Meldungen aus dem Auswärtigen Amt:

29.09.
BUNDESREGIERUNG BESORGT ÜBER ENTWICKLUNG IM NÖRDLICHEN KAUKASUS

Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Michaelis, erklärte heute (29.09.) zur Lage im nördlichen Kaukasus:
Mit der Bombardierung ziviler Ziele in Tschetschenien wächst die Gefahr einer weiteren militärische Eskalation, die nur zur Stärkung extremistischer Gruppen und einer Destabilisierung der gesamten Kaukaususregion führen kann.

Die Probleme des Nordkaukasus können nur auf friedlichem Wege, durch wirtschaftliche Kooperation und politischen Dialog gelöst werden. Dabei sollten die Möglichkeiten der OSZE stärker genutzt werden.

Die Bundesregierung verurteilt jede Form von Terrorismus. Die Urheber der schrecklichen Bombenattentate in Moskau und anderen russischen Städten müssen zur Verantwortung gezogen werden. Aber auch im Kampf gegen den Terrorismus gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Die Zivilbevölkerung muss geschont, das internationale humanitäre Recht beachtet werden.

Die Bundesregierung wird sich auf allen Ebenen für eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzen. Dabei wird die Bundesregierung auch mit ihren Partnern in der Europäischen Union die Möglichkeiten prüfen, die sich aus dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Rußland für den politischen Dialog mit Rußland in dieser Frage ergeben.

Bereits am Freitag (01.10.) wird der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wolfgang Ischinger, das Thema bei den deutsch-russischen Staatssekretärs-Konsultationen in Moskau ansprechen."


01.10.
ERKLÄRUNG DES AUSWÄRTIGEN AMTS ANLÄSSLICH DER VERSCHÄRFUNG DER LAGE IN TSCHETSCHENIEN

Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Michaelis, erklärte heute (01.10.) zur Verschärfung der Lage in Tschetschenien:
"Die Bundesregierung verfolgt mit großer Sorge die weitere Verschärfung der Lage im nördlichen Kaukasus. Das Thema war Gegenstand der Gespräche des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Wolfgang Ischinger, der sich derzeit zu Konsultationen in Moskau aufhält.

Bundesaußenminister Joschka Fischer hat heute mit seiner amerikanischen Amtskollegin Madeleine Albright telefoniert. Beide Minister waren sich einig, dass der Konflikt im nördlichen Kaukasus nur auf friedlichem Wege gelöst werden kann. Die Konfliktparteien dürfen es nicht zu einer weiteren Eskalation kommen lassen, sondern sind aufgerufen, unverzüglich in einen politischen Dialog einzutreten."


03.10.
BUNDESAUSSENMINISTER FISCHER TELEFONIERTE MIT DEM RUSSISCHEN AUSSENMINISTER IWANOW ZUR BESORGNISERREGENDEN LAGE IN TSCHETSCHENIEN

Bundesaußenminister Joschka Fischer telefonierte heute (03.10.) mit dem russischen Außenminister Igor Sergejewitsch Iwanow zur sich verschärfenden Lage im nördlichen Kaukasus. Er unterstrich dabei die große Besorgnis der Bundesregierung über die Entwicklung in Tschetschenien und die sich verschlechternde humanitäre Lage der Bevölkerung in der Region.

Eine Lösung des Konflikts müsse mit friedlichen Mitteln und durch unverzügliche Aufnahme politischer Gespräche erreicht werden, hob der Bundesaußenminister gegenüber der russischen Seite hervor. Eine friedliche Bewältigung des Konflikts läge auch im Interesse der innerrussischen Stabilität.

Beide Minister waren sich einig, dass der Konflikt im Kaukasus nur auf politischem Wege einer Lösung zugeführt werden kann. Die Minister vereinbarten, Mitte Oktober in Nowgorod zusammenzukommen und im Rahmen dieser Begegnung die Gespräche zur Lage im Nord-Kaukasus ausführlich fortzusetzen.


08.10.
FISCHER ZUR SITUATION IN TSCHETSCHENIEN UND ZUR LAGE DER FLÜCHTLINGE IM NORDKAUKASUS

Bundesaußenminister Joschka Fischer erklärte heute zur Situation in Tschetschenien und zur Lage der Flüchtlinge im Nordkaukasus:
"Die Berichte über das Elend der Flüchtlinge im Nordkaukasus geben Anlaß zu großer Sorge. Nach aktuellen Angaben verschlechtert sich die humanitäre Lage in der Region von Tag zu Tag. Die andauernden Kämpfe, zuerst in Dagestan und jetzt in Tschetschenien, haben bereits viele Menschenleben gekostet und mehr als 130.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Die humanitäre Notlage der Flüchtlinge erfordert sofortiges Handeln.

Die Bundesregierung ist zu schneller Hilfe bereit. Der Arbeitsstab Humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes hat erste konkrete Projekte zur Notversorgung der Flüchtlinge vorbereitet. Wir unterstützen außerdem nachdrücklich die Hilfsangebote der Europäischen Union, des UNHCR und des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes für die Region.

Ich fordere die russische Regierung auf, die ihr angebotene internationale Hilfe nicht länger zurückzuweisen und im Interesse der notleidenden Menschen die internationalen Hilfsorganisationen ins Land zu lassen und eng mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Ich appelliere erneut an die russische Regierung, durch den Beginn eines Dialoges den Weg zu einer politischen Lösung des Konfliktes zu eröffnen. Nur auf diese Weise kann eine Regelung im Interesse Russlands und der Menschen der Region gefunden werden."


