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DIE GRÜNEN IN BAD HEILBRUNN
Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen
c/o Jerry Melzer
Obermühl 4
83670 Bad Heilbrunn
E-Mail: ov@gruene-bad-heilbrunn.de
www.gruene-bad-heilbrunn.de


Zur Kenntnisnahme: an den Bundesvorstand, den bayerischen Landesverband etc.

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Stellungnahme des Ortsverbandes Bad Heilbrunn um das Positionspapier in
der Frankfurter Rundschau vom 28.06.99
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Wir vom Ortsverband Bad Heilbrunn (KV Bad Tölz-Wolfratshausen - Landesverband Bayern) haben uns mit dem 'grünen' Positionspapier, das gestern in der Frankfurter Rundschau (28.06.99) veröffentlicht wurde (und bereits ab Mitternacht im Internet zur Verfügung stand) befaßt; dazu unsere Stellungnahme:

* Obwohl wir eine laufende Auseinandersetzung mit Programm und Inhalten, mit Strukturen und auch Personen nicht nur für legitim, sondern auch für notwendig halten, um einer programmatischen und personellen Erstarrung vorzubeugen, wie wir dies immer wieder bei den bisherigen Regierungsparteien erlebt haben, die für einen längeren Zeitraum an der Macht waren. Insofern ist jeder Aufruf zu einer Erneuerung zu begrüßen. Ob dies für 'dieses' Positionspapier gilt, sei dahingestellt. Denn es enthält neben einer allgemeinen 'Publikumsbeschimpfung' (hier bezogen auf bestimmte grüne Parteimitglieder) kaum wirklichen programmatischen Aussagen.

* Zu kritisieren ist, daß hier nicht die partei-interne Auseinandersetzung gesucht wurde - das wäre recht und billig! - , sondern an der Partei, an den Betroffenen und Beteiligten vorbei die Medien benutzt werden, um sich in der Öffentlichkeit darzustellen. Der Ort einer solchen, durchaus berechtigten Auseinandersetzung wäre die partei-interne Presse - etwa in der Mitgliederzeitschrift 'schrägstrich' - und/oder eine Bundes bzw. Landesversammlung (so etwa auf der kommenden Landesversammlung der bayerischen Grünen in Lindau am 10./11. Juli) gewesen.

* Es besteht der Verdacht - und dieser wird durch die sprachliche Darstellung verstärkt - , daß sich hier bestimmte Leute persönlich profilieren wollen und daß es den Autoren vor allem, so wie die Frankfurter Allgemeinen Zeitung heute (29.06.99) in einem Kommentar schreibt, "um ihre politischen Chancen, um ihre Aufstiegschancen" geht, "die sie nicht durch die am Ende ihrer Möglichkeiten angekommene Gründergeneration gefährdet sehen möchten". Wenn sie sich um das Ansehen der Partei Sorgen machen, sollten sie uns einen Vorschlag machen, wie wir das, was in Bonn geschieht, als glaubwürdige 'grüne' Politik verkaufen sollen?

* Die Polemik dieses Papiers richtet sich offensichtlich gegen die partei-internen Kritiker , vor allem im 'Netzwerk' Basisgrün, gegen alle, die sich nicht auf einen aalglatten Anpassungskurs eingestellt haben und sich nicht mit bloßer Akklamation abfinden.
(Woher die Autoren das Recht nehmen, sich - pars pro toto - mit den Worten "Der Krawattenträger gehört genauso zu 'uns' ..." als 'die' Repräsentanten der grünen Partei darzustellen, bleibt mir unerklärlich.)

* Dieses Papier wird vermutlich nicht zur der von uns hier seit langem geforderten programmatischen Diskussion führen, sondern eher zu einer personellen und richtungsinternen Auseinandersetzung. Aber diese programmatische Diskussion ist angesichts der veränderten Rahmenbedingungen der grünen Partei (von einer reinen Oppositionspartei mit engem programmatischen Profil zu einer Regierungspartei, die jetzt alle Politikfelder abdecken möchte und soll) mehr denn je notwendig. Wir stimmen insofern mit der Autoren dieses Positionspapiers überein, daß eine Partei nicht von den alten Mythen und reinen Visionen leben kann, aber in diesem Papier geht es offenbar vor allem um die Sicherung der erreichten politischen Positionen, nicht aber um eine notwendige programmatische Erneuerung.

