Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
ein kurzer Bericht zu unserer LMV von heute. Wie den Nachrichten
zu entnehmen ist, ist ein Beschluß zu einem "einseitigen, befristeten
Stop der NATO-Luftangriffe als erster Schritt zum Ausstieg aus der Spirale
der Gewalt"
gefaßt worden. Er besteht mehr oder weniger nur aus diesem einen Satz
sowie einer Ablehnung von Bodentruppen (die Endfassung habe ich leider nicht
elektronisch vorliegen). Ein positiver Bezug auf den Fischer-Plan ist in dem
Beschluß nicht enthalten. Er ist keine Bekräftigung der Regierungsposition,
sondern eine Kritik daran.
Der entsprechende Antrag wurde von Umweltsenator Alexander Porschke
eingebracht. Er erhielt in der Endabstimmung 156 von 294 Stimmen. Knapp unterlegen
war leider der Antrag der GRÜNEN Anti-Kriegs-Initiative mit 132 = 45%
der Stimmen. Der kriegsbefürwortende Antrag von Christa Goetsch, Martin
Schmidt und Peter Schaar war mit 90 Stimmen vorher auf der Strecke geblieben.
D.h. die Fischer-UnterstützerInnen haben sich in Hamburg nicht durchgesetzt.
Dennoch wäre der verabschiedete Hamburger Antrag aus meiner
Sicht in bezug auf Hagen etwas unzureichend. Schließlich hatten wir
ja auch in Hamburg etwas mehr beantragt. So werden die weiteren Schritte nach
einer Feuerpause an kein UN-Mandat gekoppelt, was im schlimmsten Fall ein
Weitermachen von Regierung und NATO decken könnte. Außerdem fehlt
die Kritik an der bisherigen Kriegsbeteiligung durch die GRÜNEN MdBs
und Regierungsmitglieder. Und: Unterbrechung heißt nicht Beendigung;
im schlimmsten Fall wurde nach einer
Unterbrechung absurderweise wieder das fortgesetzt, was man als fehlerhaft
und wenig nützlich erkannt hat.
Mit friedlichen Grüßen aus Hamburg
Uli.
Im Anhang findet Ihr:
- unseren AKI-Antrag
- meine Rede zur Begründung desselben.
Ansonsten nochmal der Hinweis auf das Hamburger AKI-Büro:
GRÜNE Anti-Kriegs-Initiative (AKI) Hamburg
- Büro der GAL-Nord: Dienstags bis Donnerstags zwischen 17 und 20 Uhr,
Bussestr. 1 (Nähe Winterhuder Marktplatz, U1-Lattenkamp)
- Telefon: 040 - 51 31 25 78. Während der Nicht-Büro-Zeiten läuft
der Anrufbeantworter
- Fax: 040 - 51 22 28 oder 040 - 36 03 - 351 819
- Email: GrueneAKI@aol.com
Antrag an die Hamburger GAL-LMV 25.4.99
"Den NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien sofort beenden! Den Weg für eine friedliche und langfristige Lösung des Kosovo-Konflikts eröffnen! Humanitäre Hilfe für die Menschen im Kosovo ermöglichen! Schluß mit der brutalen Vertreibungspolitik der Belgrader Regierung!"
Wir fordern die Bundesregierung, den Bundestag insbesondere die grünen
Bundestagsabgeordneten und Regierungsmitglieder sowie die NATO auf, sofort aus
der Eskalationsspirale des Krieges auszusteigen.
Wir fordern im einzelnen
· die sofortige und einseitige Beendigung aller NATO-Luftangriffe und
aller NATO-Planungen für den Bodenkrieg; das kann durch Aufkündigung
der deutschen Beteiligung an den militärischen Aktionen und Planungen gefördert
werden; darüber hinaus fordern wir die Bundesregierung und die NATO auf,
das gebrochene Völkerrecht unmißverständlich wiederherzustellen
und zu respektieren. Alle weiteren Maßnahmen, die auf die Beendigung der
NATO-Luftangriffe folgen, bedürfen eines UN-Mandats
· politische Verhandlungen über die sofortige Ermöglichung
humanitärer Hilfe für die Menschen in Kosovo/a
· das Ermöglichen einer diplomatischen Initiative eines neutralen
Vermittlers, unter Einbeziehung von UNO und OSZE. Ziel muß es sein, einen
Interessenausgleich aller Beteiligten zu erreichen, der nicht den Keim eines
neuen Revanchismus in sich trägt. Hierin müssen auch alle anti-nationalistischen
Kräfte, die demokratischen Oppositionen Jugoslawiens und Kosovo/as einbezogen
werden,
· die unbürokratische Aufnahme aller Kriegsflüchtlinge und
Deserteure, die hier Schutz suchen wollen.
