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Zustand der Grünen

06.03.99

von abgermany@t-online.de (A B)

Ich war von 1982-88 und 90-94 Mitglied der GAL Uetersen und von 1983-88 und 90-94 Mitglied der Grünen. Nach der Euphorie der ersten Jahre bekam ich das Gefühl, in einer Art grünen FDP gelandet zu sein. Ich zog mich zurück und schrieb für die Lokalpresse Artikel über meine ehemaligen Mitstreiter. Wahlerfolge ermutigten mich 1990, es noch einmal zu versuchen, in der Hoffnung, neue Leute für Politik zu interessieren. Aber da waren die "Bei-der-Stange-Gebliebenen" schon viel zu verkalkt. Basisdemokratie - what a laugh...

Ich bin als naiver Freund von Umweltschutz, Basisdemokratie und Frieden Anfang der 80er zu den Grünen gestoßen, weil es mich reizte, etwas Neues mit neuen Ideen aufzubauen. Rotation, Vermeidung der Ämterhäufung, Beteiligung von möglichst viel Menschen an Entscheidungsprozessen, das fand ich gut und vernünftig. Aber was ist daraus geworden? Fucker über 40 (bin zum Glück noch drunter), die Anzüge tragen und selbstverliebt ihre Profilierung betreiben. Auch wenn Joschka ansonsten ein brillanter Kopf ist...

Die Grünen müssen ihre europäische Dimension entdecken, damit noch was nach vorne losgeht. Ökosteuer ist gut und schön, aber muß letztlich in ganz Europa durchgesetzt werden, um zu wirken und den Rest der Welt zu beeindrucken.

Außerdem müssen Grüne wieder auf die Straße, mit Büchertischen und Aktionen, wie am Anfang! Auch wenn es meistens frustrierend ist.

Mich kotzen diejenigen "Grünen" an, die zuhause noch Marx und Engels an der Wand hängen haben (wie Anke Bönisch) und eine Leninbüste auf der Kommode. Linke Ideologen haben diese Partei zerstört!

Ich war seit Anfang 1994 nur bei zwei Bundestagswahlen und habe rot-grün gewählt. Alle anderen Wahlen oder Volksabstimmungen habe ich mir geschenkt.

Es gibt heute glücklicherweise Technologien wie das Internet, um miteinander zu kommunizieren. Sowas gab es Anfang der 80er nicht. Für die Demokratie eine Chance.

Aber erinnern wir uns der Diskussionen um die Volkszählung. Überwachungsstaat - nein danke! Aber wie soll eigentlich die Einhaltung von Umweltschutzgesetzen eingehalten werden - außer durch Kontrolle, sprich Überwachungsstaat?

Der Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft birgt Risiken, eröfffnet aber auch Chancen. Kommt drauf an, wie man damit umgeht. Und da sehe ich das große Problem bei den Grünen: Die Parteistrategen wirken irgendwann genauso zum Kotzen wie bei jeder anderen Partei. Ihre Sprache reduziert sich auf Formeln, die vielleicht unter (Pseudo-)Intellektuellen ankommen, aber nicht "das einfache Volk" ansprechen, das durchaus seinen Sinn für Logik hat. Gunda Röstel und andere grüne Frauen im Fernsehen zu erleben heißt dem Breichreiz widerstehen.

Anfang der 80er waren die Grünen keine explizit feministische Partei, sie sind dazu umfunktioniert worden. Dafür habe ich nie gestanden.

Schwer vorstellbar, daß ich nochmal grün wähle. Vielleicht sogar SPD. Aber wahrscheinlich gar nicht mehr. Ich bin so was von enttäuscht...

abgermany@t-online.de (A B)



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