Liebe BasisGrüne,

Der folgende Text stammt vom AntiAtomPlenum Göttingen und geht auf Anregungen anderer AntiAtom-Gruppen zurück. Er mag Euch ein Hinweis drauf sein, daß die AntiAtomBewegung nicht nur an der Stillegung von ein paar Atomanlagen in dieser Legislaturperiode in der brd interessiert ist, sondern tatsächlich ALLE Atomanlagen weltweit meint. Es gibt Bestrebungen, das Thema Uran in den Mittelpunkt künftiger Kampagnen zu stellen. Vielleicht macht der Text die tiefe Unzufriedenheit der AntiAtomBewegung mit der derzeitigen Regierungspolitik ein bißchen deutlicher.

atomfeindlichen Gruß,

Christoph Schnegg
<Christoph.Schnegg@stud.uni-goettingen.de>


DAS URAN BLEIBT IN DER ERDE!

++Wir werden niemals aufgeben!++
Die Anti-Atom-Bewegung wird nach wie vor für eine bessere Welt kämpfen. Kristallisationspunkte wird es immer geben müssen. Wenn wir unsere Aktionen und Öffentlichkeit aber weiterhin ausschließlich auf CASTOR-Transporte und Entsorgungsproblematik beschränken, besteht die Gefahr, daß wir bald zu aktuellen Fragen nichts mehr zu sagen haben. Der nächste Castor kommt - irgendwann. Wir dürfen uns aber nicht abhängig machen vom Zeitplan und Kalkül der Gegenseite. Um nicht der Hinhaltetaktik auf den Leim zu gehen, müssen wir in die Offensive gehen.

++Scheinbar ist heute alles anders++
Heute sitzen wir - noch vor kurzer Zeit zu erbitterten und skrupellosen Staatsfeinden stilisiert - scheinbar durch die Grünen repräsentiert, mit am Verhandlungstisch. Wenn unsere Ideen "zukunftsfähig" im Rahmen des Bestehenden sind, dann dürfen sie gerne eingebracht werden. Die Atomindustrie wird nicht mehr als Beglückerin der Menschheit phantasiert, sondern existiert als ganz gewöhnlicher Wirtschafts- und Machtfaktor. Es scheint nur eine zeitweilige Strategie der Gegenseite gewesen zu sein, die uns die Rolle der Fundamentalopposition aufdrängte. Auf diese neuen, veränderten Verhältnisse müssen wir angemessen reagieren, damit wir auch heute noch eine ganz andere Zukunft fordern können.

++Wir sind nicht allein auf dem Globus, und das ist unsere Chance!++
Uran lenkt die Aufmerksamkeit auf weltwirtschaftliche Zusammenhänge. Deswegen ist es in den letzten Jahren meistens als "3. Welt"-Thema behandelt worden, das bestenfalls Betroffenheit auslösen konnte. Eine Widerstandsperspektive wurde daraus nicht entwickelt. Das ist schade, weil es uns heute deutlich sein sollte, daß der "kleine Frieden" nicht mehr zu haben ist. Der Kapitalismus gebärdet sich aggressiver denn je. Nach dem Ende des Kalten Krieges muß er sich nicht mehr als das bessere System profilieren, das heißt soziale Absicherung gehört der Vergangenheit an. Um etwas zu verändern, muß mensch eine klare Gegenposition formulieren.

++Widerstand im freien Markt++
Die Gesetze des sog. "freien Marktes" bestimmen immer mehr unser gesamtes Leben. Es können nicht alle frei wählen, was sie für richtig halten, meistens geben die ökonomischen Verhältnisse den Rahmen des Wählbaren vor. So ergeben sich folgende Fragen: Wer wird sich Ökostrom leisten können? Welche Länder steigen aus der Atomindustrie aus? Kommt der Strom immer noch aus AKW's, wenn unsere ausgeschaltet sind? Wollen wir in Zukunft Gegenspieler der Anti-Atom-Bewegungen in anderen Ländern sein, die alleine nicht stark genug sind, damit bei ihnen über Ausstieg diskutiert wird? Die eigene Regierung kann also nicht mehr der einzige Adressat unseres Widerstandes sein.

