Friedensratschlag: Stellungnahme zur Umstrukturierung der Bundeswehr
Liebe Friedensfreunde,
anlässlich der Veröffentlichung der Empfehlungen der Kommission Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr unter Richard von Weizsäcker hat der Bundesausschuss Friedensratschlag Kassel eine Stellungnahme zur eingeläuteten weitreichenden Umstrukturierung der Bundeswehr erarbeitet, die ihr in der Anlage findet.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag ist ein offenes Gremium der Friedensbewegung, das den alljährlichen bundesweiten und internationalen Friedensratschlag in Kassel (der 7. Ratschlag findet 2./3. Dezember 2000 in der Gesamthochschule Kassel statt) vorbereitet, und sich als ein Koordinationsgremium der Friedensbewegung versteht.
In der Stellungnahme wird das Weizsäcker-Papier ebenso einer kritischen Analyse unterzogen wie das parallel erarbeitete Papier des scheidenden Generalinspekteurs von Kirchbach. Sie weist auf gravierende Defizite in der öffentlichen Debatte hin und formuliert notwendige Alternativen.
Die Stellungnahme ist auf dem Weg zu den Medien. Wir hoffen, Euch Anregungen zu weiter notwendigen Diskussionen geben zu können und wünschen uns Rückmeldungen und Gedanken dazu von Euch zurück.
Bitte beachtet auch die Homepage des Bundesausschusses:
www.Friedensratschlag.de.
Hier findet Ihr weitere Informationen zum Thema Bundeswehr u.v.m..Mit herzlichen Grüßen
Lühr Henken
Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag zur Umstrukturierung der Bundeswehr Mit der öffentlichen Vorstellung der Empfehlungen der von der rot-grünen Bundesregierung eingesetzten Kommission "Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr" unter dem Vorsitz des Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker wird nach der Remilitarisierung der Bundesrepublik Deutschland vor 45 Jahren nun eine zweite historische Zäsur bundesdeutscher Militärpolitik eingeläutet.
Die Empfehlungen der Weizsäcker-Kommission unterscheiden sich zwar in einigen Punkten von denen, die die von Minister Scharping eingesetzte Arbeitsgruppe unter Generalinspekteur von Kirchbach erarbeitet hat. Der Minister ist an keine der Arbeitsergebnisse gebunden. In der wesentlichen Zielbestimmung der Bundeswehr herrscht aber weitgehende Übereinstimmung zwischen allen bisher vorliegenden Reformvorschlägen: An die Stelle der Landesverteidigung (gemäß Art. 87a GG) tritt die Interventionsfähigkeit. Eine Analyse der vorliegenden Papiere lässt zusammenfassend folgende Entwicklung erkennen:
Die Bundeswehr erhält durch die beabsichtigte Aufstockung ihrer sogenannten Krisenreaktionskräfte (Schnelle Eingreiftruppen) auf das zwei- bis dreifache eine strukturelle Angriffsfähigkeit. Durch die Verringerung der Zahl der Wehrpflichtigen und des zivilen Personals, durch Outsourcing nicht-militärischer Komponenten und andere strukturelle Maßnahmen wird Ballast abgeworfen, um die seit 1996 konkret geplanten Anschaffungen neuer Kriegswaffen, die im Zeitraum von 2001 bis 2015 mindestens 210 Mrd. DM verschlingen werden, finanzieren zu können. Diese auf hohe Mobilität und Flexibilität und hohe Präzision der Waffenwirkung abzielende Kriegswaffenmodernisierung, gepaart mit autonomer strategischer Aufklärung soll die Truppe befähigen, gleichzeitig mindestens zwei Kriege - für NATO und/oder EU - weltweit führen und gewinnen zu können. Die rot-grüne Bundesregierung setzt getreu der Vorgabe der geheim gehaltenen Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) aus dem Jahr 1992 die Militarisierung der deutschen Außenpolitik fort, um mit der Bundeswehr den "politischen Handlungsspielraum Deutschlands und das Gewicht, mit dem die deutschen Interessen international zur Geltung gebracht werden können," (VPR) bedeutend zu erweitern.
