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Was nun - liebe Grüne?
von Karl-W. Koch
Bilanz:
Die Stunde der Wahrheit ist schneller gekommen, als uns lieb ist (und schneller
als erwartet).
Wir müssen feststellen, daß die Regierungsbeteiligung zu schnell,
zu überraschend und zu unerwartet über uns hereingebrochen ist.
Wir hatten in den uns (und unserer Wählerschaft) wichtigsten Punkten
entweder kein UMSETZBARES Konzept (Dies gilt sowohl für die Ökosteuer
als auch erst recht für den Atomausstieg) bzw. unser umsetzbares Konzept
war nicht mehrheitsfähig (wie uns die CDU Hessen bezgl. der doppelten
Staatsbürgerschaft vorgeführt hat!).
Das Verhängnis begann mit einem Koalitionsvertrag, in den die Grünen
nicht mal im Verhältnis der Wählerstimmen (1 : 6) ihre Themen wiederfanden.
Was drin stand, war häufig so unverbindlich definiert, daß jeder,
der die NRW-Braunkohle-Dauerkrise mitbekommen hatte, sich an den 5 Fingern
einer Hand abzählen konnte, was damit passieren würde. Und was schließlich
an grünen Essentials klar und fest im Koalitionsvertrag stand, wurde
in den ersten 100 Tagen von Schroeder "makulatiert" (Ausstieg aus
der Wiederaufarbeitung!)
Aber die Grüne Krise ist viel weitergehend:
· Die Anti-Atombewegung wurde durch die Vorgaben der Parteispitze
und die Umsetzung des neuen Umweltministers praktisch aus der Partei getrieben
(- und das übrigens, ohne in der "neuen Mitte" auch nur im
Geringsten zu punkten!);
· die Friedensbewegung wurde durch Verhalten der Abgeordeten
(Kosovo-Abstimmung) und weitere Statements unserer "Altoberen" (Äußerungen
im Dezember zum völkerrechtswidrigen Bombardement Iraks) ebenfalls vor
den Kopf gestoßen;
· Die Basis wurde mit dem Gerangel um die Trennung von Amt und
Mandat und Frauenquote verprellt;
· der Parteirat als neue Supergremium wurde putschartig ohne
ausreichende Disskussion und Alternativen übergestülpt;
· der Informationsfluß zu den Basismitgliedern, der eigentlich
hätte besser werden müssen, erstickt in nichtssagendem Pressegeseire.
· Die Anhängerschaft und Wählerschaft wurde mit der
übertrieben eitlen Selbstdarstellung einzelner endgültig in die
Nicht-Aktivität getrieben, wenn z.B. eindeutige vernichtende Niederlagen
(wiederum: Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung!) als "Erfolg" verkauft
wurden.
· Es ist keinerlei Strategie erkennbar, eine deutlich grünere
Handschrift in die Regierung einzubringen.
Die Schonfrist ist leider vorbei, wir kämpfen ab sofort um das nackte
Überleben als politische Größe in diesem Land! Direkt nach
der Wahl hatten wir eine starke Position, da die SPD damals nicht entgegen
allen Aussagen mit der F.D.P. in Koalitionsbett hüpfen konnte. Schon
heute sieht das anders aus: Wenn es Schroeder weiter gelingt, uns als Verhinderer
und Störer zu verkaufen, dann stehen die Altumfaller schon "Gewehr
bei Fuß", um die Republik zu retten!
Gegenstrategien:
1) Das "dünn" ausgefallene Koalitionspapier muß
mit Zähnen und Klauen verteidigt werden, jede Zustimmung zu Änderungswünschen
seitens der SPD muß von diesen mit Zugeständnissen an anderen Punkten
erkauft werden. Dabei muß die SPD als derjenige erkennbar gemacht werden,
der sich nicht an Absprachen hält ...!
2) Ab sofort muß über eine planmäßig angelegte
"Sollbruchstelle" der Koalition nachgedacht werden. Steigen wir
jetzt aufgrund eines unserer Kernthemen aus, gewinnen wir einen Großteil
unserer Glaubwürdigkeit zurück, bleiben bzw. werden wieder wählbar.
Hangeln wir uns dagegen noch 2 - 3 Jahre weiter und werden schließlich
kurz vor den nächsten Wahlen von der SPD abserviert, dann sind wir endgültig
weg vom Fenster. WIR haben nicht die "Sieben Leben" der F.D.P. (und
nicht deren steuerspargeiles Stammwählerpotential von 3 %).
3) In der Folge beider Schritte muß mittels des ohnehin anstehenden neuen Grundsatzpapiers eine Strategie erarbeitet werden, mit der die nächsten Landes- und evtl. Bundesregierungs-beteiligungen umgesetzt werden können. Dabei müssen wir uns bereits im Wahlkampf jeweils auf wenige umsetzbare Punkte konzentrieren und das unseren Wählern auch so vermitteln.
Der Traum eines R.S. aus S. von einem "Vorstoß weit ins bürgerliche Lager" ist jedenfalls schon ausgeträumt!
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