Der folgende Brief wurde von Gerd Sauer geschrieben.
Unterstützt von der Lennestädter Ratsfraktion, dem Lennestädter OV-Vorstand
und der Kreismitgliederversammlung Olpe

 

Sehr geehrter Herr Minister Fischer,
lieber Joschka.
In Sorge um die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit den militärischen Aktionen des Nato-Bündnisses gegen die Bundesrepublik Jugoslawien haben wir uns als Ortsverband und Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Lennestadt zu diesem Brief entschlossen. Als gewählte Vertreter wollen wir hiermit zum einen die Unterstützung für die von Dir betriebene Menschenrechtspolitik, aber auch unsere Bedenken und Erwartungen an die von einem Grünen verantwortete deutsche Außenpolitik in der außerordentlich gefährlichen derzeitigen Lage deutlich machen und formulieren.

Es ist unzweifelhaft als positiver Fakt hervorzuheben, daß die neue Bundesregierung mehr Gewicht auf die Beachtung der Menschenrechte in der internationalen Politik als Teil ihrer Außenpolitik gelegt hat. Von daher muß der Einsatz der Bundesregierung bei den internationalen Verhandlungen in den vergangenen Monaten sowie die politische Intervention gegen die Menschenrechtsverletzungen des Milosevic - Regimes durch Vertreibung und ethnische Säuberungen im Kosovo, gewürdigt werden.
Die Mißachtung der internationalen Proteste durch das Milosevic-Regime mußte irgendwann auch Konsequenzen nach sich ziehen. Insofern sind die derzeitigen Einsätze der Nato-Luftstreitkräfte - bei aller kritikwürdigen Problematik hinsichtlich Völkerrecht, Grundgesetz und Nato-Statut - nachvollziehbar und zwangsläufig gewesen.


Heute jedoch, am 21. Tag nach Beginn der Luftangriffe, muß festgestellt werden, daß keines der zu anfangs postulierten Ziele der Nato ( Unterzeichnung des Rambouillet-Abkommens und Stopp der humanitären Katastrophe im Kosovo) erreicht worden ist. Eher ist das Gegenteil zu konstatieren. Das Verfehlen der politischen Ziele durch die militärischen Aktionen sollte beim derzeitigen Stand unseres Erachtens dringend zu einem Innehalten, zur Überprüfung der Richtigkeit des eigenen Vorgehens und der eigenen Strategie führen. Eine kompromißlose Weiterführung der militärischen Logik läßt unweigerl
ich den Einsatz von Bodentruppen und damit eine nicht kalkulierbare Eskalation mit weitreichenden Konsequenzen befürchten. Dies darf nicht, auch nicht ungewollt, Ergebnis der derzeitigen Aktionen sein.

Bei grundsätzlicher Unterstützung der durch Dich formulierten Ziele "Beachtung der Menschenrechte und Stopp der humanitären Katastrophe" ist daher unseres Erachtens jetzt der Zeitpunkt für eine deutliche, nachvollziehbare politische Initiative zur diplomatischen Lösung des Konfliktes gekommen.
Hierzu kann unter Umständen ein Moratorium oder ein Angebot zu einem Waffenstillstand unter bestimmten Bedingungen notwendig und zielführend sein. sein. Für die Region Kosovo bzw. für den gesamten Balkan muß eine entwicklungsfähige politische Lösung - unter Einbeziehung Rußlands an entscheidender Stelle - angestrebt werden.

Das Primat der Politik sollte wieder in den Vordergrund treten, und wir würden uns wünschen, wenn hierbei der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland eine entscheidende konstruktive Rolle spielt.
Wir möchten nachdrücklich unserer Hoffnung Ausdruck geben, daß dieser ernste Konflikt mit allen seinen politischen Folgen nicht nur in der internationalen Politik konstruktiv gelöst werden kann, sondern auch zu einer Weiterentwicklung und nicht zu einer Zerreißprobe für die grüne Partei in der Bundesrepublik Deutschland führt. Wir würden uns freuen, Dich hierbei unterstützen zu können und verbleiben

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