Antrag fuer die BDK am 13.5.1999 in Bielefeld

Claudia Roth, Christian Stroebele u.a.

DIE LUFTANGRIFFE SOFORT BEENDEN
UND MIT DER LOGIK DER KRIEGSFUEHRUNG BRECHEN

Durch einen Waffenstillstand einer Verhandlungsloesung eine neue Chance verschaffen Im Kosovo fuehrt das Milosevic-Regime einen brutalen Vertreibungskrieg gegen die grosse albanische Bevoelkerungsmehrheit. Es wiederholen sich die Greueltaten des Krieges in Bosnien-Herzegowina, fuer die auch hier vor allem die serbische Regierung und ihre Handlanger die Verantwortung tragen. Der Anteil der UCK an der Entwicklung hin zum Krieg und an den Menschenrechtsverletzungen darf hierbei aber auch nicht verschwiegen werden.

Buendnis 90/Die Gruenen eint die Verurteilung der Verbrechen gegen die Menschenrechte, der Morde, Folterungen und Vergewaltigungen und der ethnisch begruendeten Vertreibungspolitik. Uns eint der Wille, die Gewalt und hunderttausendfache Verletzung von Menschenrechten zu beenden. Uns eint der Einsatz dafuer, Deutschland zu einem offenen Land fuer die Fluechtlinge aus der Region zu machen. Fuer uns alle steht die Notwendigkeit des politischen Handelns gegen das Milosevic-Regime ausser Zweifel.

Wir wenden uns gegen Parallelsetzungen der moerderischen Verbrechen des Milosevic-Regimes und dem Holocaust. Dies bedeutet eine unzulaessige Relativierung des Nazi-Faschismus und des Voelkermordes an den europaeischen Juden.

Verbale Voraussetzung fuer Friedenspolitik ist eine verbale Abruestung. Niemand der sich fuer ein Ende der Bombardierung einsetzt, will wegsehen oder waescht damit gar den "Faschismus" und Verbrechen weiss. Niemand, der in dieser Situation die Militaerintervention als letztes Mittel erachtet hat, ist damit schon ein Kriegstreiber.

Menschenrechts- und Friedenspolitik sind nicht zu trennen

Die politische OEffentlichkeit in der ganzen europaeischen Union ist an der Frage gespalten: Sind die Kriegshandlungen der NATO wirklich eine geeignete, verhaeltnismaessige und politisch verantwortbare Antwort auf die Situation im Kosov@ - oder sind sie schaedlich, unrechtmaessig und nicht geeignet, um die gesteckten politischen Ziele zu erreichen, so dass sie sofort eingestellt werden muessen? Die unterschiedlchen Konsequenzen aus den Grundsaetzen von Gewaltfreiheit
und Antifaschismus, zwischen antimilitaristischer Friedenspolitik, Pazifismus, Durchsetzung von Menschenrechten und Demokratie gegen Diktatur und rassistischen Terror fuehrt uns in dieser Situation in eine politische Zerreissprobe. Die von uns verfolgten Prinzipien des Gewaltverzichts und der Menschenrechte duerfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir wenden uns gegen eine Eskalationslogik, die behauptet:

Wer politischen und wirtschaftlichen Druck ausuebt sieht hilflos zu; wer bombardiert handelt. Wer erfolglos bombardiert sieht hilflos zu, nur wer Bodentruppen einsetzt handelt. Wer begrenzt Bodentruppen einsetzt sieht hilflos zu, nur wer in Belgrad einmaschiert und Milosevic stuerzt handelt.

So koennen wir dem politischen Dilemma, das aus der begrenzten Wirksamkeit des Handelns entsteht, keineswegs entkommen.

