Folgender Brief zur Unterstützung von Strukturreform und Atompolitik
ist
An die z.K.: Landesvorstände, MdB, MdEP, BundesministerInnen, Landtagsfraktionen 05.03.2000
die Form eines Briefes an die Delegierten ist zwar ein neues, aber geeignetes Mittel, um der Basis frühzeitig mitzuteilen, welche Wünsche formale und virtuelle Parteiführung an Dich haben. Auch wenn es etwas undemokratisch erscheint und wir Abstimmungsempfehlungen In vielen Fällen hat die Parteiführung es in den letzten
Monaten und Jahren Die Frage der Zusammensetzung der Verhandlungskommission oder der Besetzung Bei der Frage der Änderung der Parteistrukturen ist die Beschlußfassung
einer Bundesdelegiertenkonferenz, und damit eine Beteiligung der nichtregierungserfahrenen
Basis, leider unumgänglich. Ich hoffe aber, daß Du durch
die Zustimmung zur Strukturreform signalisierst, daß die Führung
in Zukunft noch mehr Entscheidungen ohne Deine Kenntnis und ohne Deine
formale Zustimmung treffen darf. Schon heute werden nämlich die
Führungsentscheidungen zu einem großen Teil in informellen
Kreisen Zerstreiten wir uns in Karlsruhe, verliert am Ende die ganze Partei.
Ich möchte an Deine Kompromißbereitschaft appellieren, um das Selbstbewußtsein der Führung nicht zu zerstören. An der Stimmkarte in Deiner Hand liegt es, ob wir bei der Landtagswahl in NRW eine realistische Chance haben. Obwohl ich hoffe, daß Du schon allein wegen der grundsätzlichen Führungstreue zu den unten genannten Entscheidungen kommen wirst, möchte ich noch einige inhaltliche Argumente zu den beiden wichtigsten Themen des Parteitages nennen. Zunächst zum Atomausstieg. Unser Verhältnis zur Atomenergie hat sich nicht geändert.
Wir lehnen sie als unbeherrschbar ab und würden ihren Betrieb lieber
heute als morgen beenden. Tun wir aber nicht. Auch wir müssen Rücksicht
auf die Aktionärinnen und Aktionäre der Energiekonzerne nehmen.
Dabei geht es um die Frage zukünftiger Wahlerfolge, schließlich
gibt es in der Bundesrepublik Deutschland mittlerweile mehr AktionärInnen
als Zurückblickend zu streiten, wäre das Falscheste, was wir
auf der BDK tun könnten. Sicher, auch von der Führungsebene
wurden schwere strategische Fehler begangen, das will niemand verheimlichen.
Letztendlich wurde der Bundesumweltminister vom Konsensdruck des Fraktionsvorsitzenden,
der UmweltpolitikerInnen der eigenen Fraktion und seiner MinisterkollegInnen
politisch geschwächt. Die Angleichung an deren Forderungen war
die einzig richtige Reaktion, mit der er sich die Anerkennung der Atombosse
sichern konnte. Auch wenn das für die Durchsetzung eines schnellen
Atomausstieges ein Fehler war, hat sie dennoch das einheitliche Auftreten
der Grünen in Es ist der Erfolg unserer guten internen Abstimmung, daß in der
Presse kaum ein kritisches Wort mehr zu hören ist. Wenn es nur
oft genug und von allen im gleichen Wortlaut ausgesprochen wird, glaubt
es jedeR JournalistIn und jedeR BürgerIn: »Ein Atomausstieg
unter 30 Jahren Gesamtlaufzeit plus Übergangsfrist ist nicht entschädigungsfrei
möglich.« Nicht hinzunehmen ist es, daß einzelne Parteimitglieder ihre
persönliche Biografie und ihre antiquierten politischen Forderungen
über die Sache der Partei stellen: Auf den Schienen sitzend vom
Wasserwerfer abgespritzt zu werden oder schulterklopfend Verhandlungen
mit den Atombossen zu führen, beides sind nur zwei verschiedene
Wege des Atomausstieges. Selbst wenn es im ersten Fall garantiert schneller
geht, steht auch im zweiten Fall fest: Die jüngere Generation wird
das Abschalten des letzten kommerziellen Zur Strukturreform: Die Grünen wurden als Anti-Parteien-Partei gegründet. Viele
von Euch hatten Neben einer besseren Vermittlung der Regierungspolitik in die Partei hinein ist die Bezahlung der BundesvorstandssprecherInnen durch die jeweiligen Parlamente - in denen sie dann hoffentlich kaum sitzen - ein großer Vorteil. Was in anderen Parteien schon längst üblich ist, kann auch unseren Parteihaushalt entlasten. Für die Wählerinnen und Wähler ist kein Unterschied zwischen Regierungs- und Parteipolitik sichtbar, daher ist dieses Verhalten auch kein Betrug. Es ist unseriös, die Parteispendenaffären der großen Volksparteien als Argument gegen unsere eigene Strukturreform anzuführen: 1. Helmut Kohl war Vorsitzender der CDU und nicht der Grünen. 2. Bis in die Konzernspitzen hinein ist bekannt, daß wir gratis für sie Politik machen. Ein weiterer, etwas sensibler Punkt ist derjenige, der Dir auch schon
im Brief des Bundesvorstandes und anderer Führungspersönlichkeiten
vom 3.3.2000 aufgezeigt wurde. Die Trennung von Amt und Mandat »schwächt
die Führung der Bundespartei, weil sie zu viele fähige BewerberInnen
mit parlamentarischer Erfahrung ausschließt. Andersherum ausgedrückt
soll das heißen: Die bisherigen BundessprecherInnen waren unfähig
und Unsere Partei ist in den letzten Jahren oft so wie ein uneingespieltes Orchester aufgetreten, wo der Dirigent nicht wirklich den Ton angibt. Wer einen Auftritt der Originalversion der »Fischer-Chöre« erlebt hat, weiß: Disharmonien und falsche Töne haben keine Chance, wenn sich alle nach dem Taktstock richten. In diesem Sinne kann, muß und wird der Parteitag in Karlsruhe eine überfällige Richtungsänderung unserer ehemaligen Anti-Parteien-Partei einleiten. »Basisdemokratisch, ökologisch, gewaltfrei.« Dieses
Gründungsmotto unserer Laßt uns gemeinsam den strukturellen Ballast der Vergangenheit abwerfen!
Ilka Schröder
|