11. September 2001 und die Folgen
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18.10.2001

B90/Grüne KV Mannheim

Terrorismus bekämpft man mit Polizeimaßnahmen -
Militäreinsätze treffen keine Täter


Durch die Terroranschläge in New York wurden Tausende von unschuldigen Menschen verletzt und getötet. Das Ausmaß an Zerstörung übersteigt unsere Vorstellungskraft. Wir sind bestürzt und schockiert. Wir fühlen mit den Opfern, ihren Familien und ihren Freunden. Unsere Solidarität gilt ihnen und der ganzen amerikanischen Bevölke-rung. Wir trauern mit ihnen.

Diese Anschläge auf zentrale Gebäude der USA waren zugleich Anschläge auf die Militär- und Wirtschaftsmacht USA, wie auch auf das zivile Zusammenleben von Menschen. Auch deshalb sind wir betroffen und gefordert. Wir müssen eine zivilisierte Antwort darauf finden. Es gilt, die Verantwortlichen und Hintermänner der Anschläge zur Rechenschaft zu ziehen. Auch wenn diese Terrorakte hinsichtlich Gewalt, Zerstörung und Leid das Ausmaß eines Angriffes im Krieg haben: Sie sind etwas anderes. Es sind und bleiben Terrorakte, deshalb müssen wir darauf ande-re Antworten als Krieg finden.

I. Die Mitglieder von Bündnis 90/ Die Grünen dokumentieren mit in ihren Veranstaltungen und Diskussi-onen den Willen, nach neuen Antworten auf die Bekämpfung eines internationalen Terrorismus zu su-chen. Wir möchten die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen ebenso ernst nehmen, wie die Angst und Gefahren, die von militärischen Handlungen ausgehen können - deshalb suchen wir die verantwor-tungsbewußte Diskussion in der Gesellschaft. Wir wissen aber auch, daß es 100% Sicherheit gegen Kriminalität - auch global - nicht gibt.

II. Wir unterstützen alle polizeilichen Maßnahmen im Rahmen des Völkerrechts der Vereinten Nationen, die zur Ergreifung der Täter und Hintermänner der Attentate vom 11. September führen. Die Terroris-ten müssen vor einem Internationalen Gericht zur Verantwortung gezogen werden, weshalb wir gerade die USA auffordern, ihre bislang ablehnende Haltung gegenüber einem solchen Internationalen Straf-gericht aufzugeben. Der Einsatz von Spezialeinheiten wird von uns unterstützt, sofern sie die Erfül-lung polizeilicher Maßnahmen zum Ziel haben.

III. Es ist Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft, terroristische Anschläge zu verhindern. Sie muss aber auch die tiefliegenden Ursachen von Hass und Gewalt bearbeiten. Deshalb fordern wir eine neue "Weltinnenpolitik", die zum Ziel hat, Ursachen, Erscheinungsformen, Folgen und Wechselbezie-hungen jener Gefährdungen zu analysieren, die der Menschheit weltweit drohen und plausible Wege aus der Gefahr zu weisen. Die Prüfung bzw. Erarbeitung kooperativer Strategien zur Gewalt- und Kon-fliktprävention hinsichtlich militärischer, ökonomischer und sozialer Gefahren muß im Zentrum inter-nationaler Kooperation stehen. Die internationale Gemeinschaft wird aufgefordert, jede Unterstützung eines politischen Regimes an die Bedingung der Umsetzung der Frauenrechte zu knüpfen.

Wir fordern den Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen auf, in die-sem Sinne Konzepte vorzulegen und Diskussionen in die Öffentlichkeit zu tragen.

IV. Wer die Freiheit verteidigen will, darf nicht das Recht auf Freiheit aufgeben. Das gilt für die äußere wie für die innere Sicherheit. Sicherheit erhöhen und Bürgerrechte bewahren und stärken, das ist in dieser Zeit unsere Aufgabe. Eine Innenpolitik nach den Vorstellungen von Schily/ Beckstein werden wir jedoch nicht mittragen. Jede Begrenzung der Freiheit muß sorgsam mit der tatsächlichen Gefah-renlage und dem möglichen Gewinn an Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger abgewogen werden.

