuelle Gewerbesteuerentwicklung beweist erneut, daß eine Reform des Gemeindesteuersystems notwendiger denn je ist. Wenn unverzichtbare finanzielle Handlungsspielräume wiedergewonnen werden sollen, brauchen wir eine stetigere Entwicklung der Steuereinnahmen. Die bisher bekannt gewordenen Pläne der Bundesregierung zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und der weiteren Senkung der Gewerbeertragssteuer sind für die Grünen unannehmbar. Deshalb unterstützen wir die Forderung des Deutschen Städtetages nach einer Revitalisierung der Gewerbesteuerpflicht auf alle Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuerrechts.
Neuverteilung des Gemeindeanteils an der Einkommenssteuer
Bei der zweiten wichtigen Gemeindesteuer, dem Anteil an der Einkommensteuer, muß bei der Verteilung die tatsächliche Einkommensleistung der EinwohnerInnen der Kommune berücksichtigt werden. Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern deshalb, daß zumindest die sogenannten Sockelbeträge in dem Maße angehoben werden, wie sie den Einkommensleistungen der GemeindebürgerInnen entsprechen.
Entlastung durch getrennten Finanzausgleich
Eine deutliche Verbesserung staatlicher Finanzausgleichleistungen durch den Freistaat ist dringend notwendig. Durch massive Leistungskürzungen und gravierende Eingriffe in die kommunalen Haushalte betreibt die CSU-geführte Landesregierung eine städtefeindliche Politik und sorgt damit für den weiteren stetigen Abbau der Selbstständigkeit der Kommunen. Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern daher die Bayerische Landesregierung auf, zu einem gerechten Finanzausgleich zurückzufinden, der sowohl dem grundgesetzlich garantierten Recht auf kommunale Selbstverwaltung als auch den Zielen der kommunalen Finanzausgleichsgesetze gerecht wird.
Die Ökologisierung der städtischen Finanzpolitik als wichtige kommunale Zukunftsaufgabe
Auch die städtische Finanzpolitik muß sich dem Ziel einer ökologischen Stadt verpflichten. Dabei kann die Stadt bereits bei ihrer Einnahmenpolitik Akzente setzen: Grundsätzlich soll Verhalten, das Natur verbraucht, teuer, und naturschonendes Verhalten billig sein. Dabei sollen die tatsächlichen Kosten und Folgekosten nach dem Verursacherprizip berechnet werden.
Der lineare Stromtarif und die Abwassergebühren, die wir durchgesetzt haben sind gute Ansätze in dieser Richtung. Gleiches gilt für die Müllbeseitigung. Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern darüberhinaus seit Jahren, auch den Autoverkehr mit den tatsächlich durch ihn verursachten sozialen und ökologischen Kosten zu belasten. 
Bei ihren eigenen Investitionen muß die Stadt neben den kurzfristig zu berechnenden finanziellen Lasten eine umfassendere Gesamtrechnung aufmachen: Bei jeder Investition ist auf ökologische und soziale Wirkungen zu achten, die die Stadt (und ihre Bürgerinnen und Bürger) an anderer Stelle belasten können. Ein Beispiel ist die kurzfristig vielleicht billigere Verwendung chemischer Baustoffe, die dann zu extrem teuren Sanierungen (PCB !) führt.
Darüberhinaus kann die Stadt mit ihren Investitionen Beispiele und Impulse geben, die von Privatleuten und Wirtschaft übernommen werden könnnen. Die Planung und Errichtung des Stadtviertels Neu-Riem in ökologisch vorbildhafter Weise, wie wir sie fordern, sei an dieser Stelle genannt.
Bei den Ausgaben schließlich werden Bündnis 90/DIE GRÜNEN dafür sorgen, daß die sozialen Strukturen der Stadt erhalten und der begonnene ökologische Umbau fortgeführt werden kann. Unser Programm ist voll von Ideen, Anregungen, Wünschen und Forderungen dazu. Die meisten davon kosten wenig oder sind durch Umschichtungen und Einsparungen an weniger wichtigen Stellen zu finanzieren. Bei ihrer Umsetzung werden wir dennoch die städtischen Finanzen stets im Blick behalten und Schwerpunkte bilden.

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