· eine angemessene zivile materielle Unterstützung der Staaten und
Republiken, die mit der Versorgung der aufgenommenen Flüchtlinge überfordert
sind, insbesondere Unterstützung für Albanien, Mazedonien und die
angrenzenden Nachbarstaaten
Wir fordern die Grüne Bundestagsfraktion, die grünen Regierungsmitglieder
und die Bundespartei auf, der Veränderung der NATO-Strategie, die u.a.
die Selbstmandatierung des Bündnisse ermöglicht, jede Unterstützung
zu verweigern.
Wir fordern
· einen sofortigen Stop der Vertreibungspolitik und der Menschenrechtsverletzungen
von Seiten der jugoslawischen Regierung,
· einen sofortigen Waffenstillstand aller in Kosovo/a handelnden militärischen
und paramilitärischen Einheiten der jugoslawische Regierung und der UCK.
Ziel muß eine vollständige Entmilitarisierung Kosovo/as sein. Wir
ermutigen alle an den Vertreibungen beteiligten jugoslawischen Soldaten und
Polizisten zu desertieren und fordern von den deutschen Behörden bedingungslose
Aufnahme dieser Personen.
Seit über zehn Jahren haben die gewählten Repräsentanten der
albanischen Bevölkerungsmehrheit im Kosovo versucht, mit Hilfe der internationalen
Völkergemeinschaft die Wiederherstellung der Autonomie zu erreichen. Dabei
ging es nicht um die auch von Deutschland auf dem Balkan beförderte Orientierung
auf die ethnische Definition politischer Grenzen, sondern vor allem um die Garantie
von Bürgerrechten.
Grüne Außenpolitiker, insbesondere G. Poppe und H. Lippelt, haben
diese Bestrebungen jahrelang unterstützt und mit allem Nachdruck gefordert,
die politische Opposition in Serbien und Kosovo zu stärken, um durch Förderung
der Demokratisierung bestehende Konflikte zu entschärfen und politische
Wege zu Lösungen zu finden.
Die internationale Staatengemeinschaft ignorierte jedoch den Konflikt solange,
bis die UCK so großen Einfluß gewonnen hatte, daß der Konflikt
militärisch eskalierte. Im Friedensvertrag von Dayton wurde der Konflikt
z.B. bewußt ausgespart. Während die gewaltfrei agierende politische
Kraft um den gewählten Präsidenten Rugova jahrelang keine relevante
politische Unterstützung erfuhr und entsprechend keine Erfolge vorweisen
kann, traf Ende Juni'98 US-Vermittler Holbrooke mit UCK-Vertretern zusammen
und setzte damit ein Zeichen für die Militarisierung internationaler Beziehungen.
Die Botschaft lautet: Konflikte werden nur beachtet und bearbeitet, wenn sie
militärisch, also gewaltsam angegangen werden.
Mit Beginn der NATO-Luftangriffe hat sich die Situation für die Menschen im Kosovo dramatisch verschlechtert. Neuer Haß wurde gesät, der Konflikt wurde weiter brutalisiert. Diejenigen, mit deren Menschenrechten die NATO ihre Militärschläge rechtfertigt, werden zu hunderttausenden rücksichtslos vertrieben, sind auf der Flucht. Die NATO-Bomben haben damit auch der menschenverachtenden Strategie des Milosevic-Regimes in die Hände gespielt. Dieses hat die Militärschläge als Kulisse für Terror und systematische Vertreibung genutzt. Tod, Hunger, Krankheiten, Obdachlosigkeit, verstärkte Gewaltbereitschaft der serbischen Soldateska und Zwangsrekrutierungen auf beiden Seiten sind die weiteren von allen Seiten zu verantwortenden Folgen.
Der Abzug der OSZE-BeobachterInnen und die militärische Eskalation machen
humanitäre Hilfe im Kosovo nahezu unmöglich.
