Erklärung
Wir fangen etwas Neues an
Die grüne Partei hat sich zu Himmelfahrt mehrheitlich für die Unterstützung
der militärischen Aktionen der NATO in Jugoslawien ausgesprochen.
Damit hat sie eine der wichtigsten Orientierungen dieser Partei beerdigt: Eine
deutliche Anti-Kriegs-Politik. Sie bietet so kein Forum mehr für die Menschen,
die sich für eine sofortige Beendigung der Bombardements aussprechen, die
die Rolle der NATO als neue Weltpolizei nicht akzeptieren, die entsetzt sind
von der neuen militärischen Dominanz gegenüber der Politik.
Die schleichende Auflösung grüner Grundsätze bezieht sich nicht nur auf diesen Politikbereich. Die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik ist von einer zunehmenden FDPisierung bestimmt. Bundesweite Politik der grünen Partei ist gekennzeichnet durch Forderungen nach einem Niedriglohnsektor, steuerlicher Nettoentlastung der Unter-nehmen und Einschnitten in das soziale Netz (und damit sozialer Ausgrenzung). Wir werden uns an diesem Wettstreit um die neue Mitte zwischen FDP, grüner Partei sowie Hombachs und Schröders SPD nicht beteiligen. Dagegen setzen wir die Themen soziale Gerechtigkeit, Umverteilung von oben nach unten und der sozialen BürgerInnenrechte für alle Menschen.
Die Ökologie ist in der grünen Partei zunehmend zu einer ökologischen
Steuerreform verkommen, die hauptsächlich die "Lohnnebenkosten"
senken soll.
Der Streit für den Ausstieg aus der Atomenergie stand Pate bei der Gründung
der grünen Partei. Das weitgehende Einknicken der rot-grünen Bundesregierung
vor der Atomlobby ist für uns schwer zu ertragen.
Wir wollen ausdrücklich betonen, daß wir nicht die Notwendigkeit von Kompromissen oder die Politik der kleinen Schritte kritisieren. Vielmehr kritisieren wir, daß eine Mehrheit dieser Partei in weiten Bereichen grüne politische Vorstellungen aufgegeben hat.
Diese Partei wird zunehmend weniger interessant für Menschen, die sich für soziale, ökologische, antimilitaristische und basisdemokratische Vorstellungen einsetzen. Statt dessen zieht sie mehr und mehr Menschen an, die eine politische Karriere ins Zentrum ihrer Überlegungen stellen.
Diesen Prozeß können wir in der Partei nicht aufhalten. Wir haben uns deshalb entschieden aufzuzeigen, daß eine moderne linke Politik außerhalb dieser Partei Erfolg haben kann. Dieser Neuanfang ist ein offener Prozeß und nicht Sache von uns allein. Wir wollen möglichst viele Menschen neu gewinnen. Wir wollen natürlich auch mit all denen weiter zusammenarbeiten, die innerhalb und außerhalb der GAL gemeinsam mit uns Politik gemacht haben.
Die MandatsträgerInnen, die aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen austreten, wurden für eine soziale, ökologische und antimilitaristische Politik gewählt. Die Mehrheit der Partei hat ihre Politik nun aber anders und neu bestimmt. Wir werden unsere Mandate behalten und wollen alle Menschen und Gruppen, denen eine Anti-Kriegs-Politik, Ökologie und soziale BürgerInnenrechte am Herzen liegen, einladen: Laßt uns gemeinsam etwas Neues anfangen!
Hamburg, 18.5.1999
Julia Koppke
Heike Sudmann
Susanne Uhl
Norbert Hackbusch
Lutz Jobs