Der Samstag war ganz inhaltlichen Aspekten gewidmet. "Brauchen wir
eine neue Weltordnung?", waren Rolf Bertram und Ulrich Brandt
gefragt. Prof. Bertram, inzwischen über 70 Jahre alt, beteiligt
sich zur Zeit am Aufbau einer Attac-Regionalgruppe in Göttingen.
Der emeritierte Professor ist begeistert, dass Attac sich nicht nur
gegen Probleme wendet, sondern auch eine Analyse der Ursachen betreibt.
Er schilderte die Globalisierungsthematik am Beispiel der Energiemärkte.
Dabei verdeutlichte er z.B. die Widersprüche der neoliberalen Praxis,
etwa die andauernde Subventionierung der Atomkraft zu akzeptieren, und
ansonsten "freie Märkte" zu fordern. Vor dem Entstehen
der großen Energiekonzerne gab es in Deutschland dezentrale Versorgungsstrukturen.
Vor 100 Jahren existierten 100.000 Wind- und Wasserkraftwerke. "Deutschland im Krieg" war Thema des Abends. Zunächst referierte Henning Priest, ein ehemaliger ranghoher Soldat der Bundeswehr, der im "Darmstädter Signal" organisiert ist, einem Zusammenschluss friedensbewegter bzw. kritischer Soldaten. Priest schilderte die Geschichte der Remilitarisierung der deutschen Außenpolitik und stellte dabei auch die wichtige Rolle der Rechtssprechung bzw. des Bundesverfassungsgerichtes heraus. Der pensionierte Soldat kritisierte die Erpressung der Bundestagsabgeordneten durch den Bundeskanzler bei der Entscheidung zur deutschen Teilhabe am "Krieg gegen den Terror" und stellte klar, dass Militär nicht geeignet sei, Terrorismus zu bekämpfen. Die zum Jahreswechsel 2001/02 erfolgte Entsendung von deutschen ABC-Schutzeinheiten in die Nachbarschaft des Irak könne den Hintergrund haben, der deutschen Bevölkerung zu vermitteln, dass das Land über Massenvernichtungswaffen verfüge. Da hierfür aktuell keine Beweise vorliegen, könnte es sich um eine Strategie handeln, Akzeptanz für einen Krieg gegen den Irak aufzubauen. Im Zusammenhang mit der allgemein verdrängten Notwendigkeit, den Kosovo-Jugoslawien-Krieg und die deutsche Beteiligung aufzubereiten, stellte Priest dar, wie wenig kritische JournalistInnen es gibt, und wie ihnen die Arbeit erschwert werde (Fall der NDR-Monitor-Redakteure, deren Beitrag "Es begann mit einer Lüge" sich übrigens als sachlich und juristisch unanfechtbar erwiesen hat). Weitere Gründe für die Seltenheit kritischen Journalismus und ein allgemeines Desinteresse an friedenspolitischen Diskussionen lägen aber auch am mangelnden Druck der Bevökerung und am Fehlen einer echten politischen Opposition. Die Einführung des Privatfernsehens habe auch zu einem Niveauverlust
beim Journalismus geführt, meinte Ralf Elsässer, selber Journalist.
Der "Konkret"-Autor widmete sich wider Erwarten weniger der
unmittelbaren Thematik seines Buches "Deutsche Kriegsverbrechen
.... in Bosnien..:", sondern dem Thema Grüne und Alt-Achtundsechziger.
Er las aus seinem neusten Buch "Make Love and War", das auf
bissige Weise ausführt, wie beide Gruppen die Welt verändern.
Ferner kritisierte Elsässer, dass allgemein akzeptiert sei, dass
mit dürftigen Beweisen, mit den nicht einmal ein Taschendieb verurteilt
werden könne, von demokratischen Staaten ein Krieg begonnen bzw.
bedingungslos solidarisch mitgetragen würde. Dem Satiriker leuchete
auch nicht ein, warum ausgerechnet Afganistan bombadiert worden sei,
wo doch keiner der ermittelten Terroristen aus diesem Land stamme, sondern
viele aus Saudi-Arabien. Warum werde nicht Hamburg-Harburg bombadiert,
wo doch einige der Verbrecher ausgebildet worden sind? |