zurück

Annelie Buntenbach (MdB)

PRESSEMITTEILUNG

NR. 0478/2001
der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Datum: 24.07.2001

Ereignisse international untersuchen, Dialog im eigenen Land beginnen

Zu den Ereignissen anläßlich des G-8-Gipfels in Genua vom 20. bis 22.7. erklären der innenpoltische Sprecher Cem Özdemir und der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele:

Die Ereignisse in Genua, die Polizeieinsätze und das Verhalten der Demonstranten, müssen durch eine unabhängige internationale Kommission untersucht werden.

Mit Erschütterung und großer Besorgnis haben wir die Berichte, über den erschossenen Demonstranten und die zahlreichen Verletzten auf Seiten der Demonstranten und der Polizisten verfolgt. Wie aus Fernsehdokumentationen und Presseartikeln hervorgeht, ist die Eskalation der Gewalt in Genua auch durch Polizeieinsätze gegen gewaltfrei Demonstrierende gefördert worden. Berichte, wonach Personen aus dem "Schwarzen Block" bei der Polizei aus- und eingingen, begründen den Verdacht einer Zusammenarbeit zwischen Provokateuren und Polizei und müssen überprüft werden. Völlig unverständlich und nicht zu rechtfertigen erscheint die polizeiliche Durchsuchung des Sozialforums und die Erstürmung der gegenüberliegenden Schule in den frühen Morgenstunden des Sonntags.

Das Geschehen in Genua ist keine rein inneritalienische Angelegenheit. Es geht uns alle an. Grundrechte auf Meinungskundgabe- und Versammlungsfreiheit gelten in ganz Europa. Alle EU-Bürgerinnen und EU-Bürger haben das Recht sich friedlich und ohne Waffen frei zu versammeln und Gehör zu verschaffen.

Die Wahrnehmung dieser Grundrechte darf auch nicht durch Ausweisentzug und Melde-auflagen in Deutschland mit fadenscheinigen Begründungen unmöglich gemacht werden, wie dies z.B. in Bundesländern wie Berlin und Brandenburg in den Wochen vor Genua dutzendfach praktiziert wurde. Ein Auffälligwerden im Zusammenhang mit Demonstrationen ohne eine einzige gerichtliche Schuldfeststellung kann nicht so schwerwiegende Eingriffe in Freiheitsrechte rechtfertigen. Diese mangelhaft begründeten Zwangsmaßnahmen in Deutschland widersprechen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und waren auch sinnlos. Damit wurde keine Gewalt verhindert und nicht zur Deeskalation beigetragen. Ganz im Gegenteil wurde die Stimmung vor Genua damit aufgeheizt. Auch die Praxis der Speicherung von Daten von Demonstranten bedarf der Überprüfung.

Die Kritiker der schwerwiegenden Folgen der Globalisierung für die Armen in den Ländern des Südens müssen ihren Protest überall gerade auch anlässlich sog. Gipfeltreffen öffentlich hörbar notfalls auch lautstark aber strikt ohne jede Gewaltanwendung vorbringen können. Die Forderung nach einem Dialog der Regierungen mit diesen Kritikern darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Fangen wir im eigenen Land mit dem Dialog an. Dafür muss jeder Anschein unzulässiger Kriminalisierung von Globalisierungskritikern beseitigt werden. Die Ereignisse in Genua müssen rückhaltlos und glaubhaft aufgeklärt werden.

Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Pressestelle
11011 Berlin
Telefon: 030/227-5 72 12/5 72 13
Fax: 030/227 5 69 62
E-Mail: presse@gruene-fraktion.de

 

      zurück