10.10.:
BUNDESAUSSENMINISTER JOSCHKA FISCHER ERKLÄRTE HEUTE NACH EINEM TELEFONAT MIT SEINEM RUSSISCHEN AMTSKOLLEGEN IGOR IWANOW ZUM TSCHETSCHENIENKONFLIKT:

"Die gegenwärtige militärische Eskalation des Tschetschenienkonfliktes gibt Anlaß zu großer Sorge. Es besteht die Gefahr einer langfristigen militärischen Auseinandersetzung und Destabilisierung der gesamten Region. Das Leid der immer stärker betroffenen Zivilbevölkerung erfordert entschlossenes Handeln. Die Menschenrechte und die Grundregeln der Menschlichkeit müssen strikt beachtet werden.

Die Bundesregierung fordert die russische Regierung nachdrücklich dazu auf, die von ihr eingegangenen Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts einzuhalten. Der OSZE-Verhaltenskodex von 1994 verpflichtet Russland dazu, im Falle eines Streitkräfteeinsatzes im Inneren des Landes keine unverhältnismäßige Gewalt anzuwenden, Beeinträchtigungen von Zivilpersonen zu vermeiden und internationale humanitäre Hilfsaktionen zur Linderung des Leids der Zivilbevölkerung zu ermöglichen.

Auf der Grundlage des engen, partnerschaftlichen Verhältnisses fordert die Bundesregierung die russische Regierung auf, diese Verpflichtungen zu respektieren und das internationale humanitäre Recht zu beachten."

Beide Minister vereinbarten, am kommenden Donnerstag (14.10.) in St. Petersburg zu ausführlichen Gesprächen zusammenzutreffen.


Deutsch-französisch-italienische Erklärung zur Situation in Tschetschenien

Frankreich, Deutschland und Italien sind zutiefst besorgt über die Verschlechterung der Situation in Tschetschenien, über die dramatischen Konsequenzen, die diese Verschlechterung für die Zivilbevölkerung mit sich bringt, und über die Eskalationsrisiken für die Stabilität der Region.

Frankreich, Deutschland und Italien rufen zum Dialog auf und zur Suche nach einer politischen Lösung. Nur dadurch kann eine Regelung gefunden werden, die den Interessen Rußlands und der Völker der Region entspricht.

Frankreich, Deutschland und Italien bestätigen, dass sie sich der territorialen Integrität der russischen Föderation verpflichtet fühlen.

Frankreich, Deutschland und Italien bekräftigen ihre Verurteilung terroristischer Akte auf dem Territorium der russischen Föderation. Sie wünschen, dass diese Akte vollständig aufgeklärt werden.

Frankreich, Deutschland und Italien haben mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass die russische Führung den Zeitplan, der für die nächsten Wahlen vorgesehen ist, respektiert.

30.09.1999


Tschetschenien: Fischer warnt vor Eskalation

Nach Angaben der Nachrichtenagentur AP haben russische Panzer und Panzerfahrzeuge am Freitag einen Vormarsch auf Tschetscheniens Hauptstadt Grosny begonnen. Eine Kolonne von etwa 100 Fahrzeugen sei in die 15 Kilometer von Grosny entfernte Ortschaft Tolstoi-Jurt vorgedrungen. Sechs Hubschrauber hätten auf mutmaßlichen Rebellenstützpunkte geschossen.

Zuvor hatten russische Truppen die strategisch wichtige Stadt Goragorski eingenommen. Wie ein AFP-Reporter am Freitag vor Ort berichtete, drangen russische Soldaten in die Stadt ein. Die Streitkräfte wollen mit der Eroberung Goragorskis einen Korridor in Richtung der tschetschenischen Hauptstadt Grosny freikämpfen.


Fischer kritisiert russische Offensive

Bundesaußenminister Joschka Fischer hat vor einer drohenden Eskalation des Tschetschenien-Konfliktes gewarnt und erneut an Moskau appelliert, die Waffen zum Schweigen zu bringen. Bombardements führten nicht nur zu einer humanitären Katastrophe, sondern erschwerten auch eine politische Lösung. Sie könnten letztlich die Islamisten unterstützen, sagte Fischer am Freitag nach zweitägigen Gesprächen mit dem russischen Außenminister Igor Iwanow in St. Petersburg.

Iwanow rechtfertigte den russischen Einmarsch in die abtrünnige Kaukasus-Republik als Mittel im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Moskau sei sich aber bewusst, dass der Konflikt letztlich nur auf politischem Wege gelöst werden könne. Er warf den westlichen Medien einseitige Berichterstattung über den Konflikt vor.

Der russische Feldzug in Tschetschenien rufe "tiefe Sorge" bei der Bundesregierung hervor, sagte Fischer weiter. Die Staatengemeinschaft müsse internationalen Terrorismus mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen: "Wir halten eine politische Lösung für unverzichtbar." Diese müsse alle demokratischen Kräfte auch in Tschetschenien einschließen.

Iwanow warf der tschetschenischen Führung vor, im Gegensatz zu Moskau Verhandlungen über eine politische Lösung des Kaukasus-Konfliktes seit Ende des Tschetschenien-Krieges 1996 blockiert zu haben.

Russland und Tschetschenien hatten in den Friedensabkommen die Klärung des künftigen politischen Status der separatistischen Republik bis zum Jahre 2001 aufgeschoben. Diese Zeit sei in Grosny für die "Bildung von Banditen-Gruppen genutzt worden", sagte er. Iwanow deutete dabei an, das Moskau den gewählten tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow nicht mehr anerkenne.

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