Zur Situation der Roma im Kosovo-Krieg

1.Urosevac: Anfang April fliehen ca 5o Roma-Familien aus dieser Stadt (6o Km von der mazedonischen Grenze entfernt) nach ersten Bombenangriffen
Sie sind in Skopje bei Verwandten notdürftig untergekommen. Sie berichten, daß sie aus der Angst geflohen sind, zwischen die Fronten von serbischen und albanischen Banden und unter Natobomben zu geraten. Die "Rom News" (Hamburg) berichten am 8.4.99: Urosevac sei lt. Zeugenaussagen von Flüchtlingen "ruined by the Nato-strikes, the refugees are running to save their lives..."

2. Mitrovica:Anfang April Das Roma-Mahalle (Viertel)in der Nähe des Stadions mit ca. 2000 Einwohnern war von serbischer Polizei umstellt. Niemand durfte das Viertel verlassen. Wer es versuchte, wurde beschossen.
Die Lebensmittelvorräte gingen zu Ende. . Eine Schule in der Nähe des Mahalle ist von Nato-Bomben zerstört worden. Der telefonische Kontakt ist seit dem 4.4.99 abgebrochen. Einige Familien haben sich nach Bosnien retten können.
(telefon.Aussagen von Romaflüchtlingen)

3. Nis 7.4.1999: Eine Schule wird bombardiert, die vorwiegend von Romakindern besucht wird. (Website der kath. Zigeunerseelsorge Köln)

4.InVeliki Grljen gab es am 26.4. 1999 mehrere Todesopfer unter den Roma nach Bombenangriffen. (Rom News Hamburg, 27.4.1999)

5. Prizren 28. 4. 1999: Bei einem Nato-Bomberangriff wird die Prodinjska Straße im Roma-Viertel (Ciganska Mala)getroffen. Vier Angehörige der Familie Zuljfuri werden dabei getötet: Djulja (24), Becir (25) und ihre Kinder Maksum (2) und Kasandra. Acht weitere Mitglieder der Familie werden schwer verwundet. Mehrere Dutzend Häuser sind schwer beschädigt. (Romani Information Center/The New York Times 7.5.1999.)


6. Belgrad April/Mai: Romasiedlungen, die direkt neben den Flugplätzen
Surcin und Batajniza liegen werden von Natobomben beschädigt.Unbekannte
Zahl von Opfern.

7. Romafamilien aus Suto Orizai flohen aus dem Kosovo, nachdem bei Nato-Angriffen auf ihren Ort mehrere Roma getötet worden waren (The National Post 6. 5. 1999);

8. In Sangaj/Novi Sad liegt ein Romaviertel direkt neben der Raffinerie, die bereits Ziel mehrerer NATO Angriffe war. Haushohe Flammen bedrohen regelmäßig die Siedlung; die Familien, die keine andere Fluchtmöglichkeit haben, kehren immer wieder zurück in der Hoffnung, daß der jeweilige Angriff der letzte war. (Institue of War and Peace, London 4.5.1999)

9. Mitte Mai: In Cacak bei Novi Sad wird das Romaviertel getroffen: eine Familie kommt um. (Bericht des Helfers Karl Kraus, der im Auftrag der Erzdiozöse München Spenden in die Vojvodina für Romaflüchtlinge aus dem Kosovo bringt)

10. In der Nacht zum 31.5.1999 bombardierte die Nato u.a. das Dorf Ralja
bei Belgrad. Romahäuser wurden getroffen: eine Romni getötet, die Mitglieder der Familie Miroslav Saitovoc schwer verwundet. (Roma Information Center
Belgrad)

11. Mehrere Tausend Romaflüchtlinge befinden sich derzeit in Mazedonien und Albanien. Zoran Dimov vom mazedonischen Fernsehen und Produzent des zweisprachigen Kindermagazins "Chirikli" (Romanes-Mazedonisch) berichtet, daß fast alle humanitären Organsationen die Betreuung auf albanische Flüchtlinge konzentrieren. "Die Roma werden zur Seite gestoßen und hungern. Viele ihrer Kinder sind krank" Romaflüchtlingen wird der Zugang zu den Lagern immer wieder verweigert: So berichten mazedonische Romafamilien Freunden in Köln, die bis zu 40 Verwandte bei sich unterbrachten, daß Albaner ihre Verwandten am Betreten der Lager hinderten. Romafamlien, die in Albanien in Lager gelangten, werden dort an der Annahme von humanitären Hilfen (Nahrung, Kleider, medizinische Versorgung) von kosovoalbanischen


Flüchtlingen gehindert. (Bericht in Nova Makedonia 28.4.1999) Bereits in Bosnien stellte eine Delegation des Europarates fest, daß Roma nicht in den Genuß von Humanitären Hilfen kamen.Hilfe für Romaflüchtlinge versuchen in Mazedonien zu leisten: Caritas Essen und die Sorosstiftung bzw kleine Romaorgansationen, wie die Romacenter in Skopije, Kumanovo und Stip.

