11. September 2001 und die Folgen
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Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald

1. Brief an Claudia Roth

2. Beschluß der KMV vom 10.10.2001




23.10.01

Liebe Claudia Roth,

wir freuen uns, dass endlich auch vom Bundesvorstand Forderungen nach einer Einstel-lung der Bombardements in Afghanistan laut werden. Der Krieg in Afghanistan nimmt im-mer mehr den Charakter eines Vergeltungskrieges an. Aussagen von Präsident Bush wie: "Jetzt muss die Taliban einen Preis bezahlen", bestätigen dies. Nur, den Preis bezahlt hauptsächlich das Afghanische Volk.

Alle Versuche, die Flüchtlingsströme und die humanitäre Katastrophe, die über die Men-schen in Afghanistan hereingebrochen ist, allein dem Talibanregime anzulasten können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen gegenwärtig hauptsächlich vor den Bomben und Raketen der USA und Englands und nicht vor den Taliban fliehen. Auch die Arbeit der Hilfsorganisation, ist durch die Bombardements noch mehr erschwert wor-den. Dabei verkennen wir keineswegs, dass die Taliban ein schreckliches und menschen-verachtendes Regime ausüben.

Wir unterstützen Deine Forderungen nach Aufhebung der Bombardements und der Be-kämpfung des Terrors mit rechtsstaatlichen Mitteln und wünschen Dir genügend Kraft und Durchhaltevermögen um den Angriffen, denen Du von vielen Seiten ausgesetzt bist, standzuhalten.

Auch der Bundeskanzler muss begreifen, dass wir Grüne nicht brave Parteisoldaten, son-dern selbständig denkende Menschen sind, die sich ihre Meinung nicht von Regierungs-mitgliedern oder Parteivorsitzenden diktieren lassen.

Auf unserer letzten Mitgliederversammlung hatten wir eine Resolution verabschiedet, in der wir unseren Standpunkt deutlich gemacht haben. Die Resolution liegt diesem Brief bei.

Herzliche grüne Grüße

Dora Pfeifer-Suger Till Westermayer Gudrun Wöbbeking


Bündnis 90 / Die Grünen KV Breisgau-Hochschwarzwald

Terrorismus politisch bekämpfen, nicht Kriege führen!

Entsetzen, Abscheu und Trauer sind groß angesichts der brutalen Terroranschläge in den USA. Vor allem den vielen Opfern und ihren Angehörigen gilt unser ganzes Mitgefühl. Die Anschläge in den USA sind ein schreckliches Verbrechen von riesigem Ausmaß, für das es keine Rechtfertigung geben kann: Die Anschläge von New York waren ein Verbrechen an der Menschheit.

Wir halten es für unabdingbar, dass diese Verbrechen aufgeklärt werden. Die Täter und deren Hin-termänner müssen festgenommen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verurteilt werden. Die internationale Gemeinschaft muss endlich die Voraussetzungen schaffen, damit der 1999 von ei-ner großen Staatenkonferenz in Rom beschlossene Internationale Strafgerichtshof seine Arbeit aufnehmen kann. Bisher haben erst 40 der 139 Staaten das Statut ratifiziert. Vor allem die USA sind jetzt gefordert schnell die Ratifizierung vorzunehmen.

Wir sind aber auch entsetzt darüber, dass das Ausmaß der Militärschläge gegen Afghanistan weit über einen polizeiähnlichen Eingriff zur Ergreifung von Tätern hinausgeht. Opfer unter der Zivilbe-völkerung sind ebenso wie die jetzt einsetzende Massenflucht zwangsläufige Folgen dieser Angrif-fe. Auch ihnen und ihren Angehörigen gilt unser ganzes Mitgefühl. Militärische Mittel im Kampf gegen den internationalen Terrorismus halten wir für die falsche Methode. Auch die Strategie "Brot und Bomben" kann nicht über die Grausamkeit von Kriegshandlungen hinwegtäuschen. Eng be-grenzte militärische Aktionen mit Polizeicharakter könnten dann akzeptiert werden, wenn sich die-se unter Wahrung der Grundsätze des Völkerrechts und der Menschenrechte ausschließlich gegen die unmittelbar Verantwortlichen für den Terror richten und deren Ergreifung zum Ziel haben. Ge-rechtigkeit, nicht Rache und Vergeltung müssen Ziel allen Handelns sein.

Wir sind besorgt über die immer wieder bekräftigten "uneingeschränkten Solidaritätserklärungen" des Bundeskanzlers gegenüber den USA, die ausdrücklich auch militärische Vorgehensweisen und militärische Unterstützung durch die Bundesrepublik einschließen. In Anbetracht aktueller Äu-ßerungen amerikanischer Regierungsmitglieder, einen Kampf gegen den Terrorismus zu führen, der sich auf mehrere Staaten erstrecken werde und wo es nicht nur darum gehe, Terroristen fest-zunehmen, sondern auch darum Staaten auszuschalten, ist eine kritische Solidarität angebracht, die dort enden muss, wo neues Unrecht und Leid verursacht wird. Eine Beteiligung der Bundes-wehr an Kriegshandlungen lehnen wir ab. Wir appellieren an die Bundesregierung, auf ein Ende der Militärschläge hinzuwirken, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen und eine Deeskalation einzuleiten.

Das Primat der Politik muss wieder die Oberhand gewinnen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Wirtschaftliche Ungerechtigkeit und Unterdrückung sind der Nährboden, auf dem der Terrorismus gedeiht. Nicht militärische Stärke und Gewalt können die Konflikte lösen und den Ter-ror verhindern. Notwendig ist eine Politik, die den Menschen in der ganzen Welt ein menschen-würdiges Leben ermöglicht und ihnen Zukunftsperspektiven vermittelt. Dazu gehört eine Verminde-rung der Rüstungsexporte ebenso wie eine Politik, die soziale und ökonomische Ungleichheiten vermindert, die Demokratie und Menschenrechte unterstützt, Unterdrückung und Ausbeutung sanktioniert und die Armut bekämpft.

Im diesem Sinne gehören die Bemühungen, den Friedensprozess im Nahen Osten wieder in Gang zu bringen, zu den vordringlichsten Aufgaben der Politik. Die Palästinenser brauchen einen eige-nen Staat und eine Zukunftsperspektive und der Staat Israel sichere Grenzen.

Wir begrüßen die Bemühungen um humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge in Afghanistan durch die UN und die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel. Humanitäre Hilfe muss politisch neutral geleistet werden und streng darauf abzielen, dass diese die Hilfsbedürftigen auch wirklich erreicht.

Beschlossen auf der Kreismitgliederversammlung des KV Breisgau-Hochschwarzwald am 10.10.01