Aus der Frankfurter Rundschau vom Samstag (10.07.99):

Städte helfen Deserteuren
Fischer lehnt Vorhaben von Münster und Osnabrück aber ab

Von Reinhard Voss

DÜSSELDORF, 9. Juli. Münster und Osnabrück dürfen keine Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Jugoslawien und Kosovo bei sich aufnehmen. Das Vorhaben der beiden Städte scheitert am Widerstand des Auswärtigen Amtes und der deutschen Botschaften im Ausland.

Die Kommunen hatten Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnisgrüne) gebeten, die von seinen Vorgängern in dieser Sache betriebene Blockadepolitik aufzugeben und die deutschen Auslandsvertretungen anzuweisen, Deserteuren Visa für die Reise nach Münster oder Osnabrück auszustellen. Fischer solle Innenminister Otto Schily bewegen, ein "Sonderkontingent zur Aufnahme von Deserteuren einzurichten".

Im Mai 1996 hatte die rot-grüne Mehrheit im Stadtparlament von Münster beschlossen, Deserteure aus Kriegsgebieten aufzunehmen. Im März 1998 faßte der Rat der Stadt Osnabrück einen ähnlichen Beschluß. Die Idee
dazu hatten die Osnabrücker Firedensinitiative, Pax Christi und das Bündnis 8. Mai. Die Kommunen begründeten das Vorhaben mit dem Hinweis, Kriegsdienstverweigerung und Desertion seien legitime Wege, sich der Kriegslogik zu entziehen. Sie dienten deshalb dem Frieden. Die Münsteraner Oberbürgermeisterin Marion Tüns (SPD) hatte bereits
vor drei Jahren das damals von Klaus Kinkel (FDP) geführte Auswärtige Amt über das Vorhaben informiert und gebeten, es zu genehmigen. Sie erhielt allerdings keine Antwort aus Bonn. Die Stadt Münster will nun von sich aus die deutschen Botschaften in den Anrainerstaaten Jugoslawiens über das Projekt informieren und in konkreten Fällen die
Kostenübernahme für die Deserteure zusichern. Dies ist Voraussetzung dafür, ein Visa zu bekommen.
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Dokument erstellt am 09.07.1999 um 20.45 Uhr 

Erscheinungsdatum 10.07.1999