Die rhetorische Eskalation, mit der die Menschenrechtsverletzungen die kriegerischen Handlungen begruenden sollen, ist dazu geeeignet, die grundsaetzliche Absage an militaerische Gewalt zunehmend zu relativieren. Eine undurchschaubare und selective Informationspolitik traegt hierzu entscheident bei. Die Darstellung der Greuel des Krieges darf nicht verhindern auch eine realistische Bestimmung der Interessen vorzunehmen und die Spielraeume fuer nichtmilitaerische Konfliktloesungen immer wieder neu auszuloten. Wer die gegenwaertige Politik von vorneherein als alternativlos darstellt, verliert jede
Zukunftsfaehigkeit. Jede Chance fuer ein Ende der militaerischen Gewalt muss genutzt werden.

Aber nicht nur die politische OEffentlichkeit ist an der Frage des "richtigen" Weges gespalten, auch wir als Partei sind es. Die Mehrheit der buendnisgruenen Bundestagsfraktion und auch viele Mitglieder der buendnisgruenen Partei haben die Luftangriffe der NATO trotz eigener massiver Bedenken toleriert oder unterstuetzt, andere stellten sich von Anfang an dagegen. Viele BefuerworterInnen unterstuetzten die Bombenangriffe trotz der prinzipiellen Zielsetzung der Zivilisierung
der Aussenpolitik und trotz der grundsaetzlichen Absage an militaerische Gewalt in unserem "Grundkonsens" und im Wahlprogramm 1998, weil sie der Ansicht waren, den Schutz der Menschenrechte der AlbanerInnen im Kosovo nur noch durch diese militaerischen Mittel garantieren zu koennen. Viele fuehlten sich dazu gezwungen in einer Situation, die dadurch charakterisiert war, dass allein die Bombenangriffe durch fast alle westlichen Staaten massiv unterstuetzt wurden, waehrend zivile Methoden wie ein OEl-Embargo und Strategien der wirtschaftlichen und politischen Integration der Balkan-Staaten
sowie die Unterstuetzung der Opposition ueber Jahre hin keineswegs mit einem auch nur entfernt vergleichbaren Einsatz an Mitteln verfolgt wurden.

Waeren die Westmaechte in den letzten Jahren in ihrer zivilen Jugoslawienpolitik bis hin zum Embargo so einig gewesen wie sie es jetzt in diesem Krieg sind, saehe die politische Situation in der Region mit Sicherheit ganz anders aus. Zu den Fehlern der letzten Jahre gehoeren auch die mangelnde Unterstuetzung der serbischen Opposition und die halbherzigen Gespraeche Europas mit Rugova, dem Vertreter der kosova-albanischen Mehrheit. Die von Gruener Seite aus kontinuierlich gefuehrten Gespraeche und die geleistete Unterstuetzung konnten die Fehler Europas natuerlich nicht auffangen.

Die Zuspitzung des Kosov@-Konfliktes steht aber auch in Verbindung mit dem Versaeumnis, die zivilgesellschaftlichen Strukturen und Ansaetze der Demokratisierung in der gesammten Region zu staerken. Eine dauerhafte Friedensloesung haengt nicht nur von einem Friedensabkommen auf der staatlichen Ebene ab, deshalb muss buendnisgruene Aussenpolitik die gesellschaftlichen Grundlagen fuer eine Verstaendigung foerdern.

Sie muss vor allem aber deutlich machen, wie den Menschenrechten in Zukunft mit Mitteln der Konfliktpraevention, der zivilen Konfliktbearbeitung und -konfliktloesung Geltung verschaft werden kann. Wir fordern die Bundesregierung auf, dass sie aus dem Verteidigungshaushalt erhebliche Mittel dafuer zur Verfuegung stellt. Es geht darum, den zivilen Alternativen zu "Militaerschlaegen" gesellschaftliche Anerkennung sowie Umsetzungsmoeglichkeiten zu verschaffen. Die Uno und ihr Gewaltmonopol sind schwer beschaedigt worden. Die neue NATO-Strategie mit ihrem erweiterten Sicherheitsbegriff und der Erklaerung, kuenftig in "Ausnahmefaellen" auch ohne UN-Mandat eingreifen zu wollen, verstaerken den Eindruck, die NATO wolle sich selbst an die Stelle der UNO setzten. Das Vorgehen der NATO im Kosovo erscheint dafuer als vorweggenommener Praezedenzfall.