++Haben wir nichts mehr zu sagen?++
Die Anti-Atom-Bewegung hat trotz einer vermutlich großen Anzahl von KriegsgegnerInnen zum Jugoslawienkrieg zu wenig gesagt. Warum? Es hat wohl der Ansatzpunkt gefehlt. Wir haben uns wieder mal unsere Rolle und die Fragen, die mensch sich zu stellen hat, diktieren lassen. Die Uranabreicherungsanlage in Gronau hätte einen ganz anderen Ansatzpunkt auch zu diesem Thema liefern können. Das abgereicherte Uran in der panzerbrechenden Munition kann ohne weiteres aus Gronau kommen, denn es gibt nur ca. ein Dutzend UAAs auf der Welt.

++Vielfalt des Widerstandes++
Eine Diskussion aller anti-atomaren Fraktionen miteinander ist jetzt dringend notwendig. Die vielzitierte Vielfalt darf dabei nicht nur nach außen demonstriert werden. Wenn wir nur auf den nächsten Castor warten, bleibt die Vielfalt des Widerstandes naturgemäß ein Lippenbekenntnis. Ohne gemeinsame Aktionen kann sie nicht mit Inhalt gefüllt werden. Ohne Berührungspunkte können wir uns auch nicht streiten. Und das könnte schnell das Ende sein. Dabei muß die Anti-Atom-Bewegung gerade heute ein gewaltiges Wörtchen mitreden und Türen aufstoßen.

++Internationaler Widerstand gegen Atomanlagen weltweit!++
Internationaler Widerstand ist notwendig! Aber wie kann er aussehen? Vernetzung im Cyberspace kommt nur dann über reine Information und Absichtserklärungen hinaus, wenn es auch etwas Konkretes zu vernetzen gibt. Und Internationalismus durch eine Aktion an der deutsch-französischen Grenze zu artikulieren, kann allzu leicht als Anti-Atom-Patriotismus mißverstanden werden, wie die Idee, einen rückkehrenden Castor an der Grenze zu stoppen. Wir müssen uns schon klarere Gedanken machen, um zu zeigen, daß wir es mit dem Internationalismus ernst meinen. Wir haben da so eine Idee.

++Das Uran muß in der Erde bleiben!++
Wir sollten uns die Urantransporte vorknöpfen, statt nach Gründen zu suchen, warum der bisherige Weg für alle Zeiten der einzig wahre sein muß. Auch CASTORen waren bis vor kurzem schlicht technisches Gerät der Atomindustrie. Wie sie können auch Urantransporte eine Herausforderung zur Gegenwehr werden. Zumal die Verarbeitungskapazität in Gronau auf das Vierfache gesteigert werden soll! Die Urananreicherung ist ein Zukunftsprojekt der deutschen Atommafia, die damit schon jetzt - trotz eines möglichen Ausstiegs - ihre Position im Ausland ausbaut. Wir halten es nicht für beliebig, am Anfang der nuklearen Spirale anzusetzen, sondern sehen darin eine dem modernisierten Vorgehen der Atommafia angemessene Strategie, um aus der Defensive herauszukommen.

++Unsere Vision++
Eine Blockadeaktion gegen einen einzelnen Transport könnte verdeutlichen, daß die Forderung der Stillegung ALLER Atomanlagen sich für uns nicht im AKW vor der Haustür erschöpft, daß die Anti-Atom-Bewegung sich nicht national befrieden läßt: beginnend in einem Land, in dem Uran abgebaut wird, gefolgt von Häfen, die es auf seinem Weg passiert bis zu dem Punkt, wenn es in Reichweite der hiesigen Anti-Atom-Bewegung kommt, etwa als Natururan auf seinem Weg zur Anreicherung nach Gronau. Zugegeben, dies ist die Idealvorstellung und noch lange nicht in Sicht - aber auch ohne die Aktionen in den anderen Ländern kann Uran als Symbol langfristig weitaus kraftvoller sein als der aus der Vermarktung entstehende Müll - wenn wir es dazu machen.

Keine Diskussion über Restlaufzeiten oder Müllagerung, solange weiterhin Uran gefördert und in Anreicherungsanlagen für Waffen und AKW's aufbereitet wird!

Urantransporte stoppen, sobald sie in Reichweite kommen!

LEAVE URANIUM IN THE GROUND!!!