PRESSEMITTEILUNG

NR. 0365/99

 


Datum: 14.09.1999

Keine Placebos

Zur Debatte in der SPD um die Novellierung des Energiewirtschaftsrechtes erklärt Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin:

Die Gewerkschaft ÖTV plant für den 27. September in Berlin eine Demonstration gegen die Liberalisierung des Energiesektors. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller legte ein aktuelles Angebot vor, wonach die Kommunen entscheiden sollen, ob in ihrem Gebiet auch für Tarifkunden die freie Wahl des Stromlieferanten möglich ist. Wir halten dies für einen faulen Kompromiss. Keine Kommune wird sich gegen den Wettbewerb entscheiden können. Der Unmut der Bürgerinnen und Bürger wäre viel zu groß. Eine derartige Novellierung des Energiewirtschaftsrechts wäre eine Beruhigungspille ohne Wirkung. Die SPD sollte nicht darauf hereinfallen. Und Werner Müller sollte zu einer ernsthaften Debatte zurückkehren.

Es gibt keinen Grund, die BürgerInnen zu bevormunden und ihnen die freie Wahl ihres Stromanlieferanten vorzuenthalten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sollen und wollen in Zukunft über das Angebot mitentscheiden. Schutzzäune um Stadtwerke kann es deshalb nicht mehr geben. Wer Stadtwerken helfen will, darf die begonnene Liberalisierung nicht rückgängig machen. Wir lehnen deshalb den Vorschlag von Wirtschaftsminister Müller ab. Eine echte Hilfe für die Stadtwerke wäre es statt dessen, wenn man die Kraft-Wärme-Kopplung marktfähig machen würde. Neben den Kundeninteressen ist entscheidend, ob die Marktregeln so gestaltet sind, daß sich umweltverträgliche Energieerzeugung rechnet. Für die Politik gibt es deshalb dringenden Handlungsbedarf. Umweltfreundlich erzeugter Strom aus hocheffizienten Gas- und Kohlekraftwerken und erneuerbaren Energien kann noch nicht mit dem strategischen Dumpingangeboten der Stromkonzerne mithalten. Wir werden darum kämpfen, dass umweltverträgliche Energieerzeugung nicht gefährdet wird. Doch dafür müssen nicht Unternehmen geschützt werden. Stadtwerke sind in vielen Fällen aber bei weitem nicht immer Pioniere des Umweltschutzes. Wir fordern statt dessen marktkonforme Rahmenbedingungen, dass umweltfreundliche Technologien sich auf dem Markt behaupten können. Wir wollen den Wettbewerb mit dem Umweltschutz versöhnen.

Dazu gehört:

· Eine Novellierung des Stromeinspeisungsgesetzes noch in diesem Jahr. Erneuerbare Energien dürfen nicht in den ruinösen Preiswettbewerb getrieben werden.

· Regenerative Energien müssen von der Stromsteuer befreit werden. Innerhalb der Ökosteuerreform soll die Benachteiligung der effizienten Kraft-Wärme-Kopplung mit Erdgas gegenüber Atom und Kohle aufgehoben werden. Kraftwerke mit Wirkungsgraden über 55 % sollen von der ungerechten Mineralölsteuer befreit werden.

· Für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen muss eine Quote eingeführt werden. Diese Quote wird wettbewerbskonform gestaltet. Über eine Börse wird das effizienteste Angebot auf dem Markt ermittelt.

· Wer Strom umweltfreundlich produziert soll deutlich geringere Durchleitungsgebühren im Stromnetz zahlen als Großkraftwerke aus Atom oder Kohle. Das ermöglicht attraktive Angebote für grünen Strom.

* * *