In allen Mitgliedstaaten der Nato ist die Entwicklung und materielle Ausstattung von zivilen Mitteln zur Konfliktpraevention und Konfliktloesung absolut unterentwickelt. Ein unertraeglich grosser - und im Rahmen der neuen Nato-Strategie in Zukunft wieder steigender - Anteil der Ressourcen der westlichen Gesellschaften wird immer noch fuer Militaer verwendet. Hier sind grundlegende AEnderungen noetig.

Wir fordern die Bundesregierung auf, sich entsprechend der Ankuendigung im Koalitionsvertrag fuer die Staerkung der Mechanismen der Krisenpraevention und zivilen Konfliktbearbeitung im Rahmen der UN, der OSZE und der EU einzusetzen. Es muessen ueberzeugende Vorschlaege fuer einen Beitrag der deutschen Aussenpolitik hierfuer gemacht werden. Das betrifft die Staerkung des Instrumentariums ziviler Sanktionen - wie Boykotte und Embargos - durch einen
Unterstuetzungsfonds fuer die jeweils benachbarten Staaten . Das betrifft aber auch die Einrichtung eines effektiven Fruehwarnsystems, von Dialogforen und die Unterstuetzung der Arbeit von Friedensfachkraeften in Konfliktregionen durch durch die Bundesregierung.

Aussenpolitik ist immer auch Interessenpolitik. Dies kann auch die Orientierung an der Durchsetzung der Menschenrechte nicht leugnen. Gerade deshalb ist das Voelkerrecht als Grundlage der internationalen Politik unabdingbar. Das Vorgehen der NATO ruettelt an seinen Grundfesten, weil die Luftangriffe ohne UN-Mandat gegen das Gewaltverbot - den entscheidenden Fortschritt in diesem Jahrhundert - verstossen. Dieses zeigt und forciert auch eine Schwaechung der Vereinten Nationen. Es gefaehrdet auch die Ausbildung und Durchsetzung des humanitaeren Voelkerrechts, denn dies kann sich nur auf der
Grundlage der Satzung der Vereinten Nationen und ihres Entscheidungsmonoplos entwickeln. Das Fehlen einer voelkerrechtlichen Grundlage fuer eine Intervention laesst sich durch eine moralisch legitimierte Nothilfeargumentation nicht heilen, da damit Ausnahmen und willkuerlichen Interpretationen durch andere Staaten Tuer und Tor geoeffnet und so durch die NATO-Strategie ein gefaehrlicher Praezedenzfall geschaffen wird. Politisch bedeutet der Verzicht auf eine voelkerrechtliche Absicherung schliesslich eine voellig neue kontraproduktive Brueskierung und Ausgrenzung Russlands.

Die Strategie der NATO ist gescheitert - gegen die militaerische Logik politisch initiativ werden

Seit dem 24.Maerz bombadieren NATO-Einheiten militaerische und zivile Ziele in ganz Jugoslawien mit der erklaerten Absicht, ein Friedensabkommen zwischen Repraesentanten der Kosovo-Albanischen Mehrheit und der jugoslawischen Regierung zu erzwingen und so die jahrelange Unterdrueckung der Albaner zu beenden, die begonnenen Vertreibungsaktionen zu unterbinden und eine Autonomieregelung durchzusetzten. Mit groesserer Verhandlungsbereitschaft haette der jugoslawische Praesident Milosevic die Luftangriffe stoppen koennen. Trotz der Bombadierung musste die NATO hilflos zu sehen, wie Milosevic statt dessen die Vertreibungsaktionen zu einem ungeheuren Vertreibungsfeldzug gegen die kosovarische Zivilbevoelkerung eskaliert hat, ohne dass die Bomben der NATO dies verhindern konnten.

