IPPNW - Presseinformation
Berlin/Heidelberg, 14.12.1999
Zur atompolitischen Fraktionssitzung der Grünen:
IPPNW-Ärzte verlangen von Grünen Rückkehr zu Anti-Atom-Politik
IPPNW: Atomausstieg durch Abbau von Privilegien der Atomwirtschaft
Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW fordert die rot-grüne Bundesregierung auf, die Ver-handlungen mit der Atomwirtschaft sofort abzubrechen und die versteckte Subventionierung des Atomstroms zu beenden. "Während die Atomwirtschaft damit lockt, ihre bereits heute unwirt-schaft-lichen Atomkraftwerke abzuschalten, verlangt sie von der Regierung Zusagen für eine jahrzehn-telange Aufrechterhaltung der völlig ungerechtfertigten Privilegien für die verbleibenden Atoman-lagen", kritisiert IPPNW-Sprecher Henrik Paulitz. "Wir verlangen eine angemessene Haftpflichtver-sicherung für Atomkraftwerke, eine öffentliche Verwaltung der Atomrückstellungen, Sicherheits-anforderungen an Atomkraftwerke nach dem Stand von Wissenschaft und Technik, ein Verbot der Wiederaufarbeitung von Atommüll und eine harte Überprüfung der Entsorgungsnachweise nach Recht und Gesetz."
Die IPPNW warnt SPD und Bündnis 90/Die Grünen davor, sich von der Atomwirtschaft aufs Glatteis führen zu lassen: "Was ist das für ein Angebot, unwirtschaftliche Atomkraftwerke wie Obrigheim, Stade, Biblis A und Brunsbüttel mit ihrer relativ geringen Stromerzeugung möglicherweise abzuschalten, wenn dann in einem Staatsvertrag festgeschrieben wird, die übrigen Anlagen jahrzehntelang vor dem Wettbewerb zu schützen? Sorgen wir doch lieber für faire Rahmenbedingungen und sehen zu, wie alle 19 deutschen Atomkraftwerke wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit zügig vom Netz genommen werden."
Allein eine angemessene Nuklearhaftung würde den Atomstrom etwa doppelt so teuer machen wie heutiger Photovoltaik-Strom.
Die Überführung der milliardenschweren Atomrückstellungen in einen öffentlichen Fonds würde der Atomwirtschaft das Spielgeld für eine neue Monopolisierung der Energiewirtschaft in Europa entziehen.
Sicherheitsanforderungen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik würden unzählige kostspielige Nachrüstungen erforderlich machen, die - wie vor wenigen Jahren in Würgassen - schnell zur Stillegung führen können.
Eine Überprüfung der Entsorgungsnachweise würde klarstellen, daß der Betrieb der 19 Atomkraftwerke mit dem geltenden Atomgesetz nicht vereinbar ist, da die Wiederaufarbeitung keine "schadlose Verwertung" darstellt und ein atomares Endlager weder vorhanden noch in Sicht ist.
Paulitz: "Gerhard Schröder und Jürgen Trittin wissen, daß wir mit diesem Maßnahmen-paket schnell aus der Risikotechnologie rauskämen. Doch sie haben längst ihren Frieden mit der Atomwirtschaft gemacht und wollen den geschützten Nuklearmarkt jahrzehntelang sichern. Gerhard Schröder hat zudem die Absicht, den Bau neuer Atomkraftwerke durch Siemens und Framatome in Osteuropa mit Staatskrediten und Hermes-Bürgschaften zu unterstützen. Die Bilanz der rot-grünen Bundesre-gierung im Jahr 2002 könnte daher in der Abschaltung von zwei deutschen und in der Finanzierung von bis zu sieben neuen Atomkraftwerken bestehen. Wir hoffen, daß die Grünen rechtzeitig zur Vernunft kommen."
Rückfragen an: Henrik Paulitz
Mail: Inst-Reg-Oek_Paulitz@t-online.de
Internet: www.siemens-boykott.de