Leserbrief in der Aachener Tagespresse

Die Rot-Grün-Wähler sind auch bei der Kommunalwahl wieder zu Hause geblieben — aus Enttäuschung. Was könnte sie auch mehr enttäuschen, als nach dem "Kohl muss weg!" vom letzten Herbst, nun die Fortsetzung der sozialen Demontage erleben zu müssen. Von der verfassungswidrigen Kriegsbeteiligung ganz zu schweigen. Sie haben ihr Vertrauen ganz offensichtlich in die falschen Hände gelegt, denn Regierungspolitiker und Parteifunktionäre fühlen sich nicht dem Programm oder der Parteibasis verpflichtet, sondern ihrer persönlichen Karriere. Pragmatiker, die dem großen Geld dienen, können mit Unterstützung der
Medien und vielen Annehmlichkeiten rechnen. Wer auf der "richtigen" Seite steht, kann fast jede unsoziale Grausamkeit als "unausweichlich" verkaufen. Idealisten dagegen droht die Gefahr, allein zu stehen und von den Medien niedergemacht zu werden. Dagegen erscheint die gerade erlebte Verweigerung der Wähler als eine vergleichsweise milde Strafe. So herrscht im Staat trotz Demokratie und Gewaltenteilung in Wirklichkeit ganz unkontrolliert das Geld.

Geld regiert die Welt — das wissen wir alle, nicht nur die wenigen wirklichen Nutznießer, aber wir sind zu harmlos (oder korrupt?), um den Mantel des Schweigens wegzureißen. Unsere Demokratie funktioniert noch nicht richtig, muß also weiter entwickelt werden. Eine neue, einklagbare Verantwortlichkeit muß her, die heimliche Übermacht des Geldes muß weg.
Ohne unsere massive Einmischung als Bürger wird es keine wählbaren politischen Alternativen mehr geben. Zu Hause zu bleiben nützt nur den Drahtziehern im Hintergrund.

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Klaus-Peter Schleisiek