Der Krieg im Kosovo
Auch ohne UNO-Mandat zieht die NATO in den Krieg gegen Jugoslawien, um das
Milosevic-Regime mit Gewalt zum Abbruch seines mörderischen Vertreibungsfeldzugs
gegen die albanische Bevölkerungsmehrheit in der serbischen Kosovo-Provinz
zu zwingen. Zahlreiche Versuche zu einer friedlichen Lösung waren zuvor
an der starren Haltung der Regierung in
Belgrad gescheitert.
Bisher jedenfalls haben aber auch Bomben und Marschflugkörper das Elend
der Kosovo-Albaner nicht beenden können. Eine teuflische Zwickmühle,
aus der noch kein Ausweg gefunden ist. Der Konflikt gehört schnellstens
wieder auf den Verhandlungstisch. Die Situation im Balkan muß uns alle
sehr nachdenklich machen. Offensichtlich fehlen in der internationalen Politik
die geeigneten, von der ganzen Staatengemeinschaft akzeptierten Mittel, Völkermord
bei Bürgerkriegen in Vielvölkerstaaten zu verhindern. Der Zorn über
die Greueltaten der jugoslawischen Armee, der serbischen Sonderpolizei und
der marodierenden Serbenmilizen gegen die albanische Bevölkerung des Kosovo
darf uns nicht blenden: Der Weg, den die NATO mit ihrem Luftkrieg ohne UNO-Mandat
eingeschlagen hat, kann für den Frieden auf der Welt brandgefährlich
werden.
Nach dem Zerfall des Sowjetblocks verletzen die USA und ihre NATO-Verbündeten
zunehmend die UNO-Spielregeln, ignorieren das Veto von Sicherheitsratsmitgliedern
und spielen sich als Weltpolizisten auf, die nach Gutdünken ihr eigenes
Veto-Recht beanspruchen, eingreifen und schießen oder nicht. Im Osten
des NATO-Mitglieds Türkei herrschen für
die Kurden ganz ähnliche Zustände wie für die Albaner in Serbien,
da schauen die Sheriffs nicht mal hin. Und das ist nur ein Beispiel. Was wäre,
wenn Rußland sich in der Lage befände, dort eigenmächtig zu
intervenieren?
Die Spielregeln müssen für alle Staaten gleich gelten und von allen
akzeptiert werden. Sonst herrscht in den internationalen Beziehungen über
kurz oder lang das Faustrecht .
Das Einhalten der Regeln zu gewährleisten, ist nach dem Völkerrecht
Sache der UNO.
Zum Militäreinsatz als letzten Mittel darf es nur in ihrem eindeutigen
Auftrag kommen.
Die UNO-Mitglieder müssen allerdings dringend dafür sorgen, daß
die Vereinten Nationen auch gegen das Veto einzelner Großmächte effektiver
zur Konfliktlösung beitragen können.
Keinesfalls darf das militärische Eingreifen auf eigene Faust zum Bestandteil
der NATO-Doktrin gemacht werden, wie es die USA aus Anlaß des 50. Gründungstags
des Bündnisses in diesem Frühjahr beabsichtigen.
Heinz-Ludwig Nöllenburg