12. Tausende von Roma flohen aus dem Kosovo nach Serbien. vor allem nach Belgrad und in die Vojvodina. Sie sind weitgehend ohne jede Versorgung. (Rom News Hamburg 27.4. 1999). Sie fliehen nicht nach Mazedonien oder Albanien, weil sie als "serbische" Roma gelten und schon im Kosovo seit Jahrzehnten und vor allem seit Kriegsbeginn albanischen Repressionen ausgesetzt waren. So

wurden Roma von Albanern aus kosovoalbanischen Flüchtlingstrecks ausgesondert oder als Flüchtlinge an der mazedonischen bzw albanischen Grenze zurückgewiesen. In Romaviertel treibt die UCk Spenden ein und versucht junge Roma zu rekrutieren. (Berichte von Flüchtlingen in der Vojvodina lt. Karl Kraus, München bzw von in Köln angekommenen Flüchtlingen)

13. Fluchtgrund für viele Roma, ob muslimisch oder serbisch -orthodox, ist die Angst nicht nur vor Natobomben, sondern davor, zwischen die Fronten von albanischer UCK und serbischen Milizen zu geraten. Sie sind schon seit Jahrzehnten der Nötigung ausgesetzt sich für die eine oder andere Seite zu entscheiden, vor allem für die albanische Mehrheit, die bis 1989 Kosovo kontrollierte und sich als Albaner auszugeben um den Zensus hochzuschrauben. Folgende Beispiele aus der Vorgeschichte des Krieges zeigen,welchen Repressionen sie ausgesetzt waren:

Prizren: Hier gibt es drei Roma-Mahalle (=Viertel: Yeni Mahalle, Terzi Mahalle und Cüt Mahalle). In Deutschland lebende Roma-Familien aus Prizren berichten, daß sie Anfang der achtziger Jahre massiven Pressionen von Seiten der albanischen Mehrheit ausgesetzt waren (Entlassungen,Verweigerung von medizinischer Versorgung, Prügel), wenn in ihrem Pässen nicht als Nationalität "albanisch" eingetragen war. Besonders brutal war das Vorgehen anläßlich der Volkszählung von 1981 und bei antiserbischen Protesten, denen sich die Roma anschließen mußten und Anfang der 90 er Jahre.

Pristina: M.J. war bis 1982 Bürgermeister des Roma-Mahalle in Pristina, das mehrere Tausend Menschen umfaßt haben soll.

Bei der Volkszählung, die nach Straßen vorgenommen wurde, wurde M.J. von Kosovoalbanern ultimativ aufgefordert, seine Leute dazu zu bringen, sich als Albaner registrieren zu lassen. Als er und seine Stellvertreter sich weigerten, wurde eine ganze Straßenzeile nachts von einer albanischen Bande überfallen. Häuser und Wohnungen der Romavertreter wurden komplett zerstört, die Menschen angegriffen. M.J.wurde mit Eisenstangen halbtot gerschlagen und auf die Straße geworfen. Nachbarn brachten ihn später auf einer Schubkarre in ein Krankenhaus, wo er gerettet wurde. Nach weiteren ähnlichen Erlebnissen floh M.J.Ende der 80er Jahre in die BRD.

1998 bis zum Ausbruch des Krieges werden immer wieder Übergriffe der UCK auch auf Roma berichtet: So schreibt Amnesty International in einem Internen Bericht über die Menschenrechtslage im Kosovo 1998: "A.I. erhielt von zahlreichen Berichten Kenntnis, denen zufolge die UCK und andere bewaffnete ethnisch Albaner für Verstöße gegen die Menschenrechte verantwortlich zeichneten, insbesondere für Zwangsverteibungen, Mißhandlungen,
Entführungen und die Inhaftierung nicht an Kampfhandlungen beteiligter P, bei denen es sich um Serben, Montenegriner sowie ethnisch Albaner und Roma handelte."(lt Amnesty International, Kontaktgruppe Jugoslawien, in Aachen)
Der Vorsitzende der "Union Romani" Spaniens, das eh. Mitglied des Europaparlaments für die spanischen Sozialisten, Juan Dios Ramirez Heredia verfügt über eine Liste von bewaffenten Gruppen entführter Kosovo-Roma. Berichte über Roma als Opfer von Angriffen durch Albaner bzw. durch Bombenanschläge bis kurz vor Kriegsausbruch registriert die kath Zigeunerseelsorge Köln auf ihrer Website.