KV Hagen
Antrag an die Bundesdelegiertenkonferenz von Buendnis 90 / Die Gruenen in Bielefeld am 13. 05. 1999
Die BDK moege beschliessen:
Mehr Fluechtlinge aus dem Balkan aufnehmen!
- Abschiebungsschutz und ein gesichertes Aufenthaltsrecht fuer alle Fluechtlinge
aus der Kriegsregion -
In Jugoslawien herrscht Krieg. Viele Menschen zeigen auch in Deutschland ihre
Solidaritaet mit den Vertriebenen aus dem Kosovo, indem sie ein hohes Spendenaufkommen
und vielfaeltige Hilfen zur Unterstuetzung der Fluechtlinge bereitstellen. Auch
viele Staedte und Gemeinden haben sich fruehzeitig bereit erklaert, diese Menschen
in betraechtlichem Umfang
aufzunehmen.
Angesichts des unertraeglichen Elends in der Kriegsregion verstehen es Buendnis 90 / DIE GRUeNEN als humanitaere Verpflichtung, dasz die Bundesrepublik Deutschland verstaerkt einen Beitrag dazu leistet, den Fluechtlingen in ihrer verzweifelten Lage zu helfen. Daher benoetigen die Betroffenen jetzt unmittelbare Hilfe, deshalb duerfen wir in unserer Aufnahmebereitschaft nicht nachlassen und wollen sie in unserem Land willkommen heiszen.
Auch in diesem Krieg wird Vergewaltigung wieder als Waffe gegen Frauen und als Unterwerfungsmittel eingesetzt.
Die Zahl der bisher in Deutschland aufzunehmenden rund 20 000 Fluechtlinge ist angesichts der ueberfuellten Lager in Albanien und Mazedonien nur ein Tropfen auf den heiszen Stein. In Relation zur Gesamtbevoelkerung haben diese Laender soviele Fluechtlinge zu versorgen, als wuerden in Deutschland in kuerzester Zeit acht Millionen Schutzsuchende einreisen.
Buendnis 90/DIE GRUeNEN begrueszen, dasz es vor dem Hintergrund der Kriegssituation gelungen ist, Kriegsfluechtlinge nach der fuer solche Situationen vorgesehenen gesetzlichen Regelung aufzunehmen. weder wir noch die Betroffenen wollen aus der Flucht einen Dauerzustand werden lassen. Ziel allen politischen Handelns musz die Rueckkehr der Vertriebenen in Wuerde und Frieden und der Wiederaufbau ihrer Heimat sein.
Wir fordern angesichts der menschlichen Katastrophe im Kosovo von der Bundesregierung:
* Fuer Staatsangehoerige aus Jugoslawien, Albanien, Makedonien und Bosnien-Herzegowina wird ein Abschiebestop erlassen.
* Fluechtlinge aus der Kriegsregion werden grosszuegig aufgenommen.
Vor Krieg und Vertreibung im Kosovo suchen Fluechtlinge auch in Deutschland
zunehmend Schutz und Hilfe. Viele dieser Menschen haben hier Verwandte oder
Freunde, zu denen sie fliehen. Angesichts der Tragoedie im Kosovo und der verzweifelten
Lage der Vertriebenen musz die Bundesrepublk Deutschland verstaerkt Voraussetzungen
dafuer schaffen,
denjenigen, die dem Krieg entkommen konnten und nun um Aufnahme und Hilfe in
den Kommunen bitten, eine Zuflucht zu geben.
Das Bundesinnenministerium soll alle Anstrengungen unternehmen, um Kriegsfluechtlingen
den Nachzug zu ihren Familienmitgliedern zu ermoeglichen. Das bisher (06. 05.
1999) von Deutschland genannte Kontingent von 20 000 Personen, die aufgenommen
werden sollen, ist angesichts der realen Situation voellig unangemessen. Der
Bund musz den Laendern seine Bereitschaft erklaeren, fuer einen erheblich erweiterten
Personenkreis auch die haelftigen Kosten zu uebernehmen.
* Alle Kriegsflüchtlinge, die keinen Asylantrag stellen, erhalten Aufenthaltsbefugnisse fuer mindestens sechs Monate.
Alle Fluechtlinge aus der Bundesrepublik Jugoslawien, auch die, die nicht albanischer
Volkszugehoerigkeit sind, wie z.B. Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Roma,
sind aufenthalts- und sozialrechtlich gleich zu behandeln. Dessen ungeachtet
musz jedem Fluechtling auch weiterhin die Moeglichkeit offenstehen, Asyl zu
beantragen. Fluechtlingen auszerhalb des Asylverfahrens soll eine Aufenthaltsbefugnis
nach §30 AuslG erteilt werden. Es waere unverantwortlich, einem Teil dieser
zumeist traumatisierten Fluechtlinge lediglich eine Duldung zu erteilen, denn
Duldung bedeutet: "Aussetzung der Abschiebung". Diese Menschen auslaenderrechtlich
unter der permanenten Drohung ihrer Abschiebung zu belassen, setzt sie unter
dauerhaften psychischen Druck. Wir sind der Auffassung, dasz es sich angesichts
der unuebersehbaren Dramatik des
Fluechtlingselends verbietet, ihnen den rechtmaeszigen Aufenthalt in Form einer
Aufenthaltsbefugnis zu verweigern.
Wir fordern daher:
* das Einverstaendnis fuer einen bundesweiten Abschiebungsstop fuer die gesamte Kriegsregion zu erteilen;
* das Kontingent der aufzunehmenden Fluechtlinge inhaltlich und zahlenmaeszig erheblich auszuweiten;
* sicherzustellen, dasz Frauen, die vor Vergewaltigung und anderen geschlechtsspezifischen Verfolgungsmasznahmen fliehen, als Asylberechtigte anerkannt werden;
* Fluechtlinge an den deutschen Grenzen nicht laenger abweisen zu lassen, wenn sie ansonsten keine angemessene Aufnahme finden;
* die Visumpflicht fuer Staatsangehoerige der Bundesrepublik Jugoslawien aufzuheben,
jedenfalls aber Einladungen und
Familienzusammenfuehrungen - auch innerhalb Deutschlands- durch Visaerteilung
moeglich zu machen;
* den Entscheidungsstop des Bundesamtes fuer die Anerkennung auslaendischer Fluechtlinge aufzuheben;
* das Rueckuebernahmeabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien zu kuendigen.