Die Militaeraktionen der NATO gehen weiter. Ein Ende ist nicht in Sicht. Das Risiko der Eskalation und Ausweitung waechst. Seit Wochen wird immer wieder ueber den Einsatz von Bodentruppen diskutiert. Der Ausstieg aus der Militaerspirale wird immer schwieriger und die Kriegsziele immer undeutlicher. Mit jedem weiteren Kriegstag schreitet
neben der Zerstoerung der Infrastruktur, des Landes und der Umwelt auch die Zerstoerung der zivilen Versoehnungsgrundlage weiter fort. Mit jedem weiteren zivilen Opfer werden die Graeben groesser.

Es ist hoechste Zeit, nach ueber sieben Wochen Bombenkrieg - ohne Besserwisserei und moralisierenden Vorwuerfen - Bilanz zu ziehen:

- Die humanitaere Katastrophe konnte nicht verhindert werden. Der serbische Vertreibungsterror nahm unvorstellbare Ausmasse an.

- Milosevic konnte nicht zur Unterzeichnung des Rambouillet-Friedensabkommens gezwungen werden. Der Vertrag in seiner
ursruenglichen Form ist obsolet.

- Die serbische Zivilgesellschaft wurde weitgehend zerstoert. Die Aktivitaeten der friedensbereiten Kraefte und
Nichtregierungsorganisationen auf dem Gebiet der Demokratisierung und fuer eine Wiederherstellung der Autonomie des Kosovo sind unterlaufen und alle bisherigen Initiativen im Bereich der Vertsaendigung zwischen SerbInnen und Kosovo-AlbanerInnen zum Erliegen gekommen.

- Die innenpolitische Stellung des Milosovic-Regimes und die extrem nationalistischen Kraefte sowohl auf serbischer wie auf kosovo-albanischer Seite wurde bislang durch den Krieg eher getaerkt. Nicht klar ist bisher, in wie weit seine militaerische Macht geschwaecht wurde.

- Die derzeitige Militaerintervention hat graviernde, negative Auswirkungen fuer den fragilen Friedensprozess in Bosnien-Herzegowina. Das politische Zusammenwachsen der beiden Landesteile ( bosniakisch-kroatische Foederation und serbische
Republik), dass in den vergangenen Monaten ohnehin starken Belastungsproben ausgesetzt war, wird nun zusaetzlich erschwert. Die im Zuge der Bombardierung Jugoslawiens um sich greifende anti-westliche Stimmung wird die Zusammenarbeit bei der Fluechtlingsrueckfuehrung gerade in die Republika Srpska erheblich erschweren.

- Montenegro, Mazedonien und Albanien sind teifgreifend destailisiert worden.

- Die Beziehungen zu Russland befinden sich in einer grossen Kise; in der russischen Gesellschaft sind Tendenzen zur Solidarisierung mir Milosvic zu beobachten.

- Das voelkerrechtliche Legitimationsdefizit der Luftangriffe droht dauerhaft das System internationaler Organisationen und die voelkerrechtliche Ordnung zu gefaehrden.

- UNO und OSZE werden weiter politisch marginalisiert.

- Von der Begrenzung der Luftangriffe auf ausschliesslich militaerische Ziele kann in der Realitaet keine Rede sein. Gezielt
werden auch Bruecken, Kraftwerke, Sender, Fabriken zerstoert. Es wurden auch ein vollbesetzter Eisenbahnzug, ein Fluechtlingstreck, Wohnviertel und sogar zivile Gebaeude in Bulgarien getroffen. Die zivilen Opfer der Luftangriffe , die oekologischen und materiellen Schaeden nehmen ein immer groesseres Ausmass an. Die Menschenrechtsverletzung durch diese militaerische Gewalt wird immer gravierender.

