Kleiner Beitrag zur Debatte

Was man vermeiden sollte:

1. Fortsetzung der Betroffenheitsstatements, die weder der Sache (hier vor allem die Auseinandersetzung um den Krieg im Kosovo) noch der Partei dienen;

2. Die persönlichen Angriffe (so wie ich dies z.T. in Bielefeld erlebt habe) auf einzelne Personen; diese Angriffe sind mehr Ausdruck der eigenen Betroffenheit, Ohnmacht und/oder Wut und tragen leider auch nichts zur Klärung bei; zudem haben diese Angriffe stark den Charakter von Selbstgerechtigkeit.

3. Vielleicht sollte man auch vermeiden, bestimmten Teilen der Medien und der Öffentlichkeit das Selbstzerfleischungsschausspiel zu liefern, auf das gewisse Kreise und Personen offensichtlich warten.

4. Hat mehr methodischen Charakter: die schier endlose Wiederholung der bekannten Statements; - Dinge, die gesagt worden sind und bekannt sind, müssen nicht noch einmal wiederholt werden.

Was man machen sollte:

1. Jenes kritische Potential aktivieren, das doch die Grünen vor allen anderen Parteien bisher auszeichnete.

2. Auf jene defensiven, moralisierenden Floskeln verzichten, die in den letzten Monaten leider auch von den grünen
Regierungsmitgliedern und Mandatsträgern bis zum Überdruß verwendet worden sind und somit jene kritischen Fragen geradezu verhindert haben; die zur Klärung der Sachverhalte notwendig gewesen wären.

3. Alles das zu hinterfragen, was uns in den letzten Monaten unreflektiert vorgesetzt worden ist (Beispiel: bei der Institution
der NATO handelt es sich wahrhaftig nicht um die Heilsarmee; als wenn das Vorgehen und die Politik der Vereinigten Staaten frei von wirtschaftlichen, militärischen, geopolitischen etc. Interessen wäre ... Aber diese Fragen werden nicht einmal gestellt!)

4. Zusammenstellung aller in diesem Zusammenhang wichtigen Fragen und Aufträge;

5. diese Fragen und Aufträge öffentlich - d.h. hier im Internet auf den Seiten von BasisGrün - bekanntgeben; gegebenenfalls in einer Pressemeldung an alle bedeutenden Zeitungen und anderen Medien darauf hinweisen.

6. Appell an alle an dieser Sache Interessenten, ihr Material, ihre Hinweise auf Literatur und Links zur Verfügung zu stellen.

Hier einige Konkretisierungen:
Zum Problem und Krieg im Kosovo:

* Detaillierte Vorgeschichte gegebenenfalls mit weiteren Verweisen auf Literatur, Links etc.
* Detaillierte Schilderung des Konfliktes bis zu Rambouillet; dies vor allem unter der Berücksichtigung des Einflusses der einzelnen 'Teilnehmer' (USA, GB, Deutschland).
* Kritischer Vergleich der offiziellen Äußerungen, Stellungnahmen etc. der NATO, der (nicht nur grünen) Regierungsmitglieder und Mandatsträger und dem tatsächlichen Verlauf des Krieges;
* Zusammenstellung aller bekannten völkerrechtlichen Stellungnahmen und Bedenken;
* In diesem Zusammenhang: Zusammenstellung aller kritischen Fragen, die eben in Bielefeld unbeantwortet blieben; darauf bestehen, daß diese Fragen von den grünen Regierungsmitgliedern und Mandatsträgern beantwortet werden;
* (Für mich auch unerläßlich: Zusammenstellung der Kosovo-Literatur; weitere Publikationen und Zeitschriften-Aufsätze; Zusammenstellung der entsprechenden Links im Internet)

Zu Bielefeld (zur Situation in der Partei)

* Zusammenstellung aller Rede-Beiträge, d.h. hier auch der kritischen Beiträge der Delegierten (Frage: gibt es ein vollständiges Protokoll über die BDK in Bielefeld? Gegebenenfalls unbedingt darauf bestehen!)

* Zu der weiteren Regierungs-Politik der grünen Regierungsmitglieder und Mandatsträger: welche programmatischen und politischen Konsequenzen gedenken sie aus dem Kosovo-Krieg (und auch aus der bisherigen Regierungspoltik) zu ziehen?

* Zusammenstellung aller Fragen und Probleme, von denen wir meinen, daß diese auf den nächsten LDK's - etwa Bayern am 10./11.07.99 in Lindau - und auf der nächsten BDK zur Diskussionen gestellt werden sollten und deren Beantwortung sich auch die entsprechenden Regierungsmitglieder, Mandatsträger und Parteigremien stellen sollten. (Wenn diese Fragen nur inoffiziell und irgendwo in der Basis geäußert werden, besteht für die oben genannten Personen und Gremien keine Verpflichtung, darauf einzugehen.)

Für mich geht es letztlich um folgende Zielsetzung:

* Nur die rationale Auseinandersetzung kann die entsprechenden Wissens- und Informationsdefizite beseitigen;

* Es werden die entsprechenden Positionen zur Sache und innerhalb der Grünen klar; somit kann jeder seine eigene Position erkennen und entsprechend reagieren:

* d.h unter Umständen für eine andere Akzentsetzung in der grünen Programmtik oder eine grundsätzlich andere grüne Politik innerhalb der Partei kämpfen - oder ...
* ... gegebenfalls erkennen, daß diese Partei nicht (mehr) die ist, für die mich engagieren möchte;
* man sieht aber auch, ob man mit seinen eigenen politischen Vorstellungen allein ist oder daß es andere Mitstreiter gibt ...

Jerry Melzer
post@jerry-melzer.de

05.06.1999 Antwort ins Forum: Forum@BasisGruen.de