Berliner Zeitung vom 5.10.99

Grüne wollen Doppelspitze erhalten
Kommission legt Vorschläge zur Parteireform vor

Von Ralf Beste

BERLIN, 4. Oktober. Zur Verbesserung der innerparteilichen Arbeit soll Bündnis 90/Die Grünen den erst vor einem Jahr gegründeten Parteirat abschaffen und durch ein deutlich kleineres "Präsidium" ersetzen. Das ist einer der Vorschläge zur Parteireform, die die so genannte Strukturkommission der Grünen am Montag dem Bundesvorstand in Berlin vorgelegt hat.

Das 16-köpfige Präsidium, das ähnlich wie in anderen Parteien die aktuelle Politik koordinieren soll, würde nach dem Vorschlag der Kommission aus den Mitgliedern des Bundesvorstandes, den Bundesministern, den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion und acht zusätzlich gewählten Mitgliedern bestehen. Die Wahl soll der Länderrat, das höchste Gremium zwischen den Parteitagen, treffen. Der bisher fünfköpfige Vorstand der Partei würde auf sechs ausgeweitet: neben den beiden Sprechern zwei Stellvertreter sowie Geschäftsführer und Schatzmeister. Das von Außenminister Joschka Fischer vorgeschlagene Amt eines "Generalsekretärs" wird in dem Vorschlag der Strukturkommission abgelehnt.

Länderrat diskutiert Konzept

Nach dem neuen Führungsmodell sollen wesentliche Elemente der Parteitradition erhalten bleiben. Weiterhin würden die Grünen von zwei gleichberechtigten Sprechern geleitet. Mindestens die Hälfte aller Führungsämter müssen an Frauen vergeben werden. Wie weit das Verbot für Mandatsträger, Ämter im Bundesvorstand anzunehmen, gelockert werden sollte, wurde in der Strukturkommission nicht abschließend geklärt. Die Kommission legte dazu drei Modelle vor: In der ersten Variante darf die Hälfte der sechs Vorstandsmitglieder ein Mandat innehaben. Nach dem zweiten Vorschlag darf die Hälfte, aber auch nur einer der Sprecher, ein Mandat haben. Dem dritten Modell zufolge dürfen alle sechs Vorstandsmitglieder Parlamentarier sein.

Der Bundesvorstand bezeichnete den Vorschlag der Strukturkommission als "gute Diskussionsvorlage", ohne Stellung zu nehmen. Der nächste Länderrat in zwei Wochen solle das Konzept zunächst diskutieren, bevor der Bundesvorstand reagiere. Eine Umsetzung der Reformvorschläge kann frühestens beim nächsten Parteitag der Grünen beginnen, der im März 2000 stattfinden soll.

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