Die Befuerchtung, dass der Militaereinsatz die Massenvertreibungen, Morde und Menschenrechtsverletzungen im Kosovo nicht verhindern kann und zu einer Eskalationsspirale fuehrt, haben sich weitgehend bestaetigt. Die Hoffnung, dass "gezielte Luftschlaege" schnell eine positive Loesung erzwingen, haben sich nicht erfuellt. Die Rede vom Krieg als "ultima ratio" hat die Hoffnung geweckt, das letzte Mittel sei auch immer effektiv - koennte Menschenrechte schuetzen und die Vertreibungen verhindern - es muesste nur konsequent und lange genug angewendet werden. Diese Hoffnung hat sich, selbst nach ueber 15.000 Luftangriffen, nicht erfuellt. Das Scheitern der militaerischen Strategie der NATO im Kosovo zeigt, dass dies ein Irrtum ist.Die Dominanz der militaerischen Logik fuehrt auf die schiefe Ebene der Eskalation. Sieg oder Kapitulation - diese Alternative steht nun militaerisch im Raum. Das Ziel eines militaerischen Sieges bedeutet jetzt den Strategiewechsel zum umfassenden Bodenkrieg in Verbindung mit der Dauerbombardierung der gesamten jugoslawischen Infrastruktur. Die politische Autoritaet und das Ansehen des groessten Militaerbuendnisses der Welt steht ploetzlich auf dem Spiel und droht
zu einem zentralen Motiv der Kriegfuehrung zu werden. In dieser Situation gilt es, politische Verantwortung zu zeigen und die Logik der Kriegfuehrung politisch zu brechen.

Wir muessen aus der militaerischen Eskalationsspirale aussteigen. Dies macht eine definitive Absage an den Einsatz von Bodentruppen ebenso notwendig wie die sofortige Beendigung der Bombenangriffe. Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten, dies in der Bundesregierung und in der NATO durchzusetzen. Wir sehen unsere Aufgabe als Partei darin,
politischen und gesellschaftlichen Druck fuer den Ausstieg aus der Eskalationsspirale zu organisieren. Wir begruessen jeden politischen Schritt in diese Richtung.

Nur einseitige Schritte koennen die gegenwaertige Eskalationsdynamik durchbrechen.

Diese Schritte richten sich nicht nur an Milosevic, die Politik der Vertreibungen zu beenden und an den Verhandlungstisch
zurueckzukehren. Sie sollen gleichzeitig das internationale Umfeld beeinflussen, die Rolle Russlands und anderer Laender sowie der Vereinten Nationen als Vermittler staerken, den Schluessel fuer Vermittlungen und Loesung an die Vereinten Nationen zurueckzugeben und die serbische Bevoelkerung aus dem Druck zur Solidarisierung befreien.

Einseitige Schritte erleichtern auch die Zuruecknahme der politischen und psychologischen Feindbilder. Angebote des gemeinsamen Wiederaufbaus und gemeinsamer politischer und gesellschaftlicher Strukturen, die sich nicht an den ethnischen Identitaeten orientieren, koennen dabei den langfristigen gesellschaftlichen Versoehnungsprozess vorbereiten. Den Nicht-Regierungsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Akteuren hierbei wieder Handlungsmoeglichkeiten zu eroeffnen, ist unerlaesslich.

Ein wichtiger Bereich, in dem bundesdeutsche Aussenpolitik zur Staerkung zivilgesellschaftlicher Strukturen in Konfliktregionen beitragen kann, ist die Entsendung von Personal zur Unterstuetzung solcher Transformationsprozesse. Ein Weg fuer einen dauerhaften Frieden besteht darin, in Konfliktregionen sogenannte "peace constituencies" zu schaffen. Friedensallianzen aus einer Vielfalt an zivilgesellschaftlichen Akteuren (aus der Gewerkschaftswelt, aus Berufsverbaenden, Kirchen, Medien, privaten Buergerinitiativen, Erziehungs- sowie Ausbildungseinrichtungen sowie Nichtregierungsorganisationen), die gegen Gewaltkulturen arbeiten und sich am Aufbau von Mechanismen zur friedlichen Konfliktbearbeitung beteiligen. Auslaendische Fachkraefte koennen diesen Prozess massgeblich unterstuetzen.

