11. September 2001 und die Folgen
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Bonn, den 10.10.2001

Bonner Gruene fordern Einstellung der Angriffe auf Afghanistan
"Militaerische Zurueckhaltung heisst nicht Untaetigkeit gegen Terror"

Der Bonner Kreisverband von Buendnis 90/Die Gruenen hat sich auf seiner ordentlichen Mitgliederversammlung am 9. Oktober fuer ein entschlossenes Vorgehen gegen den Terrorismus ohne Einsatz militaerischer Gewalt ausgesprochen und ein schnelles Eingreifen der internationalen Gemeinschaft zur Rettung der afghanischen Fluechtlinge angemahnt. Nach dreistuendiger Diskussion, die von Nachdenklichkeit und Sorge ueber die weitere Entwicklung des Konflikts gepraegt war, fasste die Mitgliederversammlung mit 23 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen einen Beschluss, in dem die Einstellung der Angriffe auf Afghanistan gefordert wird, "um die afghanische Zivilbevoelkerung zu schonen, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen und eine weitere Eskalation des Konflikts mit unabsehbaren Risiken zu vermeiden".

In der Diskussion erinnerte Kreisverbandssprecher Jens Kendzia an die Lichterkette, die die Bonner Gruenen am 12. September zum Gedenken an die Opfer der Terroranschlaege auf dem Muensterplatz organisiert hatten: "So aufrichtig wie wir um die unschuldigen Opfer Terrors trauern, so entschieden muessen wir uns auch gegen militaerische Gegenschlaege wenden, denen unweigerlich andere unschuldige Menschen zum Opfer fallen werden". Andere Diskussionsteilnehmer zeigten sich besorgt ueber eine weitere Eskalation des Konflikts und eine moegliche Destabilisierung des Atomwaffenstaates Pakistan. "Kriegerische Angriffe bergen immer ein unkontrollierbares Eskalationspotential in sich", meinte etwa das fruehere Vorstandsmitglied Achim Joest, "Mit der ersten Bombe, die faellt, sind alle schoenen Planungen Makulatur".

Grosse Einigkeit herrschte in der Debatte mit Blick auf die nichtmilitaerischen Schritte zur Bekaempfung des Terrorismus und seiner Ursachen. Kendzia sagte dazu: "Militaerische Zurueckhaltung heisst nicht Untaetigkeit gegenueber dem Terror". Neben verstaerkter internationaler Zusammenarbeit bei der strafrechtlichen Verfolgung von Terroristen und nachhaltigem diplomatischwirtschaftlichen Druck auf Regierungen, die Terrorismus unterstuetzen, beduerfe es einer Staerkung der Vereinten Nationen und des internationalen Rechts. "Ausserdem muessen wir die Quellen trocken legen, aus denen sich terroristische Gewalt speist: Perspektivlosigkeit und Armut, Ungerechtigkeit und Unterdrueckung in der Welt," ergaenzte Kreisvorstandssprecherin Beate BaenschBaltruschat. "Wir Gruenen sehen uns daher bestaetigt in unserem Eintreten fuer eine gerechtere, solidarische Weltwirtschaftsordnung".

Im Anschluss an die Veranstaltung riefen die Bonner Gruenen zur Teilnahme an der Friedensdemonstration der Beueler Friedensinitiative auf, die am 13. Oktober unter dem Motto "Den Terror ueberwinden! Solidaritaet: ja! Krieg: nein!" auf dem Muensterplatz stattfinden soll.

Anliegend finden Sie den Beschluss der Bonner Kreismitgliederversammlung im Wortlaut.
Rueckfragen an Jens Kendzia 01704472973
Buendnis 90/Die Gruenen Kreisverband Bonn


Friedenspolitik gegen Terror Kriegerische Eskalation beenden
und Fluechtlinge retten

Knapp 4 Wochen nach den grauenhaften Terroranschlaegen in den USA wird nun Afghanistan bombardiert. Ob es dabei bereits zivile Opfer gegeben hat, dies ist zur Zeit noch umstritten. Fakt ist aber weit mehr als 6 Millionen afghanische Menschen befinden sich aufgrund der amerikanischen Angriffe unter katastrophalen Umstaenden auf der Flucht und sind vom Hungertod bedroht und toedlichen Krankheiten schutzlos ausgeliefert. Die bisherigen westlichen Hilfen sind voellig unzureichend. Die Grenzen zu den Nachbarlaendern Pakistan, Tadschikistan und Iran sind geschlossen. Und in etwa einem Monat ist der Wintereinbruch zu erwarten, der die Zustaende noch drastisch verschaerfen wird und eine humanitaere Katastrophe befuerchten laesst. Sofortige und ausreichende Nahrungsmittelhilfen, wie sie von der Bundesregierung und der internationalen Gemeinschaft in Aussicht gestellt wurden, sind daher dringend erforderlich und es muss sichergestellt werden, dass diese Hilfe die Beduerftigen in Afghanistan auch wirklich erreicht.

