RESOLUTION
LAG Hessen Christen und Christinnen bei Bündnis 90/Die Grünen
[Resoluton BAG Christen und Christinnen bei Bündnis 90/Die Grünen]
zum Kosovo-Konflikt

1.Wir sind als Christinnen und Christen der festen Überzeugung, dass auch in unserer gegen-wärtigen Welt militärische Mittel der Konfliktlösung auch dann auszuschließen sind, wenn es darum geht, menschenverachtender diktatorischer Gewalt ein Ende zu bereiten.

2. Wir sind weiter der Auffassung, dass uns unsere eigene Vergangenheit und die Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Regime, das unter dem Beifall und der Duldung auch von Chri-sten den Mord an sieben Millionen Juden und anderer Verfolgten geplant und durchgeführt hat und das weitere Millionen in einem sinnlosen Krieg zu Tode getrieben hat, eine noch größere Zurückhaltung gebietet, wenn die militärische Lösung politischer Konflikte auf dem Balkan oder anderswo diskutiert wird.

3. Als Christinnen und Christen dürfen wir uns gleichwohl nicht der Verantwortung entziehen und teilnamslos der Vertreibung, Drangsalierung und Verfolgung eines ganzen Volkes zuse-hen. Wir dürfen unsere Verantwortung zur Verhinderung derartiger Gewalt jedoch unter kei-nen Umständen durch die Befürwortung von Gegengewalt wahrnehmen, sondern müssen durch die Einforderung friedlicher Mittel der Konfliktbereinigung unserer Verantwortung nachkommen.

4. Wir fordern als Christinnen und Christen bei Bündnis 90/Die Grünen die Parteiführung auf, auf eine unverzügliche Beendigung der NATO-Angriffe auf, da diese das Leid der Kosovo-Albaner ebenso wie das der serbischen und montenegrinischen Bevölkerung vergrößern, statt es zu vermindern. Wir sind der Ansicht, dass die NATO als reines Verteidigungsbündnis zum Schutz der ihr angehörenden Staaten sich nicht als interventionistische Organisation im Interesse einer westlichen Weltmacht darstellen darf. Deshalb fordern wir die Partei auf, sich dafür einzusetzen, daß UNO als völkerrechtlich sanktioniertes Bündnis im Gegensatz zu NATO, die ein militärisch legitimiertes ist und deshalb auch ein falsches Signal, bei politischen Verhandlungen in den Vordergrund tritt.

5. Wir fordern die unverzügliche Erneuerung des Dialogs zwischen dem serbischen Präsidenten und einem legitimierten Vertreter des kosovo-albanischen Volkes unter Vermittlung der EU und im Rahmen der von der UN-Charta vorgegebenen Möglichkeiten der Friedenslö-sung. Wir sind der Ansicht, dass die Dialogbereitschaft, die schon jetzt durch vorbereitende diplomatische Schritte eingeleitet werden muss, durch zusätzliche, nichtmilitärische Druckmit-tel unterstützt werden muss, soweit diese von der internationalen Völkerrechtsordnung zugelassen sind.

6. Wir fordern weiter humanitäre Maßnahmen für alle diejenigen, die in diesem Krisengebiet in Not geraten sind, und verlangen, dass diese Maßnahmen ohne Vorbedingungen und ohne Ansehen der Person geleistet werden müssen, und zwar sowohl für die im Kosovo lebende serbische Minderheit als auch für die in Serbien lebende albanische Minderheit.

7. Wir sind schließlich der Ansicht, dass eine Konfliktbereinigung im Kosovo mit dem Ziel versucht werden muss, eine unter dem Schutz der UNO stehende Friedenstruppe im Krisenge-biet zu installieren, die durch eine angemessene Bewaffnung zur Selbstverteidigung in die Lage versetzt werden muss.

8. Das politische Ziel einer politischen Autonomie des Kosovo unter der Souveränität der Bundesrepublik Jugoslawien, einer Selbständigkeit in Konföderation mit anderen Staaten des Balkans oder einer völligen Selbständigkeit des Kosovos muss offen bleiben. Eine Forderung auf Beseitigung des Regime Milosevic in Jugoslawien erscheint anmaßend. Hier ist nur auf die politische Emanzipation des serbischen Volkes zu hoffen, das seiner Aufgabe durch einen demokratischen Entscheidungs-pro-zess gerecht werden muss. Die Demokratisierung eines Volkes, nicht nur des serbischen, kann und darf nicht mit militärischer Gewalt herbeigeführt werden.

9. Wir Christinnen und Christen plädieren weiter für einen Dialog der Weltkirchen auf dem Balkan, um auch dort einen Demokratisierungsprozess unter Zugrundelegung christlicher Wertvorstellungen friedlich einzuleiten.

10. Wir fordern schließlich die verantwortlichen Politiker und Politikerinnen auf, selbst ihre Aufgaben zur Konfliktlösung wahrzunehmen und diese nicht den Militärs zu überlassen. Wir fordern gleichzeitig die unverzügliche Erstellung politischer Konzepte zur Prävention zukünftiger Konflikte, die auf dem Weg in ein geeintes Europa oder auch auf dem Gebiet des vereinigten Europa entstehen könnten, unter Berücksichtigung aller politischen, historischen und ökonomischen Gesichtspunkte/Entwicklungen.