Vor zehn Jahren waren Bundeswehr und NATO mit der Auflösung des Warschauer Pakts und der Sowjetunion nicht nur der Gegner, sondern auch die Legitimation und die Identität abhanden gekommen. Abgerüstet wurde in den europäischen NATO-Staaten im Gegensatz zum einstigen Gegner dennoch kaum. Russland gibt heute nur ein Sechstel dessen für Rüstung aus, was die Sowjetunion zum Höhepunkt des Kalten Krieges ausgab und es hat sämtliche Verbündeten verloren. Die europäischen NATO-Staaten hingegen geben nur ein Sechstel weniger aus als vor 15 Jahren. Die NATO expandiert geografisch. Sie leistet sich in Europa dreieinhalb Mal so viel Soldaten und bei den konventionellen Waffensystemen des KSE-Vertrages eine Überlegenheit zwischen 47 und 227 Prozent gegenüber Russland. Hier liegen enorme Abrüstungspotenziale für die NATO, wie wir in unserem Friedensmemorandum 1999 bereits feststellten. Beim Blick auf die konventionellen Kriegsmarinen wird die Überlegenheit der NATO besonders augenfällig. Allein die europäischen NATO-Staaten liegen bei Überwasserkampfschiffen 214 zu 25 und bei U-Booten mit 104 zu 38 gegenüber Russland vorn.
Doch solche Fakten, die eine außerordentliche konventionelle Überlegenheit der NATO belegen, finden keinen Eingang in die vom Ministerium geforderten Bedrohungsanalysen. Stattdessen feilen Militärs seit zehn Jahren an neuen strategischen Konzepten, in denen neue - im Unklaren gehaltene - Risiken und Bedrohungspotenziale angedeutet werden und sogar der Bundeswehreinsatz für wirtschaftliche Zwecke vorgesehen ist. In einer beispiellosen "Salamitaktik" wurde versucht, das bisherige Bundeswehr-Image eines altertümlichen Fossils des Kalten Krieges zu desavouieren und mit dem Slogan "Schützen - Retten - Helfen" die Notwendigkeit stetig wachsender Militäreinsätzen weit entfernt von Europas Gestaden bis hin nach Kambodscha und Somalia zu begründen. Dass dies vor allem Public Relation war, zeigte sich spätestens mit den deutschen Beteiligungen an den Bundeswehr-Auslandseinsätzen im ehemaligen Jugoslawien ab August 1995.
Die Kohl-Regierung betrieb schrittweise eine Aushöhlung des Grundgesetzes und arbeitete systematisch an der Unterminierung des deutschen Nachkriegskonsenses der außenpolitischen Zurückhaltung. Ihre Politik missachtete den Artikel 87a GG, wonach Deutschland nur zur Landesverteidigung Streitkräfte aufstellen darf. SPD und Grüne brachen mit ihren antimilitaristischen Grundsätzen. Mit dem Angriffskrieg gegen Jugoslawien brachen sie sogar das Völkerrecht, den 2+4-Vertrag und das Grundgesetz. Die NATO erweiterte nicht nur ihr Bündnisgebiet, sondern auch ihr Kriegsführungsgebiet "out of area".
Die öffentliche Philosophie dieser Kriegseinsätze speist sich aus einer Verpflichtung für die Menschenrechte und dem Kampf gegen ihre Verletzung. Der Menschenrechtsbegriff wird dabei unzulässig verengt, instrumentalisiert und selektiv angewendet. Der Kampf um den Schutz von Menschenrechten erweist sich im Krieg gegen Jugoslawien als vorgeschoben. Der verheerende Bombeneinsatz gegen zivile Ziele in Jugoslawien führt die menschenrechtliche Begründung per se ad absurdum. Die Schädigungen für die jugoslawische Bevölkerung sind lang anhaltend und bergen - bei andauerndem Embargo - die Gefahr in sich, ähnliche inhumane Folgen zu zeitigen, wie sie das zehnjährige Embargo gegen den Irak hervorrufen.
