Bündnis 90/Die Grünen
Berlin, 13.12.1999
Bundesvorstand
Beschluß des Bundesvorstandes
Den Atomausstieg jetzt umsetzen
Eingedenk der bestehenden Risiken beim Betrieb von Atomanlagen und der ungelösten Probleme im Umgang mit dem Atommüll ist die schnellstmögliche Realisierung des Atomausstiegs vordringliches Ziel von Bündnis 90/Die Grünen. Je früher der Ausstieg erfolgt, desto schneller kommt der überfällige Strukturwandel der Energiewirtschaft in Gang. Eine zukunftsfähige, auf Effizienz und Erneuerbarkeit beruhende Energiestruktur hat den Ausstieg zur Voraussetzung. Der Atomausstieg ist nur dadurch unumkehrbar zu machen, daß er durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen als zentraler Bestandteil einer grundlegenden Energiewende ökonomisch verankert wird.
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich daher für die gesetzliche Befristung der Gesamtlaufzeiten von Atomkraftwerken, für einen klar sicherheitsorientierten Vollzug des Atomgesetzes und für ein verantwortliches Entsorgungskonzept, für die schrittweise Beseitigung der ungerechtfertigten Privilegien der Atomwirtschaft wie für die Förderung einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft ein.
Bündnis 90/Die Grünen sind nachdrücklich an einem Ausstieg im Konsens mit der Atomindustrie interessiert. Wir lassen jedoch keinen Zweifel an der Bereitschaft, nötigenfalls den Ausstieg auch im Dissens zu regeln. Eine weitere Verzögerung sind wir nicht bereit hinzunehmen. Uns ist bewußt, daß für die politische Tragfähigkeit unserer Ausstiegs-Strategie sowohl die vereinbarte Entschädigungsfreiheit als auch die Verfassungsfestigkeit mitentscheidend sind.
Wir begrüßen, dass es dem Umweltministerium gelungen ist, die prinzipiellen rechtlichen und politischen Zweifel an einer gesetzlichen Lösung im Dissens mit der Atomindustrie auszuräumen. Diese Klärung schafft die notwendige Grundlage für eine starke Verhandlungsposition der Bundesregierung in den Konsensgesprächen mit der Atomindustrie. Für jede Lösung, ob im Konsens oder im Dissens, ist eine starke, geschlossene Position der Bundesregierung, wie wir sie jetzt vereinbaren wollen, die Voraussetzung.
Der Atomausstieg erfordert ein umfassendes Maßnahmenbündel. Dieses Paket ist für unsere politische Bewertung und Entscheidung insgesamt ausschlaggebend. Bündnis 90/Die Grünen werden sich bei der Formulierung einer Regierungsposition und in den Verhandlungen mit der Industrie an den folgenden Eckpunkten orientieren:
Wir bieten den Betreibern im Gegenzug zu einer Befristung die Möglichkeit einer flexiblen Ausgestaltung der Laufzeiten einzelner Anlagen im Rahmen einer gesetzlich definierten, fixen Regellaufzeit an. Die Summe der Restlaufzeiten darf sich dabei nicht erhöhen. Regelungen über Strommengen und Vollastjahre lehnen wir ab.
Die gesetzlich festzulegende Gesamtlaufzeit für Atomkraftwerke wird nicht mehr als 30 Jahre betragen, wobei wir die Beendigung der atomaren Stromerzeugung eher in 15 als in 18 Jahren anstreben. In Verbindung mit der Beseitigung der ökonomischen Privilegien der Atomkraft wird es möglich sein, dass die letzten Atomkraftwerke die gesetzliche Gesamtlaufzeit nicht ausschöpfen.
Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung zwischen Bundesregierung und Atomwirtschaft - ob Konsens oder Dissens - im Januar 2000 fällt. Wir streben an, den Gesetzentwurf noch im Februar 2000 in den Deutschen Bundestag einzubringen. Wir werden das Ergebnis auf jeden Fall der Bundesdelegiertenkonferenz im März 2000 zur Entscheidung vorlegen.