Beschlussvorlage für die Fraktionssitzung am Freitag, 3.12.99

Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Sicherheitsbedenken bleibt der schnellst-mögliche Ausstieg aus der Atomenergie vordringliches Ziel von Bündnis 90/Die Grünen.

Die Fraktion begrüßt, dass in den Verhandlungen zum Ausstieg aus der Atomenergie das Zwischenergebnis erreicht werden konnte, dass die Bundesregierung die weiteren Konsensgespräche mit den Energieversorgungsunternehmen auf der Grundlage gemeinsamer Eckpunkte für ein Ausstiegsgesetz fortsetzen will.

Unter Würdigung der vorliegenden Rechtsgutachten und der bisherigen Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern und mit den Energieversorgungsunternehmen, bittet die Fraktion die Bundesminister Jürgen Trittin und Joschka Fischer, die Verhandlungen über ein Ausstiegsgesetz auf der Grundlage folgender Eckpunkte weiterzuführen:

1. Die Genehmigungen zum Betrieb der Atomkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland werden jeweils auf eine Gesamtlaufzeit ab Inbetriebnahme befristet, die über 25 und deutlich unter 30 Kalenderjahren liegt.

2. Für Kraftwerke, die diese Frist bereits überschritten haben oder sie bis 2002 über-schreiten, wird eine Übergangsfrist/Abwicklungsfrist festgelegt. Wir sind überzeugt, dass diese rechtssicher so festgelegt werden kann, sodass noch in dieser Legislaturperiode erste Kernkraftwerke stillgelegt werden können, um so den sichtbaren Einstieg in den Ausstieg zu erreichen.

3. Weitere Bestandteile des Atomausstiegsgesetzes sollen u.a. sein:

- Ersetzung des Förderzwecks durch den Gesetzeszweck, die Nutzung der Kern-energie geordnet und sicher zu beenden,
- der Ausschluss neuer Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen für neue Atom-anlagen zur Erzeugung von Elektrizität,
- das schnellstmögliche Verbot der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe und das Gebot ihrer direkten Endlagerung,
- die Reduzierung von Atomtransporten auf das zwingend notwendige Maß unter Wahrung der geltenden Sicherheitsbestimmungen
- das Gebot der standortnahen Zwischenlagerung,
- die Anhebung der Deckungsvorsorge auf mindestens 5 Mrd. DM je AKW,
- die Einführung der Primärenergiebesteuerung von Kernbrennstoffen, um den steuerlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber fossilen und regenerativen Energiequellen zu beenden,
- die Festschreibung von Sicherheitsstandards auf dem jeweils aktuellen Stand der Technik, Einführung von obligatorischen Sicherheitsüberprüfungen (Dies führt ggfls. dazu, dass das Gesetz zustimmungspflichtig wird, müsste
also ggfls. später abgetrennt werden.)
- die abschließende Regelung steuerfreier Rückstellungen zur Finanzierung der Entsorgungskosten
- Rücknahme der AtG-Novelle von 1998


4. Auf der Grundlage der in der Koalition vereinbarten Eckpunkte für ein Atomausstiegsgesetz streben Bündnis 90/Die Grünen auch weiterhin eine Konsenslösung mit den Energieversorgungsunternehmen an.

Dabei können weder die in der Koalition vereinbarte Gesamtlaufzeit der Kraftwerke noch die vorgesehene Abwicklungsfrist verlängert werden. Eine Verlängerung der Laufzeit einzelner Kernkraftwerke kann entsprechend der bereits vom BMU vorgeschlagenen Flexibilität im Rahmen der Gesamtlaufzeit aller Kraftwerke akzeptiert werden.

Im Rahmen der Konsensgespräche soll eine möglichst weit gehende Klärung des weiteren Verfahrens zu weiteren offenen Fragen im Umgang mit der Entsorgungsproblematik (Schacht Konrad, Gorleben, Errichtung eines geeigneten Endlager u.a.) erreicht werden. Dazu gehört auch die Rücknahme deutschen Atommülls aus dem Ausland unter Wahrung der bestehenden Sicherheitsstandards.


Kerstin Müller · Volker Beck · Angelika Beer · Ekin Deligöz · Thea Dückert · Franziska Eichstädt-Bohlig · Hans-Josef Fell · Winfried Hermann · Uli Höfken · Angelika Köster-Loßak · Steffi Lemke · Helmut Lippelt · Winni Nachtwei · Claudia Roth · Irmingard Schewe-Gerigk · Christian Simmert · Christian Sterzing · Christian Ströbele · Sylvia Voss · Helmut Wilhelm

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