JUNGE GRÜNE Kreis Lörrach
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bzw.

Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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An alle Mitglieder der Bundestagsfraktion
sowie den Bundesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Lörrach, den 6.Mai 1999


Erklärung zum Kosovo-Krieg


Liebe Freundinnen und Freunde,

die derzeitige Kosovo - Politik der Regierung weist in unseren Augen große Mängel auf. Wir bitten Euch daher, unsere Sichtweise zur Kenntnis zu nehmen und Euer Handeln als freie, demokratische Parlamentarier zu überdenken. Angesichts des Sonderparteitags am 13.05.99 möchten wir festhalten, dass an der Basis auch noch realistische Lösungsvorschläge für einen dauerhaften Frieden im Kosovo existieren.

· Darstellung der jetzigen Situation:
Seit einem Monat führt die NATO Bombardements in Jugoslawien durch, ausgehend von dem Ziel, Milosevic zum Einlenken zu zwingen und die humanitäre Katastrophe zu verhindern. Dieses Ziel wurde nicht erreicht!
Stattdessen werden Menschen getötet, der Hass der Serben gegen die NATO und die Albaner geschürt. Jugoslawien wird "in die Steinzeit" zurückgebombt und dadurch die Opposition in Serbien auf die Seite Milosevics getrieben. Die Lebensgrundlage wie Wirtschaft, Infrastruktur sowie andere zivile Einrichtungen in Jugoslawien wurden bereits (z.T. auch vorsätzlich) bombardiert. Leidtragend bei den NATO - Luftschlägen ist dabei vor allem die jugoslawische Bevölkerung. Die Vertreibung geht unvermindert fort. Die NATO - Luftschläge zeigen hierauf keine positive Wirkung. Die diplomatischen Bemühungen Rußlands werden weitgehend ignoriert, seine Stellung in der Weltpolitik ist isoliert, die Beziehungen sind in einer tiefen Krise. Bei allen bisherigen Friedensverhandlungen wurde die Stationierung von NATO - Truppen und ihre freie Bewegung im gesamten Jugoslawien zur Bedingung gemacht, was für die serbische Seite praktisch eine Kapitulation darstellt, und somit stets zum Abbruch der Verhandlungen geführt hat. Insgesamt trägt die NATO somit zur weiteren Eskalation bei und erschwert den Friedensprozess. Anstatt ihr Versagen einzusehen, gibt es bereits Stimmen, die den Bodenkrieg fordern. Es drängt sich uns der Verdacht auf, dass die NATO reinen Kriegsautomatismus betreibt und den Sieg um des Sieges Willen herbeiführen möchte. Sie missachtet dabei Menschenrechte sowie Völkerrecht. Deutschland ist daran beteiligt.

· Argumentation:
Aus folgenden Gründen kritisieren wir vehement die deutsche Mitläuferschaft bei diesem Krieg:
- Krieg bleibt Unrecht, weil Menschen getötet werden, egal welche Seite sich zuerst ins Unrecht gesetzt hat. Es ist unsinnig, Menschenrechte durch einen Bruch der Menschenrechte durchzusetzen.
- Im Völkerrecht gibt es klare Bedingungen für eine militärische Intervention aus humanitären Gründen (Beschluss des UN-Sicherheitsrates). Dies ist im Fall Jugoslawien nicht gegeben, sondern eher das Gegenteil, da das Veto Rußlands übergangen wurde. Folglich befindet sich die Bundesrepublik in einem Angriffskrieg, weil sie an einem Krieg gegen einen souveränen Staat teilnimmt.
- Ein Angriffskrieg verstößt aber gegen das deutsche Grundgesetz (§26GG). Auch das NATO - Bündnis legitimiert weder einen Bruch des Grundgesetzes noch des Völkerrechtes.
Schon lange im Vorfeld wurden zivile Konfliktpräventionsmaßnahmen schändlich vernachlässigt. Wirtschaftliche wie politische Boykottdruckmittel wurden kaum beachtet. Die lange Phase des gewaltlosen Widerstandes der Albaner, die politische Opposition in Jugoslawien sowie friedensfördernde Organisationen wie die OSZE wurden nicht ausreichend unterstützt. Auch die UNO wurde völlig übergangen. Einige wichtige NATO - Staaten betrieben dabei eine Politik der systematischen Schwächung der UNO mit dem Ziel, die NATO zu einer Interventionsmacht auszubauen. Die neue NATO - Politik setzt nicht auf Verständigung wie die UNO, sondern auf Faustrecht, wie der letzte NATO - Gipfel gezeigt hat.
Jeder Krieg fördert die Rüstungsindustrie. Die Militärhaushalte werden im Allgemeinen aufgestockt, die Mittel für friedliche Konfliktprävention dagegen werden stark begrenzt.

· Wir fordern daher:
- sofortigen und einseitigen Stopp der NATO-Angriffe bzw. zumindest ein
langfristiges Moratorium der Angriffe
- eine Vermittlungsinitiative der UNO und OSZE unter Einbeziehung Rußlands
- Verzicht auf Stationierung von NATO - Truppen, stattdessen Blauhelm-
kontingente unter UN - Mandat aus anderen Ländern
- verstärkte Versorgung bzw. Rückführung von Flüchtlingen
- verstärkter Einsatz von NGO's sowie der OSZE
- Verurteilung der Kriegsverbrecher auf allen Seiten
- Balkankonferenz, die für langanhaltenden Frieden, Demokratie, Menschenrechte und Minderheitenschutz eintritt
- "Marshallplan" für die Balkanregion
- Waffenembargo
- Wiederherstellung des Vertrauens in Menschen- sowie Völkerrecht; Stärkung und Unterstützung der UNO
- Perspektiven innerhalb der EU bei Verzicht auf gewaltsame Konfliktaustragung
- Waffenrückkaufprogramme


Viele dieser Punkte sind im Wahlprogramm '98 enthalten. Mit Schrecken erkennen wir, dass Euer Handeln den Versprechen im Wahlprogramm widerspricht. Wir bitten Euch daher, Euch wieder darauf zu besinnen, was grüne Politik war und immer noch ist. Schließlich sind wir diejenigen, die für Euch Wahlkampf betreiben.

Junge Grüne Kreis Lörrach


Christian Brase (Junge Grüne, Steinen)
Andreas Ernst (Junge Grüne, Schopfheim)
Conny Gellrich (Junge Grüne, Lörrach)
Oliver Keßling (Junge Grüne, Lörrach)
Juliane Müller (Junge Grüne & GAJB, Lörrach)
Mario Scheer (Junge Grüne & BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Schopfheim)
Meike Schmidt (Junge Grüne, Weil)
Jan-Felix Schrape (Junge Grüne, Lörrach)
Thomas Sedlmaier (Junge Grüne, Lörrach)
Marliese Weißmann (Junge Grüne, Weil)
Kristina Würth (Junge Grüne, Lörrach)
Adrian Zimmer (Junge Grüne & BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Lörrach)