Liebe Freundinnen und Freunde,
Reinhard Bütikofer hat in seiner letzten Rundsendung eine Stellungnahme
des Auswärtigen Amts zu den Vorwürfen der IALANA gegen das AA angekündugt.
Die Kritik der IALANA ist weitgehend unbekannt, unseres Erachtens aber
bemerkenswert. Deshalb geben wir sie Euch anbei zur Kenntnis.
Anmerkungen:
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1. Die IALANA ist die "International Association Of Lawyers Against Nuclear
Arms".
Die deutsche Sektion wurde von Herta Däubler-Gmelin gegründet.
Dem wissenschaftlichen Beirat gehören an: Prof. Dr. Michael Bothe, Frankfurt,
Prof. Dr. Wolfnag Döubler, Bremen, Prof. Dr. Erhard Denninger, Frankfurt,
Prof. Dr. Bernhard Graefrath, Berlin, Prof. Dr. Norman Paech, Hamburg,
Prof. Dr.Horst Eberhard Richter. Gießen, Dr. Dr. Helmut Simen, Bundesverfassungsrichter
a.D., Karlsruhe.
2. Entgegen dem Schuß, den die IALANA nahelegt, daß das AA die Lage im Kosovo übertrieben zur Rechtfertigung des Krieges schlecht dargestellt habe, kann man auch umgekehrt folgern, daß die Situation in den Berichten zur abschieberelevaten Lage beschönigt dargestellt worden ist. Unsere Asyl-Experten neigen zu dieser Sicht.
Viele Grüße
Bündnis 90 / Die Grünen
Kreisvorstand Münster
Wilhelm Achelpöhler
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IALANA
Juristinnen und Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen
Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms
Postfach 1169
35001 Marburg
Tel. 06421 / 2 30 27
Fax: 06421 / 168 28
Presseinformation vom 22.April 1999
IALANA: Bundesregierung täuschte Parlament und Öffentlichkeit!
Amtliche Dokumente des Bonner Auswärtigen Amtes belegen, daß es im März 1999 keinen Grund und keine Rechtfertigung für eine "humanitäre Intervention" der NATO im Kosovo gab
1. Vor dem am 24. März 1999 erfolgten Beginn der NATO-Luftangriffe
gegen Jugoslawien drohte albanischen Volkszugehörigen im Kosovo keine Verfolgung
durch die serbisch dominierte Staatsmacht wegen Ihrer Volkszugehörigkeit.
Diese Feststellung findet sich in bislang unveröffentllchten amtlichen
Dokumenten des deutschen Auswärtigen Amtes. Diese Dokumente belegen: Das
Auswärtige Amt hat sowohl im Herbst/Winter 1998/99 als auch noch im März
1999 in seinen Amtlichen Auskünften gegenüber deutschen Verwaltungs-
und Oberverwaltungsgerichten gutachtlich ausgeführt, daß seit seinem
,Lagebericht' vom 18. November 1998 keine wesentliche Änderung eingetreten
sei. In diesem Lagebericht des AA heißt es:
Im Kosovo selbst hat sich die schwierige humanitäre Situation etwas
entspannt. Die Rahmenbedingungen für die Versorgung von Bedürftigen
haben sich verbessert... Die Kampfhandlungen im Kosovo wurden von beiden Seiten
mit militärischen Mitteln geführt, wobei auf serbisch-jugoslawischer
Seite die Sicherheitskräfte bei der Einnahme von Ortschaften auch mit schweren
Waffen vorgingen. Beim Einzug der serbischen Sicherheitskräfte in zurückeroberte
Ortschaften kam es zu Übergriffen gegen dort verbliebene Bewohner, Die
durch die Presse wiederholt gemeldeten ,Massaker' und Meldungen über Massengräber'
trugen zur Beunruhigung der Flüchtlinge bei, konnten jedoch durch internationale
Beobachter bislang nicht bestätigt werden." (,,Lagebericht des Auswärtigen
Amtes vom 18. November 1998
(z.:514-516.80/3 YUG), S. 18)
Und in der Amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 28. Dezember 1998 an das Niedersächs.Oberverwaltungsgericht (Az.: 514-516.80/3 Yug) wird ausgeführt:
Nach Erkenntnis des Auswärtigen Amts sind die Maßnahmen der Sicherheitskräfte in erster Linie auf die Bekämpfung der UCK gerichtet, die unter Einsatz terroristischer Mittel für die Unabhängigkeit des Kosovo, nach Angaben einiger Ihrer Sprecher sogar für die Schaffung eines ,Groß-Albanien' kämpft."