Diese von den Vereinigten Staaten zusammen mit ihren Verbündeten geführten Kriege stellen - klassisch - die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln dar. Zur Durchsetzung zum Teil unannehmbarer Forderungen (Rambouillet) wird mit militärischen Drohungen nachgeholfen. Wird den Forderungen nicht nachgekommen, gnadenlos bombardiert. Leidtragende sind immer nur die Zivilbevölkerung dieser Länder und besonders Kinder. Der NATO-Krieg gegen Jugoslawien führte zudem erstmalig zu einem offenen Bruch der UN-Charta und setzte an ihre Stelle das nackte Faustrecht des Stärkeren.
Diese Art von "Konfliktlösung" ist antiquiert und gehörte längst auf den Müllhaufen der Geschichte. Sie widerspricht dem Versprechen der rot-grünen Koalitionsvereinbarung, wonach deutsche Außenpolitik "Friedenspolitik" sei. Sie widerspricht auch den Versprechungen, Außen- und Sicherheitspolitik vornehmlich als "präventive" Krisenverhütung bzw. als zivile Konfliktbearbeitung zu betreiben.
Zur Ausrüstung der 140.000 (Weizsäcker-Papier) bzw. 157.000 (Kirchbach-Papier) Mann "präsenter Einsatzkräfte" sollen speziell konzipierte Kriegswaffen angeschafft werden. Sie sind in den Papieren zum Teil nicht ausdrücklich benannt, in jedem Fall ausdrücklich nicht quantifiziert. Sie werden hinter Sammelbegriffen versteckt, wie z.B. "Präzisionsbewaffnung mit Abstandsfähigkeit unter Allwetterbedingungen", worauf die Weizsäcker-Kommission den Schwerpunkt in der Ausrüstung legen möchte. Diese Waffen sind seit Jahren in der Forschungs-, Entwicklungs- oder Erprobungsphase bzw. ihre Herstellung hat bereits begonnen. Dazu zählen
· die extrem kampfstarken neuen 80 (von geplanten 212) Kampfhubschrauber TIGER, zur Herstellung einer neuen Deep-Battle-Kapazität des Heeres;
· ab 2003 neuartige Präzisions-Kampfdrohnen TAIFUN, die in Schwärmen abgefeuert noch in 170 km Entfernung Gefechtsstände von Panzern und LKW unterscheiden können sollen, um sie zu zerstören;
· für die Deutsche Marine völlig neuartige speziell für den Flachwasserkrieg vor fremden Küsten konzipierte Korvetten. Von ihnen sollen speziell Ziele an Land bekämpft werden können. Für die ersten fünf (von geplanten 15) soll das Bewilligungsverfahren noch vor der Sommerpause der Bundestages abgeschlossen werden;
· bis 2006 drei neue Fregatten, die zusammen mit den Korvetten den Verbund des Seekrieges von Hoher See aus in die Küste hinein ermöglichen sollen. Diese F 124 sind mit rund 1,3 Mrd. DM pro Stück die teuersten deutschen Kriegswaffen aller Zeiten;
· ab 2006 für Heer und Marine neuartige - in der Welt einzigartige - manuell über ein Kabel lenkbare Präzisionsflugkörper POLYPHEM, die in noch 100 km Entfernung gezielt durch Fenster lenkbar sein sollen, um dann zu explodieren;
· neue außenluftunabhängige U-Boote, von denen zunächst vier (von insgesamt 12) bis 2006 angeschafft werden sollen. Mit neuen Hochleistungstorpedos werden sie zu den kampfstärksten konventionellen U-Booten der Welt;
· ab 2002 neue deutsche Marschflugkörper TAURUS für die TORNADOS mit einer Reichweite von 350 km zur Zerstörung verbunkerter Ziele;
· ab 2005 soll das erste EUROFIGHTER-Geschwader einsatzfähig sein;
· ab 2010 acht neue Fregatten F 125 zum artilleristischen und Flugkörperbeschuss fremden Territoriums und zur Abwehr ballistischer Flugkörper.Zusätzlich werden u.a. neue Transportkapazitäten zu Lande (GTK), zu Wasser (Einsatzgruppenversorger, Weizsäcker: Truppentransporter,) und in der Luft (Hubschrauber NH-90, luftbetankbare Transportflugzeuge FTA) verlangt. Neben der weltumspannenden Satellitenkommunikation zur Truppenführung soll in europäischer autonomer Regie eine globale militärische Satellitenaufklärung treten.