Die jetzige Situation macht erneut deutlich, dass militaerische Aktionen und kriegerische Auseinandersetzungen letztlich entgegen allen Versprechungen von politischer Seite in erster Linie die Zivilbevoelkerung treffen. Fuer ein entschlossenes Vorgehen gegen den Terrorismus ! Den Opfern der Terroranschlaege in den USA, ihren Angehoerigen und dem gesamten amerikanischen Volk gilt unser tiefes Mitgefuehl. Mit den Anschlaegen auf das World Trade Center und das Pentagon hat der Terrorismus eine grauenhafte neue Dimension erlangt. Wie sich mittlerweile abzeichnet, wurden bei diesen kaltbluetigen Angriffen auf die zivile Bevoelkerung mehr als 5.000 Menschen getoetet. Die Taeter, Organisatoren und Verantwortlichen dieses Massenmordes muessen, wie von den Vereinten Nationen gefordert, ausfindig gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden. Darueber hinaus bedarf es einer entschlossenen, international koordinierten Anstrengung, um terroristische Gruppen strafrechtlich zu verfolgen und weiteren Terroranschlaegen vorzubeugen. Hierbei stehen der internationalen Gemeinschaft vielfaeltige diplomatische, wirtschaftliche und polizeiliche Mittel zur Verfuegung, die es unter Beachtung rechtsstaatlicher und voelkerrechtlicher Grundsaetze klug und zielfuehrend einzusetzen gilt.

Kriegerische Eskalation beenden ! Den Einsatz kriegerischer Mittel im Kampf gegen den Terrorismus lehnen Buendnis 90/Die Gruenen ab.

· Kriegseinsaetze treffen immer auch die Falschen: gezielt angegriffene oder "kollateral" getroffene Zivilisten, Alte und Kinder. So aufrichtig wir um die unschuldigen Opfer der Terroranschlaege in den Vereinigten Staaten trauern, so entschieden wenden wir uns gegen militaerische Gegenschlaege, denen unweigerlich andere unschuldige Menschen zum Opfer fallen werden.

· Gewalt erzeugt Gegengewalt. Insofern drohen die kriegerischen Einsaetze von heute die Saat zu saeen fuer den Terrorismus von morgen. Zudem koennen sie ganze Weltregionen destabilisieren und damit neue Krisenherde schaffen. In mehreren arabischislamischen Staaten sind bereits jetzt Destabilisierungstendenzen festzustellen, die sich leicht ausweiten koennen. UEberdies eroeffnet jeder kriegerische Einsatz ein unkontrollierbares Eskalationspotential.

Wir fordern daher eine Einstellung der Angriffe auf Afghanistan, um die afghanische Zivilbevoelkerung zu schonen, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen und eine weitere Eskalation des Konflikts mit unabsehbaren Risiken zu vermeiden.

Ursachen des Terrorismus bekaempfen ! Eine nachhaltige und zielgerichtete Politik der Terrorismusbekaempfung kommt nicht umhin, nach den Ursachen terroristischer Gewalt und ihrer verbreiteten Akzeptanz in weiten Teilen der Welt zu fragen. Perspektivlosigkeit und Armut, Ungerechtigkeit und Unterdrueckung als Quellen zu benennen, aus denen sich terroristische Gewalt speist, bedeutet nicht, Terrorismus zu rechtfertigen. Diese Probleme gilt es nun noch intensiver als bisher anzugehen nicht als Nachgeben gegenueber den Terroristen, sondern um die Ursachen fuer kuenftigen Terrorismus zu beseitigen.

Buendnis 90/Die Gruenen begruessen daher verstaerkte diplomatische Initiativen zur friedlichen Beilegung schwelender Konflikte. Wir fuehlen uns bestaerkt in unser Forderung nach einer entschlossenen Politik gegen Hunger und Armut und fuer eine gerechtere, solidarische Weltwirtschaftsordnung, sowie fuer eine Staerkung der Vereinten Nationen und des internationalen Rechts. Die Welt braucht im Kampf gegen Terror und Gewalt zivilisierte Problemloesungen und einen sozialen und oekologischen Globalisierungsprozess.

Beschlossen auf der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes am 9. Oktober 2001.