2. Diese und die nachfolgenden Auszüge aus den amtlichen Dokumenten
des AA sowie die Entwicklung der nach dem 24. März sprunghaft gesteigenen
Flüchtlingszahlen belegen eindeutig: Die beklagenswerte heutige ,,humanitäre
Katastrophe" für die Menschen im Kosovo und in den Nachbarstaaten
ist mithin erst die Folge der Kriegsereignisse nach Beginn der NATO-Luftangriffe
Auszüge aus den Dokumenten, die wir zugleich auch der Redaktion von Monitor"
für die Sendung am heutigen Donnerstag, dem 22. April 1999 zur Verfügung
gestellt haben:
I. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 6. Januar 1999 an das Bayerische
Verwaltungsgericht, Ansbach:
Derzeit ist eine steigende Tendenz bei der Rückkehr der innerhalb
der Bundesrepublik Jugoslawien geflohenen Personen an Ihre Wohnsitze zu verzeichnen.
....Ungeachtet der desolaten wirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik Jugoslawien
sind auch aus Reihen der Flüchtlinge (Nach Angaben offizieller Stellen
der Bundesrepublik Jugoslawien haben seit 1991 ca. 700.000 Flüchtlinge
aus Kroatien und Bosnien und Herzegowina Aufnahme gefunden) keine Fälle
von chronischer Mangelernährung oder unzureichender medizinischer Versorgung
bekannt und beachtliche Obdachlosigkeit ist nicht zu beobachten. ... Für
Kosovo-Albaner besteht damit nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes
nach wie vor eine begrenzte Möglichkeit, sich einzeln (mit der engeren
Familie) insbesondere in jenen Landesteilen Jugoslawiens niederzulassen, in
denen bereits ihre Landsleute oder Bekannte leben, die bereit sind, sie aufzunehmen
und sie zu unterstützen."
II. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 12. Januar 1999 an das Verwaltungsgericht
Trier
(Az.: 514-516.80/32 426):
"Eine explizit an die albanische Volkszugehörigkeit anknüpfende
politische Verfolgung ist auch im Kosovo nicht festzustellen. Der Osten des
Kosovo ist von den bewaffneten Konflikten bislang nicht erfaßt, das öffentliche
Leben in Städten wie Pristina. Urosevac, Gnjilan usw. verlief im gesamten
Konfliktzeitraum in relativ normalen Bahnen," Das Vorgehen der Sicherheitskräfte
(war) nicht gegen Kosovo-Albaner als ethnisch definierte Gruppe gerichtet, sondern
gegen den militärischen Gegner und dessen tatsächliche oder vermutete
Unterstützer."
III. Auskunft des Auswärtigen Amtes vorn 15. März 1999 (Az.: 514-516.80/33
841) an das Verwaltungsgericht Mainz:
Wie im Lagebericht vom 18.11.1998 ausgeführt, hat die UCK seit dem
Teilabzug der (serbischen) Sicherheitskräfte im Oktober 1998 ihre Stellungen
wieder eingenommen. so daß sie wieder weite Gebiete im Konfliktgebiet
kontrolliert. Auch vor Beginn des Frühjahrs 1999 kam es weiterhin zu Zusammenstößen
zwischen UCK und Sicherheitskräften, auch wenn diese bislang nicht die
Intensität der Kämpfe vom Frühjahr/Sommer 1998 erreicht haben."
(ebd., S. 1)
IV. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Oktober 1998 (Az.:
22 BA 94.34252):
"Die den Klägern in der Ladung zur mündlichen Verhandlung angegebenen
Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 6. Mai, 8. Juni und 13. Juli 1998
lassen einen Rückschluß auf eine Gruppenverfolgung ethnischer Albaner
aus dem Kosovo nicht zu. Nicht einmal eine regionale Gruppenverfolgung, die
allen ethnischen Albanern aus einem bestimmten Teilgebiet des Kosovo gilt, läßt
sich mit hinreichender Sicherheit feststellen, Das gewaltsame Vorgehen des jugoslawischen
Militärs und der Polizei seit Februar 1998 bezog sich auf separatistische
Aktivitäten und ist kein Beleg für eine Verfolgung der gesamten ethnischen
Gruppe der Albaner aus dem Kosovo oder einem Teilgebiet desselben. Es handelte
sich bei den jugoslawischen Gewaltaktionen und
Gewaltexzessen seit Februar 1998 um ein selektives gewaltsames Vorgehen gegen
die militärische Untergrundbewegung (insbesondere der UCK) und deren Umfeld
in deren Operationsgebieten. ... Ein staatliches Verfolgungsprogramm, das sich
auf die gesamte ethnische Gruppe der Albaner bezieht, besteht nach wie vor nicht."