Die qualitative Aufrüstung führt unweigerlich zu folgender verheerender Konsequenz: Je eher die qualitativ neuen Offensivwaffen in der Bundeswehr eingeführt und die entsprechende Führungsstruktur implementiert ist, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit und die Bereitschaft von Politik und Militär, mit Krieg zu drohen und die Waffen auch einzusetzen. Kriege mit deutscher Beteiligung würden dann zunehmen. Die Absicht der Weizsäcker-Kommission, die Bundeswehr in die Lage zu versetzen, pro Jahr zwei größere "Kriseneinsätze" à la Kosovo im Ausland gleichzeitig durchzuführen, bedeutet nichts anderes, als den Kriegsfall zum Normalzustand der Bundeswehr zu machen.
Das Motto rot-grüner Außenpolitik: "Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik" wird ins Gegenteil verkehrt. Ehrlicherweise müsste es dann heißen: "Deutsche Außenpolitik ist Kriegspolitik".
Allein für die Umsetzung der bereits im Bundeswehrplan 1997 vorgesehenen 30 "Wesentlichen Großvorhaben" würden ab 2001 nicht weniger als 140 Mrd. DM Investitionsmittel aufgebraucht werden müssen. Die insgesamt über 200 Waffenprojekte werden zwischen 2001 und 2015 mindestens 210 Mrd. DM verschlingen. Dies würde jährliche Investitionen von 14 Mrd. DM voraussetzen. Die Weizsäcker-Kommission legt ihrem Finanzmodell bis 2010 eine Investitionssumme von insgesamt 120 Mrd. DM zu Grunde, also jährlich 12 Mrd. DM. Dies würde sicher nicht ausreichen, die selbst gesteckten ehrgeizigen Aufrüstungspläne zu finanzieren. Für die von der Weizsäcker-Kommission geforderten "kostspieligen Modernisierungsmaßnahmen" werden aber die veranschlagten zusätzlichen Mittel von drei Mrd. DM pro Jahr nicht ausreichen; realistischer sind fünf Milliarden. Wie diesen Ansprüchen zu entsprechen ist, liegt zunächst beim Verteidigungsministerium: Entweder werden die Beschaffungen gestreckt bzw. gestrichen oder der Etat wird entsprechend erhöht oder es wird entsprechend mehr bei den Personal- und Betriebskosten gekürzt.
Das Weizsäcker- und Kirchbach-Papier gleichen sich auch in puncto Größe der Teilstreitkräfte Luftwaffe und Marine und bei der Anzahl der Berufs- und Zeitsoldaten. Allerdings gibt es hinsichtlich der Anzahl der Wehrpflichtigen eine beachtliche Differenz von 84.500 (Kirchbach) zu 30.000. Die ist auch bestimmend für die Unterschiede in der Personalstärke des Heeres und der Gesamtpersonalstärke (Kirchbach 290.000, Weizsäcker 240.000). Leider wird die öffentliche Diskussion fast ausschließlich von dieser Debatte bestimmt, obwohl sie - im Kontext der grundsätzlichen Neuausrichtung der Bundeswehr auf Out-of-area-Einsätze eher als Marginalie zu bewerten ist. Denn die Fähigkeit zum Militärinterventionismus der Bundeswehr war und ist nicht davon abhängig, ob es eine Wehrpflicht gibt oder nicht. Der Charakter der Bundeswehr wird künftig von ihrer Kriegsführungsfähigkeit bestimmt sein und nicht von der Tatsache, ob sie dies als Wehrpflichtigen- oder Freiwilligenarmee bewerkstelligt.
