Empörung über Rot - Grün

From: hu-marburg@t-online.de (Dragan Pavlovic)

Sehr geehrte Regierungsparteien,

(eigentlich habt ihr eine solche Anrede nicht verdient)

ich möchte meiner Befürchtung Ausdruck verleihen, daß Ihr trotz gegenteiliger, wiederholter Versprechungen der Entsendung von Bodentruppen zustimmen werdet.
Ihr werdet uns wiederholt betrügen und belügen ! Es ist eine Schande, daß die Sozialdemokratie und die Grünen sich für diesen Krieg ausgesprochen haben. Die Ganz - Linken haben (leider) doch Recht behalten: Ihr seid alle gleich.

Jetzt verstehe ich Oskar Lafontaine. Er ist wirklich ein aufrechter Mann gewesen. Und ich wünsche mir, daß er, wenn die bisherigen verantwortlichen Personen desavouiert sind, wieder in seine Geschäfte eintritt, bzw. Kanzler Schröder ersetzt. Joschka Fischer gehört durch eine patente, friedliebende Person ersetzt. Ins Außenministerium hätte ein hardliner - Pazifist hineingehört und nicht so ein Wischiwaschi - Politiker, der fünfte Kolonne der USA spielt. _Vor allem_ hätten die meisten unter schwarz - gelb eingesetzten Beamten aus den Apparaten "entfernt" werden müssen, auch wenn es teuer gewesen wäre. Jetzt müssen wir Bürgerinnen und Bürger alles doppelt und dreifach bezahlen. Ich habe mich riesig über den Fall des autoritären Sozialismus gefreut, aber daß jetzt auch das Militär im Westen zurückgebaut werden muß - dafür setzt Ihr Euch
nicht ein. Ich bin betroffen und erbost.

Im Anhang noch meine Rede auf der Friedensdemonstration in Marburg vom 17. April.

Und schauen Sie sich Informationen zu Thesen aus Sicht der Friedensforschung an:

http://www.info-line.scm.de/fri-thes.htm

Unter Entsetzen und Empörung,

Dragan Pavlovic,
Bürgerrechtler und neuerdings Friedensaktivist
_noch_ Grünen - Mitglied

Email: hu-marburg@t-online.de (Nur noch diese Adresse verwenden)


************************ Rede **********************

Dobar dan, ja sam za mir.
(Guten Tag, ich bin für den Frieden!)


Der Krieg in Jugoslawien hätte vermieden werden können, hätte der politische Wille dafür existiert. Menschenrechte müssen
nach Auffassung der Humanistischen Union Marburg mit anderen Mitteln geschützt werden als mit Bomben. Als Mitglied
dieser Bürgerrechtsorganisation fordere ich deshalb die sofortige Einstellung der Bombardements von Seiten des NATO -
Militärbündnisses ! Die Rechtfertigung der NATO-Angriffe mit "humanitären Gründen" mag ich nicht akzeptieren, denn nicht nur in der Türkei drückt man bei Menschenrechtsverletzungen beide Augen fest zu. Ein Beispiel für den Umgang der USA mit Menschen- und Bürgerrechten ist auch der Fall des schwarzen Journalisten Mumia Abu Jamal , der in der Todeszelle auf seine Hinrichtung wartet. Am kommenden Samstag findet um 12 Uhr eine Demonstration auf dem Marktplatz für Mumia Abul Jamal statt. Ihr seid herzlich dazu eingeladen !