(ebd., S. 9)
V. Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. Februar 1999 (Az.: A 14 S 22276/98):
",Die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse stimmen darin überein,
daß die zeitweise befürchtete humanitäre Katastrophe für
die albanische Zivilbevölkerung ... nach dem Abflauen der Kämpfe im
Anschluß an die Ende 1998 mit der serbischen Führung getroffene Übereinkunft
(Lagebericht Serbien des Auswärtigen Amtes vom 18.11.1998) abgewendet werden
konnte und daß sich seit dem sowohl die Sicherheitslage wie auch die Lebensbedingungen
der albanischstämmigen Bevölkerung spürbar gebessert haben, ..
Namentlich in den größeren Städten verläuft das öffentliche
Leben zwischenzeitlich wieder in relativ normalen Bahnen (vgl. hierzu Auswärtiges
Amt v. 12.1.1999 an VG Trier; v. 25.12.1998 an OVG Lüneburg und v. 23.12.1999
an VGH Kassel), auch wenn sich die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen
auf Grund einzelner Gewalttaten zwischenzeitlich erhöht haben... Auch einzelne
Fälle exzessiver Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung, die, wie
etwa in Racak, in der Weltöffentlichkeit der serbischen Seite zur Last
gelegt werden und große Empörung ausgelöst hatte .. lassen nach
Zahl und Häufigkeit derartiger Exzeßtaten unter den gegebenen Umständen
nicht den Schluß zu, daß deshalb jeder im Kosovo lebende Albaner
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahr für Leib und
Leben ausgesetzt ist
und mithin auch jeder Rückkehrer von Tod und schwersten Verletzungen bedroht
sei." (ebd., S. 9 f)
VI. Urteil des. Oberverwaltungsgerichts Münster vom 24. Februar 1999 (Az: 14 A 3840/94.A):
"Für ein geheimes Programm oder einen aut serbischer Seite vorhandenen stillschweigenden Konsens, das albanische Volk zu vernichten, zu vertreiben oder sonst in der vorstehend beschriebenen extremen Weise zu verfolgen liegen keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte vor, .. Wenn die serbische Staatsmacht ihre Gesetze durchsetzt und dadurch zwangsläufig Druck auf die sich vom Staat abkehrende und eine Boykotthaltung einnehmende albanische Volksgruppe ausübt, geht die objektive Zielrichtung dieser Maßnahmen eben nicht auf ein programmatische Verfolgung dieser Bevölkerungsgruppe.. Selbst wenn der serbische Staat wohlwollend in Kauf nimmt oder gar beabsichtigt, dass ein Teil der Bürger, der in einer solchen Situation für sich keine Perspektiven sieht oder Zwangsmaßnahmen entgehen will, ins Ausland ausweicht, stellt dies kein auf die Gesamtheit der albanisohe Bevölkerungsmehrheit (im Kosovo) zielendes Verfolgungsprogramm dar. (ebd., S. 44 f)
Wenn im übrigen der (jugoslawische) Staat auf die Separatismusbestrebungen mit konsequenter und harter Durchführung der Gesetze sowie mit antiseparatistischen Maßnahmen reagiert, denen sich ein Teil der Betroffenen ins Ausland entzieht, ist dies kein vom (jugoslawischen) Staat programmatisch gesteuerter Vogang. der auf die Ausgrenzung und Vertreibung der Minderheit abzielt, sondern im Gegenteil auf ein Sicheinfügen dieses Volkes in den Staatsverband," (ebd., S.51)
Auch die Ereignisse seit Februar/März 1998 lassen ein Verfolgungsprogramm wegen albanischer Volkszugehörigkeit nicht erkennen. Die Maßnahmen der bewaffneten serbischen Kräfte sind in erster Linie auf die Bekämpfung der UCK und deren vermutete Anhänger und Unterstützer gerichtet.(ebd., S. 55)
VII. Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 11. März 1999 13 A 3894/94.A):
Albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo waren und sind in der Bundesrepublik Jugoslawien keiner regionalen oder landesweiten Gruppenverfolgung ausgesetzt." (Leitsatz 1)
Der Vorstand der Deutschen Sektion der IALANA
Marburg, den 22. April