Die Weizsäcker-Kommission sieht erhebliche Einsparmöglichkeiten bei den Kampf- und Schützenpanzerbeständen. Sie sollen von 5.600 auf 3.500 reduziert werden, die gepanzerten Transportfahrzeuge von rund 3.300 auf 2.000. Dass dies "nahezu eine Halbierung der heute vorhandenen Hauptwaffensysteme" bedeute, lässt sich aus dem Zahlenmaterial der Kommission zwar nicht belegen. Dennoch: Der Vorschlag ist begrüßenswert. Gemessen am Gleichgewicht der Kräfte zwischen Russland/Weißrussland auf der einen und der NATO auf der anderen Seite im Europa des KSE-Vertrages vom Atlantik bis zum Ural würde allerdings eine proportionale Abrüstung auf das russische Niveau für Deutschland allein die Kampfpanzerzahl von 3.136 auf 1.306 verringern können. Zur Erklärung: Die NATO verfügt im KSE-Europa über die 2,27-fache Menge an Kampfpanzern wie Russland/Weißrussland.
In unserem Friedensmemorandum 1999 haben wir für die "proportionale Reduzierung der Bundeswehr entsprechend ihres Anteils an der Überrüstung in Europa" gegenüber Russland/Weißrussland plädiert. Auf der Basis aktualisierter Zahlen bedeutet dies im Einzelnen:
· Das Heer lässt sich von 26 Kampfbrigaden auf 11 Brigaden reduzieren, die Kampfhubschrauberverbände von jetzt 3 Regimentern und 1 Staffel auf 2 Regimenter, die Luftwaffengeschwader von 10 auf 6.
· Die Deutsche Marine lässt sich auf unter ein Viertel ihrer derzeitigen Größe reduzieren. Insbesondere 12 der 14 Fregatten können sofort stillgelegt werden.
· Die Bundeswehr wird mit höchstens 120.000 Soldaten und rund 50.000 Zivilangestellten auskommen. Wehrpflicht und Zivildienst entfallen.
· Die Aufgaben der Bundeswehr bleiben auf Landes- und Bündnisverteidigung beschränkt, so dass die Schnellen Eingreiftruppen aufzulösen sind. Das ist auch mit einer Abkehr von der Militarisierung der EU verbunden.
· Für Waffensysteme sind die Beschaffungsvorhaben zunächst auszusetzen und die Forschung, Entwicklung und Erprobung neuer Offensivwaffen ist einzustellen.
Die Umsetzung sämtlicher Abrüstungsmaßnahmen bis 2006 würde bis 2010 schätzungsweise 200 Mrd. DM für andere Maßnahmen der Prävention, der Konversion, der zivilen Katastrophenhilfe, für das Gesundheitswesen und die Pflege- und Altendienste freisetzen.
· Der KSE-Vertrag ist auf die OSZE auszudehnen. Dabei sollten reduzierte Obergrenzen angestrebt werden, die zunächst etwa auf der Hälfte der von uns befürworteten Größen liegen. Neu sollte die Marine ebenso einbezogen werden wie Abstandswaffen aller Art.Die Brisanz des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der NATO gegen Jugoslawien und der globalen Neuausrichtung der NATO-Kriegspolitik ist den Ländern des Südens sehr wohl bewusst. Im April 2000 verurteilten die Regierungsvertreter der 133 Staaten der Blockfreien ("Südgipfel") "entschieden" die sogenannten "humanitären Interventionen" der NATO, ohne das Mandat der UNO eingeholt zu haben. Der Südgipfel repräsentiert fünf der sechs Milliarden Erdenbürger. Sie brauchen keine Militärbündnisse und keine Interventionstruppen, sondern Hilfe zum Überleben, Unterstützung bei der nachhaltigen ökonomischen, sozialen und ökologischen Entwicklung des Globus. Militär wird darin keinen Platz mehr haben. Auch in Deutschland stehen andere Probleme auf der Tagesordnung als der Umbau der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee. Die Zeit ist reif für mehr Abrüstung. Das hat die Weizsäcker-Kommission leider nicht verstanden.
F.d. Bundesausschuss Friedensratschlag:
Lühr Henken und Dr. Peter Strutynski
Kassel/Hamburg, den 23. Mai 2000.