Der Einsatz für Menschen- und Bürgerrechte ist leider auch hierzulande noch lange nicht erfolgreich. Mit ihrer Zustimmung zum
"Großen Lauschangriff" hat die SPD bereits vor ihrer Wahl in die Regierung unsere Grundrechte beschnitten. Mit ihrem
Regierungskurs, der dem britischen Blairismus der "Neuen Mitte" folgt, machen wir seither unsere schmerzhaften Erfahrungen.
Wenn nun die traditionelle Scheu der Sozialdemokraten vor Waffengängen abgelegt werden soll, dann kann ich nur sagen, daß
das eine Schande für die deutsche Sozialdemokratie bedeutet. Allerdings möchte ich daran erinnern, daß die konservativen und nach Schäubles Worten "reaktionären Kräfte" in 16 Jahren Schwarz-Gelb es mal wieder geschafft haben, alles so vorzubereiten, daß Sozialdemokraten meinten, keinen "Rückzieher" machen zu dürfen. Da heute die Alternativen zu NATO - Einsätzen für eine wirksame und friedliche Konfliktlösung nicht in Betracht gezogen werden, bezieht die Humanistische Union Marburg in diesem Konflikt die Position: Keine ABM-Maßnahmen für die Militärs ! Jetzt und künftig! Die Vorschläge der Friedensinitiative "Five for Peace", "Fünf für den Frieden", die eine schrittweise, weltweite Senkung der Militärhaushalte um 5% pro Jahr vorschlägt, sind zur Zeit eine der sinnvollsten Ideen, die für die Zukunft zu verfolgen bleiben.

Bisher lehnte jede Militärmacht mit Hinweis auf potentielle Feinde eine Einschränkung ihrer Haushalte ab. Ein prozentueller,
schrittweiser, kollektiver Abbau der Militärhaushalte überwindet diese Rechtfertigung. Für friedliche Konfliktlösung sind
mittlerweile - selbst ohne Gelder der Allgemeinheit - ganze Bibliotheken kreativer Ideen zusammengetragen worden, doch
nichts davon wird gewürdigt und verwirklicht. Die Humanistische Union Marburg fordert eine Humanisierung der Außenpolitik
auf Grund dieser möglichen Alternativen ! Ich bin erschrocken ob der Phantasielosigkeit der Menschen, die Fragen, was denn
statt der Bomben hätte getan werden können. Glaubt mir, das ist das geringste Problem, die Frage nach dem Wie. Viel
mehr - und so kehre ich zu meinem Eingangsstatement zurück - mangelt es an politischem Willen, Organisation, finanzieller Ausstattung und Abstimmung der Aussenpolitik der tonangebenden Staaten im Bereich friedliche Konfliktlösung.
Was hätten wir uns, unserem Ansehen in der Welt, und dem zerfallenden Jugoslawien alles ersparen können?! Ganz zu schweigen von den Kosten, die wieder von Otto Normalmensch doppelt und dreifach zu bezahlen sind. Als jemand, der in einer jugoslawischen Familie aufwuchs, kann ich einige Worte zur Befindlichkeit der Auslandsjugoslawen
sagen: Die Strategie der Luftangriffe ist und bleibt in ihrer Wirkung kontraproduktiv: Statt die jugoslawische Opposition zu
stärken, schweißt die Kraft des gemeinsamen Schicksals und der Angst die Menschen zusammen. Und das unterschiedslos.
Selbst meine Eltern, die vom autoritären Sozialismus enteignet wurden, halten heute zu Milosevic. Das soll man sich mal
vorstellen !

Weder hat der Westen zur Zeit der demokratischen Proteste gegen Milosevic die Opposition mit Geld, Know - How und
Technik unterstützt, noch hat er die Kosovo - Albaner politisch beraten, die vor 5 noch ihre Ziele friedlich verfolgten. Hätten
diese zum Beispiel bei den jeweils anstehenden Wahlen mit ihren vielen Stimmen die serbische Opposition gewählt, hätten sie
es auf jeden Fall später nicht mit Machtpolitikern des Schlages Milosevic zu tun gehabt.

Ich komme zum Schluß: Die humanistische Union Marburg unterstützt in Anbetracht der verpaßten Chancen die Bemühungen
der Friedensbewegung, die auf gewaltfreie Konfliktlösungsstrategien setzt. Unsere Arbeit mag ein Tropfen auf dem heißen
Stein sein, aber wenn wir alle zusammen wirken, handeln, denken, schreiben, demonstrieren und auf uns aufmerksam machen,
dann werden wir nicht zu überhören und zu ignorieren sein ! Danke für die Aufmerksamkeit.

Dragan Pavlovic