Die zivilgesellschaftlichen Ansaetze fuer Entfeindung zwischen den verfeindeten Lagern und Initiativen grenzueberschreitender
Verstaendigung sind mit nationalen Mitteln und solchen aus der europaeischen Union zu unterstuetzen. Dies gilt insbesondere fuer Nichtregierungsorganisationen, die sich bei der Wiedereingliederung von Fluechtlingen engagieren. Eine langfristige Friedenskonsolidierung erfordert darueber hinaus Anreize zur Entmilitarisierung der Region (Programme zur Reintegration ehemaliger Kaempfer, Anreize zur Entwaffnung, Minenraeumung).

Wichtig fuer eine effektive und voelkerrechtlich legitimierte Politik der zivilen Konfliktbearbeitung und der Friedenssicherung ist eine umfassende Reform der Vereinten Nationen und ein Ausbau der OSZE. Die Beschluesse der Generalversammlung muessen ausgewertet werden. Der Sicherheitsrat, Exekutivorgan der Generalversammlung, muss alle Regionen angemessen repraesentieren. Seine Entscheidungsstrukturen muessen so reformiert werden, dass die Moeglichkeit eines Veto eingeschraenkt und durch eine voelkerrechtliche Begruendungspflicht seine Handlungsmoeglichkeiten ausgeweitet werden. Der Internationale Gerichtshof muss in seinen Moeglichkeiten gestaerkt werden. Die Wirkung von Sanktionen muss dadurch effektiviert werden, dass ein UN-Sanktionshilfefonds Schaeden erstattet, die aus der Beteiligung an Sanktionen entstehen.

Durch einen Stopp der Bombardierung die Eskalationsspirale durchbrechen
- den Fluechtlingen im Kosov@ helfen

Die Massstaebe fuer einen Waffenstillstand und fuer ein Friedensabkommen muessen getrennt werden, damit ein Waffenstillstand nicht durch die Uneinigkeit ueber ein Friedensabkommen blockiert wird. Insbesondere die Lage der ueber 150.000 im Kosov@ umherirrenden Fluechtlinge macht einen schnellen Waffenstillstand zur Aufnahme von Versorgungsfluegen zum humanitaeren Gebot. Wenn Hilfe nicht schnell geleistet werden kann, kommt es zu einer weiteren, fast unvorstellbaren humanitaeren Katastrophe. Trotz der Bombardierung muesste die NATO weiter hilflos zusehen. Ein Stopp der Bombardierung ermoeglicht einen Waffenstillstand fuer die Durchfuehrung von Versorgungsfluegen.

Nur ein Ende der Bombardierung eroeffnet auch neuen politischen Spielraum fuer Verhandlungen ueber die Deeskalation des Konfliktes und ein Friedensabkommen. Oberstes und erstes Ziel ist fuer Buendnis 90/Die Gruenen das Ende der Vertreibung und die Hilfe fuer die Fluechtlinge. Wir begruessen die Friedensinitiativen von Joschka Fischer und halten in der momentanen Situation folgende Schritte fuer notwendig:

* Wir fordern die sofortige Beendigung der Bombardierungen, insbesondere auch um Verhandlungen ueber einen Waffenstillstand im Kosov@ zu ermoeglichen

* Wir fordern die sofortige Aufnahme von Versorgungslieferungen aus der Luft - wie vom Internationalen Roten Kreuz angeboten - fuer die Fluechtlinge im Kosov@ als allerersten Schritt im Zuge der unmittelbar aufzunehmenden Waffenstillstandsverhandlungen.

