20.11.1999 Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz zum Atomausstieg

Erstellt am 20.11.99 von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, Landesverband Niedersachsen

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 20.11.1999 in Göttingen.

Energiewende braucht konsequenten Atomausstieg

Die Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen hält den Ausstieg aus der Atomenergie und den Einstieg in eine risikoarme und ressourcenschonende Energiewirtschaft für die zentrale umweltpolitische Aufgabe der Grünen.

Die Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90 / Die Grünen erwartet ein gemeinsames Vorgehen der Bundesregierung, das erkennbar dem Ziel eines Atomausstieges dient, der seinen Namen verdient.

Wir wollen den Ausstieg aus der Atomenergie, um die Gefahr katastrophaler Atomunfälle zu beenden. Der Atomunfall von Tokaimura hat erneut die unkalkulierbaren Risiken für Leben und Gesundheit der Bevölkerung demonstriert.

Wir wollen ein verantwortbares, sicherheitsorientiertes neues Entsorgungskonzept.

Wir wollen, dass Klimaschutz ernst genommen wird. In einer Energiewirtschaft, die auf Energieeffizienz und regenerative Energien aufgebaut wird, würden Hunderttausende von neuen Arbeitsplätzen geschaffen. Angesichts der Massenarbeitslosigkeit in unserem Land dürfen wir auf diese Arbeitsplätze mit Zukunft nicht verzichten.

Grüne Regierungsbeteiligung ohne eine Wende in der Energiepolitik ist nicht denkbar. Die energiepolitische Bilanz nach einem Jahr grüner Regierungsbeteiligung ist durchwachsen. Die Förderung erneuerbarer Energien, wie das 100.000-Dächer-Prgramm, und die Novellierung des Einspeisegesetzes bewerten wir positiv. Der Einlagerungsstop für radioaktiven Müll in Morsleben und die Bestellung kritischer WissenschaftlerInnen in verschiedene Atomkommissionen tragen grüne Handschrift. Das Ziel der Berliner Koalition, den "Ausstieg aus der Atomenergie innerhalb dieser Legislaturperiode umfassend und unumkehrbar zu regeln", ist hohem Druck von Seiten der Energieversorgungsunternehmen ausgesetzt. Sie verhinderten alle Konsensbemühungen und kündigen jetzt an, ein Ausstiegsgesetz durch eine Klage auszuhebeln.

Ob im Konsens oder Dissens mit der Atomindustrie - es muß eine gesetzliche Regelung verabschiedet werden, von der wir die Stillegung von mehr als zwei AKW noch in dieser Legislaturperiode erwarten. Diese gesetzliche Regelung muß auch eine Novellierung des Atomgesetzes mit der Streichung des Förderzwecks, Klarstellungen zum Sicherheitsnachweis, dem Ende der Wiederaufarbeitung und der Erhöhung der Versicherungssumme umfassen. Darüberhinaus sind sämtliche Vergünstigungen für AKW-Betreiber zu streichen, wie z.B. die Steuerbefreiung der Rückstellungen.
Forschungsgelder zum weiteren Ausbau der Atomindustrie sind umzuleiten in die Förderung erneuerbarer Energien.
Ein neues, sicherheitsorientiertes Entsorgungskonzept muß folgende Punkte beinhalten: Das im Schacht Konrad geplante Endlager für nichtwärmeentwickelnden Atommüll ist nicht zu genehmigen, da die Bundesregierung ihr neues Entsorgungskonzept auf ein Endlager für alle Arten von Atommüll beschränken wird. Wir begrüßen, daß der Bundesumweltminister weitere Sicherheitsüberprüfungen veranlaßt hat und fordern von der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung, Sorge dafür zu tragen, daß es zu keiner Genehmigung kommt.

Das bereits zu Ostern 99 versprochene Moratorium für das Erkundungsbergwerk Gorleben ist umgehend umzusetzen. Eine Genehmigung der Pilotkonditionierungsanlage Gorleben lehnen wir ab. Durch das Moratorium für das Endlager wird die Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben genauso unsinnig wie der Weiterbetrieb eines zentralen Zwischenlagers.

Das Ziel der Bundesregierung, dezentral Zwischenlager an den Standorten von Atomkraftwerken zu genehmigen, wird von uns nur unter der Voraussetzung unterstützt, dass die Kapazitäten diese Lager nach feststehenden Restlaufzeiten der einzelnen Anlagen ausgelegt sind.

Atomtransporte bringen erhebliche Gefahren mit sich. Unfälle mit katastrophalen Folgen sind nicht auszuschließen. Der Kontaminationsskandal hat gezeigt, dass die Atomindustrie Sicherheitsbestimmungen und Grenzwerte jahrelang vernachlässigt hat. Für uns sind Atomtransporte nur im Rahmen des Ausstieges akzeptabel. Sie können nur erfolgen, wenn die radioaktive Verschmutzung der Behälter und die damit verbundenen Gefahren für Personal und Bevölkerung ausgeschlossen werden kann. Wenn die Atomindustrie behauptet, dies sei eine unzulässige Verstopfungsstrategie, ist das eine dreiste Lüge über die eigene Verantwortung und die eigenen Versäumnisse.
Der Landesvorstand und die Landtagsfraktion der Grünen haben gemeinsam mit vielen Kreisverbänden die Demonstration der Bäuerlichen Notgemeinschaft und der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg am 13.11.1999 in Berlin unterstützt. Solange wir unzufrieden sind mit dem, was durch eine grüne Regierungsbeteiligung für den Atomausstieg erreicht wird, werden wir unseren Willen zum Ausstieg auch weiter durch Aktionen auf der Straße deutlich machen. Wir lehnen es ab, dass sich die Bundesregierung - egal auf welchem Wege - in irgendeiner Weise an der Finanzierung des Bau´s neuer AKW´s im Ausland beteiligt.
Die Landesversammlung von Bündnis 90/Die Grünen stellt den Antrag an den Bundesvorstand, dafür zu sorgen, daß den Delegierten der nächsten BDK ein Bericht über das bis dahin in der Atompolitik Erreichte und die Pespektiven vorgelegt wird. Die Atompolitik soll einen Schwerpunkt der BDK darstellen. Sollte bis dahin keine gesetzliche Regelung für den Atomausstieg im Sinne dieses Antrags vorliegen, werden die niedersächsischen Grünen auf der März-BDK den Verbleib in der Regierungskoalition zur Diskussion stellen.
Der Landesverband Niedersachsen wird im Rahmen einer Sonder-LDK seine Delegierten und alle Interessierten auf diese atompolitische Debatte vorbereiten. Dazu wird der Landesvorstand Bürgerinitiativen und Sachverständige einladen.