Die NATO kann angesichts der von ihr mit zu verantworteten Situation und der
damit verbundenen Flüchtlingsströme, die vorhersehbar waren, ausschließlich
militärische Mittel einsetzen. Zu einer zivilen Konfliktregelung ist sie
weder in der Lage, noch willens.
Seit einem Jahr haben sowohl Serbien als auch die NATO und die UCK die militärische
Option als Drohpotential aufgebaut. Diese auch für die jeweilige Gegenpartei
sichtbar werdende Festlegung auf den Einsatz von Militär hat eine friedliche
Lösung scheitern lassen.
Die Befriedung zwischen ethnisch verhetzten Bevölkerungsgruppen, Armee
und bewaffneter Opposition ist eine mittelfristige Aufgabe, die nur durch Verhandlungen,
wirtschaftlichem Druck bzw. der Gewährung von Vorteilen sowie der Förderung
von Demokratisierung und Minderheitenschutz erreicht werden kann.
Die Entwicklung hat deutlich gemacht, wie absurd es war, mit militärischen
Mitteln die Menschenrechtssituation im Kosovo verbessern zu wollen. Das beträchtliche
ökonomische Potential der europäischen Länder muß nun dafür
eingesetzt werden, langfristig zivile Lösungen zu befördern sowie
die erbarmungswürdige Situation der Flüchtlinge zu verbessern und
die Folgen der kriegerischen Auseinandersetzung für die zivile Bevölkerung
in der Region abzumildern.
Auch die Zahl der Opfer der Bombenangriffe unter der Zivilbevölkerung in Jugoslawien wächst täglich. Neben den militärischen werden zivile Ziele bombardiert, die für die Versorgung der jugoslawischen Bevölkerung notwendig sind. Die Bomben, darunter uranhaltige panzerbrechende Munition, werden noch über Jahre hinaus schlimme soziale, politische und ökologische Folgen haben. Diejenigen politischen Kräfte in Serbien, die auf Frieden und Ausgleich setzen, wurden mit den Luftangriffen dramatisch geschwächt.
Die GRÜNE Verantwortung
Entgegen der Beschlußlage der Bündnisgrünen und den Bestimmungen des Koalitionsvertrages haben die Mehrheit der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die GRÜNEN und die grünen Regierungsmitglieder einem Angriffskrieg des Militärbündnisses NATO zugestimmt. Noch dramatischer ist es, daß der NATO-Angriff bzw. die Bundeswehr-Beteilung gegen das geltende Völkerrecht und die deutsche Verfassung verstoßen.
Wir kritisieren die Entscheidungen, die die GRÜNEN Regierungsmitglieder und die Mehrheit der GRÜNEN MdBs in den letzten Monaten in der Kosovo-Auseinandersetzung mitgetragen haben und fordern sie auf, ihre Unterstützung der abenteuerlichen NATO-Politik zu beenden. Dies wäre ein Beitrag dazu, die Politik der deutschen Bundesregierung und der NATO zu ändern. So würde eine Voraussetzung geschaffen, im Kosovo und in der gesamten Region zu einer friedlichen und den Menschenrechten verpflichteten Lösung zu kommen.
Neben der sofortigen Beendigung der NATO-Luftangriffe kommt es darauf an, durch den Einsatz nicht-militärischer Mittel, die auch kurzfristig Menschenleben retten können, eine umfassende politische und diplomatische Lösung für die Region zu erreichen. Dazu gehören:
1. Montenegro, Mazedonien und Albanien müssen großzügig unterstützt
werden, um das unmittelbare Elend der Flüchtlinge abzumildern. Die EU-Länder
müssen entsprechend der UN-Flüchtlingscharta die Bürgerkriegsflüchtlinge
unbürokratisch aufnehmen (Afrikanische Länder können dafür
als Beispiel gelten).
