PM Nr. 81
Datum: 8. Mai 1999


Brandenburger Bündnisgrüne wollen unverzüglichen Stopp der NATO-Luftangriffe

Kleiner Landesparteitag beschließt für den Bundesparteitag Antrag zum Kosovo-Krieg

Bündnis 90/DIE GRÜNEN Brandenburg haben auf ihrem kleinen Parteitag am Samstag ihre Position zum Krieg im Kosovo verabschiedet. Dabei fand die Forderung nach einer unverzüglichen Einstellung der NATO-Luftangriffe eine
Mehrheit von 13 von 18 Stimmen. 5 Delegierte sprachen sich lediglich für eine befristete Einstellung der Luftangriffe aus:

Kosovo-Antrag des Landesverbandes Brandenburg an die BDK am 15. Mai 1999

"Wir, die Bündnisgrünen, lehnen den Krieg als Mittel der Konfliktlösung ab."
(Aus: Grundkonsens von Bündnis 90 und DIE GRÜNEN, beschlossen auf dem Vereinigungsparteitag 1993)

In Anbetracht des Leids der Flüchtlinge und der Leiden des jugoslawischen Volkes, stellen wir folgenden Antrag an die 2. außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz in Bielefeld:

1. Die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die bündnisgrünen Regierungsmitglieder werden dringend ersucht, darauf hinzuwirken, daß die Bundesregierung sich für folgendes Konzept zur Beendigung des Krieges in
Jugoslawien einsetzt:

Die NATO-Luftangriffe sind unverzüglich zu beenden. Damit wird aus einer Position der Stärke heraus ein Zeichen gesetzt und die deutliche Erwartung an die Adresse der politischen Führung der Bundesrepublik Jugoslawien zum Ausdruck gebracht,
- das Morden und die Vertreibung der Kosovaren durch serbische Militärs und Paramilitärs sofort zu beenden
- alle bewaffneten Kräfte abzuziehen.
- unverzüglich eine durch UN-mandatierte Sicherheitskräfte geschützte Rückkehr der Flüchtlinge zu ermöglichen. Ein erster Schritt wäre es, einen zivilen Korridor in Kosova "von Skopje bis Pristina"zuzulassen, der der Versorgung der Bevölkerung in Kosova dient und der im Verhandlungswege stetig auszudehnen ist.

Gleichzeitig sind alle politischen, diplomatischen, ökonomischen und andere zivile Mittel einzusetzen um diese Forderungen durchzusetzen.

2. Wir fordern die Bundestagsfraktion und die Regierungsmitglieder von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf, an ihrer konsequenten Ablehnung des Einsatzes von Bodentruppen in Kosova und der Bundesrepublik Jugoslawien festzuhalten.

3. Wir würdigen und unterstützen das intensive Bemühen von Bundesaußenminister Josef Fischer und anderer Regierungsmitglieder um das Durchbrechen der militärischen Automatik und die Suche nach einer politischen Lösung für den Kosova-Konflikt. Insbesondere erwarten wir dringend Fortschritte bei der verstärkten Einbindung der Russischen
Föderation und anderer Nachfolgestaaten der Sowjetunion, neutraler Länder wie Schweiz, Schweden, Österreich, der OSZE und der Vereinten Nationen bei der Suche nach einer friedlichen Lösung des Kosova-Konfliktes.

4. Wir fordern die Bundestagsfraktion und die Regierungsmitglieder von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dazu auf, aus den bitteren Erfahrungen mit Bosnien und Kosova die Lehren zu ziehen und darauf hinzuwirken, daß institutionell und materiell die Voraussetzungen geschaffen werden für
- den Auf- und Ausbau von Instrumenten der Früherkennung von Konflikten,
- den Auf- und Ausbau ziviler Friedensdienste,
- den Aufbau eines internationalen Technischen Hilfswerkes,
- die Reform der Vereinten Nationen, ihre Ausstattung mit neuen Instrumenten ziviler Konfliktbearbeitung und insbesondere mit einem Sanktionshilfefonds,
- eine massive Stärkung der OSZE,
- eine aktive Konversionspolitik der Bundesregierung: Schaffung eines Bundeskonversionsprogrammes mit angemessener Mittelausstattung und einer EU-Abrüstungs- und Konversionsagentur.

5. Wir schlagen vor, daß jetzt von der EU verbindliche Zusagen über Wiederaufbau- und Stabilitätshilfen für Kosova und die Bundesrepublik Jugoslawien gemacht werden. Darüber hinaus ist auf einer von der EU einzuberufenden Konferenz ein Fahrplan für den Beitritt Jugoslawiens und anderer Länder Südosteuropas zur EU zu erarbeiten. Bundesaußenminister
Fischer wird gebeten, noch während der deutschen Ratspräsidentschaft den angekündigten "Balkan"-Stabilitätspakt für Südosteuropa zu implement ieren.

Eine finanzielle Grundausstattung eines Wiederaufbauprogrammes nach dem Muster des Marshall-Planes ist unabdingbar.

6. Wir fordern die Bundestags- und Europafraktion der GRÜNEN sowie grüne Mitglieder auf, in europäischen Nationalregierungen und europäischen Gremien der neuen NATO-Doktrin der "Crisis Response Operations" eine klare
Absage zu erteilen und sicherzustellen, daß sich die EU-Länder weder im Rahmen der NATO noch in Abgrenzung von den USA an einem neuen Rüstungswettlauf beteiligen. Statt dessen sollen sich unsere gewählten VertreterInnen für den Ausbau Europas als Zivilmacht einsetzen.

7. Flüchtlingen, Vertriebenen und Deserteuren aus dem Krisen- und Kriegsgebiet Kosova/Jugoslawien, die in die Bundesrepublik Deutschland und in andere Länder der EU und/oder der NATO einreisen wollen, muß zügig
die Einreise gestattet und der Aufenthalt ermöglicht werden.

8. Wir ermutigen die am Kosova-Konflikt Beteiligten, insbesondere Serben und Kosovaren, aktiv ein Kon-zept zur Vorbereitung der Versöhnung zu entwickeln.
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Die Punkte 2 bis 8 wurden einstimmig angenommen, während es zum Punkt 1 eine Minderheitenposition gab (5 von 18 Stimmen):

1. Die Bundestagsfraktion und die Regierungsmitglieder von Bündnis 90/DIE GRÜNEN werden dringend aufgefordert, sich zur Erreichung der u.g. politische Ziele für eine zeitlich befristete Einstellung der Luftangriffe ohne Vorbedingungen einzusetzen. Bündnis 90/DIE GRÜNEN Brandenburg unterstützen eine politische Lösung des Kosovo-Konfliktes, die folgenden Zielen und Bedingungen verpflichtet ist:
- Unverzügliches und nachprüfbares Ende von Völkermord und Vertreibung im Kosovo
- Rückzug aller militärischen, polizeilichen und paramilitärischen Kräfte aus dem Kosovo
- Stationierung einer von der Uno beauftragen robusten Friedenstruppe, um die Bedingungen für ein friedliches und normales Leben für alle Einwohner im Kosovo sicherzustellen

BUENDNIS 90/DIE GRUENEN Landesverband Brandenburg
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