* Über dieses Papier hinaus, aber in einer gewissen Koinzidenz mit den dort geäußerten Gedan-ken: auch bei der genauen Analyse der (nicht nur hier Bayern) anstehenden Strukturreformen kristallisiert sich für uns heraus, daß es nicht nur um eine bessere Effizienz, um bessere Kommunikation, um Synergie-Effekte etc. geht - von uns sehr begrüßt! - , sondern auch um eine neue Machtverteilung zwischen Basis und den Funktionsträgern geht, ohne daß dies aber offen dargestellt und offen benannt wird. (Interessanterweise erfährt man sehr schnell aggressive Reaktionen, wenn man diese Überlegung öffentlich äußert.)

* Uns geht es aber nicht um ein prinzipielles pathologisch-neurotisches Mißtrauen gegenüber Funktionsträger; doch
sollte die schlichte Erkenntnis und Erfahrung, daß Macht häufig korrumpiert, für die 'grüne' Partei nicht gelten, wo man doch dies oft genug mit Recht bei anderen Parteien angeprangert hat? Wir halten eine Loyalität gegenüber den Funktionsträger schon für richtig; bloß die Frage ist, wie weit eigentlich diese Loyalität gehen soll? Und wem diese Loyalität gelten soll: es geht um bestimmte politische Ziele, nicht aber um Posten und Positionen von bestimmten Personen. Seit letztem Jahr aber verschiebt sich aber das Gewicht immer stärker auf bestimmte Personen, hinter das Programm immer mehr verschwindet. (Eben aus Loyalitätsgründen will ich hier nicht auf jene Artikel und Aufsätze hinweisen, die diese Veränderungen bei den Grünen seit einiger Zeit detailliert beschreiben und erklären. Offenbar werden diese Artikel von unserer Partei-prominenz und den Funktionsträgern nicht wahrgenommen und gelesen.)

* Welche Aufgabe billigt man der Basis noch zu: die Mitgliedsbeiträge entrichten, auf Landes- und Bundesversammlungen die Karrieren von bestimmten Leuten absichern (wobei man weiß, daß hinter den Kulissen gemauschelt, intrigiert und gekungelt wird!), Mehrheiten sichern und konform abstimmen, im übrigen applaudieren und akklamieren ...?

* Mir - Jerry Melzer - erscheint dieses Papier auch als Ausdruck eines Generationskonfliktes innerhalb der Grünen. So wie die FAZ vor etwa 18 Jahren die Existenz und Akzeptanz der Grünen, vor allem in den bürgerlichen Kreisen, durchaus zutreffend als Ausdruck eines Generationskonfliktes zwischen einer älteren (eben der Kriegsgeneration) und einer jüngeren (der Nachkriegsgeneration) interpretiert bzw. erklärt hat. - Bloß sollte man um die Absicherung erreichter persönlicher Karrieren die noch existierende Einheit der Partei nicht aufs Spiel setzen.

* Wenn sich die Autoren dieses Papiers etwa als Erben einer heruntergekommen FDP verstehen und somit vermutlich als Klientel die 'Besserverdienenden', vor allem jene gutverdienenden Youngster im Auge haben, so sollen sie dies direkt(er) sagen. Die Frage allerdings ist, wozu sie dazu die grüne Partei benötigen.

Unabhängig von der offensichtlichen Intention der Autoren (siehe oben!) meinen wir allerdings, daß man sich mit einer Reihe von Aussagen durchaus - allerdings in einem anderen Kontext und partei-intern - ernsthaft auseinandersetzen sollte.

Für den Wortlaut verantwortlich: Jerry Melzer

83670 Bad Heilbrunn, am 29.06.1999