Liebe Freundinnen, liebe Freunde!
Nachdem die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrer Mehrheit den NATO-Luftangriffen zugestimmt hat und damit die pazifistischen Wurzeln und die friedenspolitische Grundausrichtung unserer Partei in Frage gestellt haben, sind viele, vor allem gerade die, die sich wegen dieser Grundausrichtung zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zählen, bitter enttäuscht und wütend. Wir müssen jetzt alle erleben, daß die Logik des Militärs immer die selbe bleibt, auch wenn die beste Absicht für den Einsatz Pate stand. Die Bombardierung eines Krankenhauses und von Brücken richtet sich in jedem Fall gegen die Zivilbevölkerung. Es gibt eben keinen gerechten Krieg.
Die große interne Gegenbewegung innerhalb von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Der Aufruf der BasisGrünen zum sofortigen Stopp der Bombenangriffe hat zum jetzigen Zeitpunkt bereits über 700 Unterschriften.) zeigt, daß es ganz viele gibt, die wollen, daß die Partei sich nicht von ihren Wurzeln, der Friedensbewegung, abtrennt, sondern wieder dahin zurückfindet. Aber sie sind ratlos, weil es im Bezug auf viele Bundestagsabgeordnete scheinbar eine Trennung von den in den Medien präsenten politischen Mandatsträgern und der Basis gibt. Diese Auseinandersetzung bestimmt das Bild der Bündnisgrünen, so wurde weniger wahrgenommen, daß die europäischen Grünen Abgeordneten als Fraktion sich von vornherein gegen den NATO-Luftangriff gewandt haben. Das Original der Pressemitteilung ist am 25.3.1999 in Englisch erschienen, und ist wohl deshalb nicht so bekannt geworden. Inzwischen wurde ich von einigen FreundInnen gebeten, es auch in der Bundesrepublik stärker bekannt zu machen.
Ihr findet im Folgenden die Presseerklärung der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament in Deutsch.
Die GRÜNEN im Europäischen Parlament
Pressemitteilung
Brüssel, 25.März 1999
Erklärung der Grünen im Europäischen Parlament zur Kosovo-Krise
Der Politik noch eine Chance!
Angesichts der NATO-Luftangriffe bedauert die Grüne Fraktion im Europäischen Parlament zutiefst, daß es zu der jetzigen militärischen Entwicklung gekommen ist. Die von Milosevic betriebene Vertreibung und Terrorisierung der albanischen Bevölkerung des Kosovo, die inzwischen viele Menschen das Leben gekostet hat, kann und darf nicht länger toleriert werden. Die Weigerung von Milosevic, eine wirkliche Friedensregelung zu ermöglichen, trotz der Bemühungen der Kontaktgruppe, der EU und der USA, ist nicht akzeptabel und beweist nur, daß Milosevic auf eine militärische Lösung des Kosovo-Problems setzt. Dies ist die Lage, der die internationale Gemeinschaft nicht tatenlos zusehen kann.
Es ist sehr bedauerlich, daß das Verhalten einiger Mitglieder des UN-Sicherheitsrates die internationale Gemeinschaft von der einzigen völkerrechtlichen Grundlage, die die volle Legitimation für einen derartigen militärischen Angriff besitzt, entfernt. Wir können nichts anderes, als festzustellen, daß es keine rechtliche Basis für die Luftangriffe der NATO gibt.
Luftangriffe als solches scheinen nur sehr begrenzt in der Lage zu sein, Milosevic' Absichten zu durchkreuzen. Sie bringen die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen und Eskalation der Gewalt gegen die albanische Bevölkerung mit sich. Eine Ausdehnung des Konfliktes über die serbischen Grenzen hinaus ist sehr wahrscheinlich, ebenso wie weitere Tote und Verletzte.
Unter diesen Umständen rufen wir die internationale Gemeinschaft, insbesondere die mit Serbien befreundeten Ländern auf, alles zu tun, um Milosevic dazu zu bringen, einen sofortigen Waffenstillstand im Kosovo zu erklären, die Hetze gegen die Albaner einzustellen, die Verhandlungen von Rambouillet wieder aufzunehmen und die Anwesenheit internationaler Bodentruppen zwecks Überwachung eines Abkommens zu akzeptieren. Die UCK sollte verpflichtet werden, jegliche Kampfhandlungen einzustellen. Magda Aelvoet, Fraktionsvorsitzende er Grünen im EP, schlug vor, den UN-Generalsekretär einzuschalten, um eine Initiative der sofortigen Wiederaufnahme der Verhandlungen zu starten. Es müssen außerdem sofort Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, daß der Konflikt auf die Nachbarländer überspringt, einschließlich Reaktivierung der UNPREDEP in Mazedonien, Stärkung der post-SFOR-Truppe in Bosnien und die Stationierung einer Peace-keeeping-Force in Albanien.
In der Zwischenzeit sollte die NATO
ihre Luftangriffe stoppen. Eine langfristige Strategie auf dem Balkan, dem letzten
Winkel Europas bisher noch ohne EU-Perspektive, ist gefordert. Eine gemeinsame
Strategie für Südeuropa, die auch einen Stabilitätspakt umfaßt
mit einem Rahmen, in dem alle
territorialen und Minderheitenprobleme der Region gelöst werden können,
muß schnellstens entwickelt und gestartet werden.
* * * * *
Für weitere Nachfragen:
Regionalbüro: Elisabeth Schroedter, MdEP
Lindenstraße 53, 14467 Potsdam, fon/fax 0331-2800580
Email: ESchroedt@aol.com