2. Eine Regionalkonferenz für Südosteuropa mit der Zielsetzung, die
Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatregionen sicherzustellen. In
Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten sind konföderative Elemente zwischen
und innerhalb der Balkanstaaten durchzusetzen. Dabei müssen die multi-ethnischen
Gegebenheiten der Staaten respektiert und ein verifizierbarer Minderheitenschutz,
abgesichert auch durch positive und negative Sanktionen, gewährleistet
werden. An den langjährigen Versöhnungs- und Wiederaufbauprozeß
müssen nicht nur staatliche Akteure, sondern auch Nicht-Regierungsorganisationen
mitwirken. Dadurch sollen die anti-nationalistischen und pazifistischen Oppositionsgruppen
gestärkt werden. Internationale GRÜNE Politik darf sich nicht auf
die Regierungsebene beschränken.
3. Verhandlungen, die Durchführung aller Maßnahmen und die Erhaltung
des Friedens muß durch nicht am Konflikt beteiligte, überstaatliche
Institutionen wie OSZE und UN gewährleistet werden. Unabdingbar ist das
Einschalten neutraler glaubwürdiger Vermittler, also Personen oder Institutionen.
Vorhandene Kontakte zwischen Nicht-Regierungsorganisationen können den
Verhandlungsprozeß befördern. Die NATO ist aufgrund ihrer Teilhabe
am militärischen Konflikt dafür nicht geeignet. Auch die deutsche
Bundesregierung scheidet solange als Konfliktvermittlerin aus, wie sie Kriegspartei
ist. Es liegt nahe, politische Vereinbarungen durch friedenserhaltende Einheiten
der zuständigen internationalen Organisationen OSZE bzw. UNO auf Grundlage
des Kapitel VI der UN-Charta abzusichern. An solchen Einheiten sollten sich
Deutschland und andere kriegführende Staaten nicht direkt beteiligen. Die
Einheiten sollten vielmehr von neutralen Staaten unter Beteiligung Rußlands
gestellt werden.
4. Die internationale Staatengemeinschaft muß umfassende Hilfe beim Wiederaufbau
aller Balkanstaaten leisten, die weit über das hinausgeht, was bisher an
Brosamen zugeteilt wurde. Dabei könnte die schwedische Regierung, die bereits
im Februar 1999 eine entsprechende Konferenz ausgerichtet hat, die Koordination
übernehmen. Auch um dem Ausbruch weiterer Konflikte in der Region vorzubeugen,
muß jede Unterstützung mit einem politischen und wirtschaftlichen
Integrationsangebot in Richtung EU verbunden werden.
Der NATO Grenzen setzen! OSZE und UNO stärken
Der Kosovo-Konflikt ist eng verknüpft mit der Formulierung der neuen NATO-Strategie,
in der die NATO-Selbstmandatierung für Militäreinsätze über
das Völkerrecht und damit faktisch das Gewaltmonopol der UNO außer
Kraft gesetzt werden soll. Der NATO-Krieg gegen Jugoslawien ist als Probelauf
für die beabsichtigte Strategie zu verstehen. Wir fordern, daß die
deutsche Regierung und der deutsche Bundestag der Umsetzung der neuen NATO-Strategie
der Selbstmandatierung für Einsätze jeder Art entsprechend dem Koalitionsvertrag
einen Riegel vorschiebt. Ohne das werden alle GRÜNEN Bemühungen zur
Krisenprävention und zur zivilen Konfliktlösung gegenstandslos.
UnterstützerInnen:
Kazim Abaci,
Gudrun Arp,
Andreas Bachmann,
Bertram Berberich,
Klaus-Peter Berndt,
Jutta Biallas,
Walburga Brandenburg,
Rudi Brandt,
Gerhard Brauer,
Horst Breth,
Andreas Bukowski,
Uli Cremer,
Margreth Diekert,
Ralf Fischer,
Cornelia Frieß,
Horst Görner,
Antje Graßhof,
Karin Gritzuhn,
Norbert Hackbusch,
Heino Hoffmann,
Lars Jaschob,
Lutz Jobst,
Julia Koppke,
Markus Krajewski,
Andrea Krieger,
Detlef Kröger,
Rainer Neumann,
Astrid Nissen,
Elke Rabanus,
Greta Rambatz,
Monika Reinhard,
Jörn Rieken,
Rainer Sauer,
Ralf Schneider,
Daniel Schulz,
Susanne Siems,
Heide Simon,
Volker Strantz,
Heike Sudmann,
Angelika Traversin,
Susanne Uhl,
Helga Wallat,
Helmut Warnke,
Michael Werner-Boelz,
Anke Wortmann,
Brigitte Zielke