* Wir lehnen den Einsatz von NATO-Bodentruppen ab

* Wir fordern den uneingeschraenkten Zugang des UNHCR und des internationalen Roten Kreuzes und anderer Hilfsorganisationen fuer Hilfsleistungen im Kosov@

* Wir sprechen uns - nach einer entsprechenden Vereinbarung mit Zustimmung der Konfliktparteien - ausdruecklich fuer die UEberwachung eines Waffenstillstandes durch internationale Truppen mit einem Mandat der Vereinten Nationen bzw. der OSZE aus

* Wir fordern die Aufnahme von Verhandlungen ueber die Umsetzung der Initiativen von Aussenminister Fischer, der ukrainischen und russischen Regierung und des UN-Generalsekretaers Kofi Annan fuer eine dauerhafte Friedensregelung, die eine sichere Rueckkehr der Vertriebenen ermoeglicht. Bis zu einem Ergebnis der Verhandlungen fordern wir die Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen und politischen Drucks auf das Milosovic-Regimes durch Sanktionen oder andere
geeignete Massnahmen.

* Wir begruessen ausdruecklich die Bemuehungen der Bundesregierung um eine Balkankonferenz und einen Stabilitaetspakt fuer Suedosteuropa als Beginn eines umfassenden oekonomischen und politischen Wiederaufbauprogramms fuer die ganze Region

* Wir fordern Asyl fuer alle jugoslawischen Deserteure, eine verstaerkte Aufnahme von Fluechtlingen durch die Laender der EU, und wir fordern Bund und Laender auf, einseitig und schnell ohne Kontingentbegrenzung Vertriebene voruebergehend aufzunehmen

* Wir fordern einen formellen Abschiebestop fuer die gesamte Region, die sofortige Erteilung von Visa bei Vorliegen einer Einladung (Verpflichtungserklaerung) und keine Zurueckweisung an der Grenze. Die Bundesregierung muss dafuer die Bedingungen fuer die Laender und Kommunen verbessern; die Landesregierungen sind in der Pflicht, alle Moeglichkeiten zur Aufnahme von Fluechtlingen auszuschoepfen

* Die Mittel und Massnahmen fuer die Versorgung der Fluechtlinge in Albanien, Mazedonien und Montenegro muessen verstaerkt werden

* Wir fordern entsprechend der Ankuendigung im Koalitionsvertrag eine Verstaerkung der Initiativen zur zivilen Konfliktbearbeitung und -praevention. Das betrifft unter anderem den Aufbau eines funktionierenden Fruehwarnsystems, das staatliches und gesellschaftliches ExpertInnenwissen verkuepft, die Unterstuetzung und Absicherung von einheimischen und deutschen Friedensfachkraeften, die in Krisenregionen taetig sind

* Wir fordern eine erhebliche Ausweitung der Haushaltsmittel fuer die materielle Absicherung und politische Unterstuetzung fuer Projekte des "peace-building" und fuer Nichtregierungsorganisationen in Krisengebieten

Die BDK beauftragt den Bundesvorstand, und die MandatstraegerInnen von Buendnis 90/Die Gruenen sowohl im ausserparlamentarischen Bereich wie auch in den Parlamenten, Regierungen, in der Europaeischen Union und
in der NATO diese Forderungen umzusetzen.

AntragstellerInnen: Roland Appel (KV Bonn), Norbert Doktor (KV Magdeburg), Friedrich Heilmann (KV Oder-Spree), Baerbel Hoehn (KV Oberhausen), Sybill Klotz (KV Kreuzberg), Steffi Lemke (KV Dessau), Dietmar Lingemann (KV Kreuzberg), Barbara Oesterheld (KV Kreuzberg), Martin Ottersmann (KV Muenchen-Nord), Urs Mueller-Plantenberg (KV Tiergarten), Lisa Paus (KV Schoeneberg), Pia Paust-Lassen (KV Tiergarten), Claudia Roth (KV Augsburg), Frithjof Schmidt (KV Bochum), Frank Schulz (KV Kreuzberg), Barbara Steffens (KV Muehlheim /R.), Christian Stroebele (KV Kreuzberg), Wilfried Telkaemper (KV Freiburg), Sylvia Voss (KV Potsdam), Frieder O. Wolf (KV Schoeneberg), u.a.