Greenpeace

Presseerklaerung vom 26. Januar 2000

Strahlende Castoren bleiben ungeklaert.
Trittin muss halten, was Merkel versprochen hat

Hamburg 26.1.2000. Greenpeace kritisiert die Entscheidung von Bundesumweltminister Trittin, ab sofort wieder neue
Atomtransporte zu genehmigen. Die heute in Berlin vom Bundesamt fuer Strahlenschutz bekannt gegebene Genehmigung erfolgt knapp zwei Jahre nach dem Castorskandal und dem von der damaligen Umweltministerin Angela Merkel verhaengten Transportstopp.

Die Atomkraftwerke Biblis, Neckarwestheim und Philippsburg werden vermutlich als erste ihre hochradioaktiven Abfaelle in das Zwischenlager in Ahaus transportieren. Damit setzt sich die gefaehrliche Atommuellspirale wieder in Gang, bevor die Ursachen fuer die verstrahlten Castoren ausreichend untersucht wurden. "Angela Merkel hat versprochen, keine Transporte mehr zu genehmigen, bevor die Ursachen nicht vollstaendig aufgeklaert sind. Von Juergen Trittin erwarten wir, dass er diese Zusage einloest", sagt Susanne Ochse, Energieexpertin bei Greenpeace.

Die beiden wichtigsten Fragen - warum wurden bei manchen Transporten Grenzwerte ueberschritten und bei anderen nicht und warum sind die Grenzwertueberschreitungen bei der Abfahrt der Transporte nicht zu messen, sondern nur am Zielort - sind nach wie vor nicht beantwortet. Dazu gibt es nur Vermutungen, aber keine Belege.

Fuer eine fundierte Bewertung, wie es zu einer Verstrahlung der Castorbehaelter gekommen ist, muessen die
Original-Transport-Dokumente aller Atomtransporte ausgewertet werden und nicht nur die Angaben der Betreiber
ueber rund die Haelfte der Transporte. Nur so kann man herausfinden, welche Bedingungen beim Behaelter, beim Be- und Entladen oder im Atomkraftwerk zu den Grenzwertueberschreitungen gefuehrt haben. Eine solche Auswertung gibt es bisher nicht. Susanne Ochse: "Die Konsequenzen der Bundesregierung aus dem Castorskandal ist reine Symptombekaempfung."

Unter dem Druck der AKW-Betreiber, die nur mit Atomtransporten ihr ungeloestes Entsorgungsproblem vertuschen koennen, will das Bundesumweltministerium den Transportstopp aufheben, obwohl das Wichtigste, die vollstaendige Klaerung der Ursachen, nicht erfuellt ist.

Susanne Ochse: "Es ist unverantwortlich, wenn die Interessen der AKW-Betreiber Vorrang haben vor der
Sicherheit von Bahnarbeitern, Polizei oder Anwohnern der Transportstrecke". Bei hohen Kontaminationen koennten beim Hautkontakt mit radioaktiven Partikeln die Grenzwerte um das Tausendfache oder mehr ueberschritten werden.

Die vom Bundesumweltministerium geplante Auflage an die Betreiber, in Zukunft sauberer zu arbeiten, reicht nicht
aus, um Verstrahlungen sicher zu verhindern. Das zeigt auch das Beispiel Frankreich. Dort sind die Atomtransporte 1998 wieder aufgenommen worden. Laut der Zeitschrift Atomwirtschaft sind jedoch seitdem in 10 Faellen bereits wieder Grenzwertueberschreitungen vorgekommen, z.T. um das Mehrhundertfache.