Annelie Buntenbach, MdB
An Rezzo Schlauch (MdB) Fraktionsvorsitzender Bündnis 90 / Die Grünen Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 11 0 11 Berlin 21.11.00 Offener Brief zur Diskussion über Öffnungsklausel in Tarifverträgen Lieber Rezzo, deine Initiative, über das Tarifvertragsgesetz den Weg zu untertariflicher
Bezahlung aufzumachen, verlässt den sozialpolitischen Grundkonsens
der Partei. Ich halte deinen Vorstoß für deutlich verfehlt.
Dein Versuch ein "neues" wirtschaftliches Profil der Bündnisgrünen
zu prägen ignoriert die soziale Realität in diesem Land. Die
Sorge vieler Zur sachlichen Substanz des Vorschlags: Das Betriebsverfassungsgesetz
lässt bereits jetzt Ausnahmeregelungen zu. So haben schon heute Betriebsräte
die Möglichkeit, vor Ort konkrete Vereinbarungen zur Rettung von
existenzbedrohten Betrieben auszuhandeln. Zudem gibt es Kurzarbeitergeld
und über Formen vorübergehender Unterstützung für
Betriebe, die nachweislich am Rand des Ruins stehen, lässt sich natürlich
auch reden - aber dazu gehört die Öffnung des Tarifvertragsgesetzes
für Betriebsvereinbarungen unter Tarif definitiv nicht. Die Angst
um den Arbeitsplatz macht Belegschaften und Betriebsräte erpressbar.
Wenn sie dann auf Lohnsenkungen unter Tarif gedrängt werden können,
setzt dies eine Dumpingspirale in Gang, die die Flächentarifverträge
aushebelt und das Lohnniveau in der Breite senkt. Dieser Rückfall
in die tarifpolitische Steinzeit würde für die Schwachen die
Standards ins Bodenlose senken. Für die Arbeitgeberseite wäre
es mit der kalkulierbaren Sicherheit, den die Flächentarifverträge
ja auch bieten, vorbei. Tarifverträge regeln lediglich Mindestbedingungen
- die für unterschiedliche Branchen und Regionen sehr vielfältig
und flexibel sind. Diese Mindestbedingungen sind oftmals auf erschreckend
niedrigem Niveau. Zum Teil gerade in den Oder glaubst Du wirklich, dass eine Verkäuferin im Bäckerhandwerk,
die mit knapp 1750.- DM brutto nach Hause Der angerichtete Flurschaden ist enorm, insbesondere im gewerkschaftlichen
Bereich. Das erbost mich als Gewerkschafterin und Grüne besonders.
Ich erwarte von Dir, diese verfehlt Initiative zurückzuziehen. Partei-
und Fraktionsgremien müssen sich jetzt Gedanken machen, wie unsere
sozialpolitische Glaubwürdigkeit wieder hergestellt Mit besten grünen Grüßen
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