Wir wollen eine viel bessere personelle und technische Ausstattung der Polizei, denn die Polizei und nur die Polizei ist für die öffentliche Sicherheit verantwortlich. Eine Grundgesetzänderung zur Aufhe-bung der Trennung von Polizei und Bundeswehr - also um den Einsatz der Bundeswehr im Innern zu ermöglichen lehnen wir ab. Ebenso verweisen wir jedoch auch auf die Gefahren, die von deutschen Atomkraftwerken ausgehen. Auch hier gilt es, Sicherheit zu garantieren, weshalb wir uns jetzt erst recht für einen schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie einsetzen werden.

V. Wir rufen dazu auf, nicht in Verurteilungen des Islam und der bei uns lebenden Muslime zu verfallen. Es gilt, den Dialog zwischen den Kulturen zu intensivieren und auszubauen. Die Integration der hier lebenden AusländerInnen steht mehr denn je auf der politischen Tagesordnung. Deshalb setzen wir uns mit allem Nachdruck weiterhin dafür ein, Zuwanderung aus wirtschaftlichen und demografischen Gründen zu ermöglichen, ohne im Gegenzug humanitäre Standards für Flüchtlinge zu senken.

VI. Krieg ist keine Lösung. Wir glauben nicht, dass der Terrorismus mit militärischen Mitteln bekämpft werden kann, erst recht nicht mit Bomben und Truppen derjenigen, gegen die sich der Hass vieler schon vorher gerichtet hat. Gerade nach dem 07. Oktober 2001 und den Luftangriffen der USA wächst die Gefahr, daß der Terrorismus statt notwendiger Ächtung eher noch Solidarität erfährt. Das wäre die Erfüllung dessen, was die Terroristen beabsichtigen: der nächste Schritt auf dem Weg zum vollständi-gen Sieg des Hasses über alles Menschliche.

Wir glauben nicht, daß 'uneingeschränkte Solidarität' völlige Kritiklosigkeit gegenüber dem Handeln der USA bedeuten muß. Es ist die Pflicht der deutschen Regierung auf Besonnenheit und Zurückhal-tung zu drängen, auf Rechtsstaatlichkeit, auf Einhaltung des Völkerrechts und vor allem auf den Schutz der Zivilbevölkerung. Es ist die Aufgabe von uns Deutschen auf eine nichtmilitärische Terroris-musbekämpfung zu bestehen, diese voranzutreiben und zu Erfolgen zu führen, denn "Deutsche Au-ßenpolitik ist Friedenspolitik."

VII. Nach zwölf Tagen Bombardierung ist es notwendig, jetzt einen Schritt zu machen, die eigenen Krite-rien anzulegen und zu überprüfen, ob sie eingehalten werden. Mit dem Beschluß des Länderrates vom 06. Oktober 2001 wird verlangt, daß "... jedes mögliche Vorgehen eingebunden sein [muß] in ein po-litisches Konzept, das über den Tag hinausweist...". Wenn die militärischen Schläge sehr präzise vor-bereitet wurden, dann müssen auch die politischen, die humanitären, die menschenrechtlichen Rah-menbedingungen sehr genau vorbereitet werden. Damit ist für uns klar: Grenzen öffnen für Flüchtlin-ge, Anrainerstaaten wie Pakistan und Iran selbstverständlich unterstützen in der Aufnahme der Flüchtlinge und auch in Afghanistan Zugang schaffen für Hilfsmittel und für UNO-Organisationen. Die von der UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson geforderte Unterbrechung der Angriffe zur Versorgung der Millionen Flüchtlinge markiert ein Minimum an Humanität.

Der Kreisverband Mannheim fordert deshalb Bundesvorstand und Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen auf, die Bundesregierung von ihrer starren Haltung abzurücken und auf ein sofortiges Ende aller Luftangriffe zu drängen. Die Abgeordneten von Bündnis 90/ Die Grünen fordern wir auf, einer Beteiligung deutscher Soldaten bei Kampfeinsätzen in Afghanistan nicht zuzustimmen.