11. September 2001 und die Folgen
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15.10.2001

Beschluesse des Bundesfrauenrats

Am vergangenen Wochenende hat der Bundesfrauenrat von BUENDNIS 90/DIE GRUENEN folgende Beschluesse gefasst:

Bombardierung beenden - Zivilbevoelkerung schuetzen - Frauen staerken!

Der Bundesfrauenrat erwartet, dass GRUENE Bundestagsabgeordnete ihre Haltung zur aktuellen amerikanischen Kriegsfuehrung ueberpruefen:

Die militaerischen Aktionen der USA gegen terroristische Strukturen des Taliban-Regimes in Afghanistan haben die schon zuvor unvergleichlich schwierige Situation der Zivilbevoelkerung, hier vor allem der Frauen und Kinder, dramatisch verschaerft.

Die Fluechtlingsstroeme werden nach Schaetzungen der UNO auf bis zu 7,8 Millionen Menschen ansteigen und dies kurz vor dem anbrechenden Winter. Schon jetzt sammeln sich Hunderttausende vor den geschlossenen Grenzen ohne Hilfe.

Gleichzeitig fliegen die Militaerflugzeuge nach Expertenauskunft zum Teil mit der Haelfte der Bomben zurueck, weil es in dem zerstoerten Land nach zwanzig Jahren Krieg keine sichtbare Angriffsziele mehr gibt. Die Abwurfaktion der Hilfspakete wird von humanitaeren Organisation einhellig verurteilt, weil sie in einer unwegsamen Gebirgsregion, in dem Land , das die weltweit groesste Minendichte aufweist, mehr schadet als nuetzt. Waehrend sich die Terroristen laengst in sichere Regionen zurueckgezogen haben, sind in den Staedten Frauen, Kinder und Alte den Bombardements schutzlos ausgeliefert.

Die Bombardements in Afghanistan muessen eingestellt werden, damit die Moeglichkeit gewahrt bleibt, die fluechtende Zivilbevoelkerung vor Hunger und Erfrieren zu retten. Insbesondere der jetzige Einsatz von Streubomben bringt die Zivilbevoelkerung in Lebensgefahr und loest im Land wie auch in allen islamisch gepraegten Staaten Solidarisierung mit den Taliban und Bin Laden aus: Eine Buergerkriegssituation droht gegen die pakistanische Regierung, in einem Land, das ueber Atomwaffen verfuegt. Der Mangel an Infrastruktur in Afghanistan verhindert die dringend notwendige Versorgung der Millionen von Fluechtlingen, insbesondere der Binnenfluechtlinge. Der Bundesfrauenrat fordert, dass die Bundesrepublik sich angesichts des nahenden Winters fuer eine sofortige OEffnung der Grenzen der Anrainerstaaten einsetzt und diese bei der Fluechtlingshilfe umfassend unterstuetzt. Wir verurteilen den grausamen Tod von fast 6000 Menschen durch einen in dieser Dimension bisher nie dagewesenen Terroranschlag in den USA am 11. September 2001. Er rechtfertigt aber nicht, das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel zu setzen. Reaktionen auf die Terrorakte muessen sich am internationalen Recht und am Prinzip der Legitimitaet ausrichten. Das Voelkerrecht kennt keine Rache. Unabdingbar ist es, dass die UNO ab sofort eine wesentlich staerkere Rolle uebernimmt. Die Europaeische Union und ihre Mitgliedsstaaten sehen wir verpflichtet, kuenftig in der Aussen- und der Internationalen Politik die Frauenpolitik zu verankern. Aktuell muessen Frauen mindestens bei der Hilfsgueterverteilung und Fluechtlingshilfe eingebunden werden. Schon in der Vergangenheit hat die Aufruestung der Taliban und anderer muslimischer Organisationen bis in die 90er Jahre eine weitere Militarisierung des Gebietes und den Terrorismus gefoerdert. AEhnlich problematisch sehen wir die derzeitige Aufruestung der Nordallianz. Deshalb sollte die Bundesrepublik ihr internationales Gewicht nutzen, um wirksame Strategien zur Entmilitarisierung dieser Region zu entwickeln und fuer sie einzutreten. Frauen sind in Afghanistan seit Jahrzehnten, und dies nicht erst seit der Taliban-Herrschaft, Opfer massivster Unterdrueckung. Ihre Menschenwuerde wird mit Fuessen getreten, jegliches Grundrecht wird ihnen verwehrt. Die Einbeziehung von (Exil-) Frauen und Frauenorganisationen in der zukuenftigen afghanischen Gesellschaft, die sich waehrend des zwanzigjaehrigen Krieges fuer die Rechte der Frauen im Land eingesetzt haben, ist unverzichtbar. Frauen und Maedchen muessen von der Weltgemeinschaft aktiv bei der Wahrnehmung von politischen und gesellschaftlichen Funktionen unterstuetzt werden Wir fordern: · Sofortige Einstellung der Bombenangriffe auf Afghanistan · Sofortiger Stop von Waffenlieferungen in die Region, Einsatz fuer Entmilitarisierungskonzepte · Schaffung von Schutzkorridoren fuer die Zivilbevoelkerung auf der Flucht und fuer Deserteure · Einsatz fuer die OEffnung der Grenzen - auch in Europa - fuer Fluechtlinge dieses Konfliktes, umfassende Unterstuetzung der Fluechtlingshilfe, insbesondere der dabei engagierten Frauenorganisationen · endlich Anerkennung nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund · "Im Krieg ist vor dem Frieden" - Foerderung politischer Konfliktloesungskonzepte, insbesondere demokratischer afghanischer Gruppierungen, langfristig Foerderung aktiver Wiederaufbauhilfe, insbesondere im Bildungsbereich, und Foerderung von Rueckkehrperspektiven fuer ExilantInnen · Unterstuetzung von unabhaengigen afghanischen Frauenorganisationen, z.B. der RAWA.

Ohne die Gleichberechtigung der Frauen in Afghanistan ist kein dauerhafter Friede moeglich. Jede zukuenftige Regierung muss Frauen gleichberechtigt beteiligen und Frauenrechte staerken. Die internationale Gemeinschaft wird aufgefordert, jede Unterstuetzung eines politischen Regimes an die Bedingung der Umsetzung der Frauenrechte zu knuepfen.

Der Bundesfrauenrat erwartet vom Bundesvorstand Unterstuetzung fuer eine Anbahnung und Befoerderung von Kontakt- und Kommunikationswegen zur Vernetzung von Frauen aus europaeischen und islamisch gepraegten Laendern, insbesondere zur Hilfe fuer Frauen in Afghanistan.

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Der Bundesfrauenrat B90/Gruene forderte am 14. 10. 2001 den Bundesvorstand auf, die beiden Spendenkonten der bisher bekannten langjaehrig arbeitenden afghanischen Frauenorganisationen in der Partei bekannt zu machen und in die Medienarbeit einzubeziehen. Wir bitten die Medien, ueber die frauenpolitische Arbeit von Frauen zu recherchieren und zu berichten.

Frauenorganisationen, die seit ueber zwanzig Jahren unter den schwierigsten Bedingungen nicht nur UEberlebensnetze organisieren, so zum Beispiel Krankenstationen in Afghanistan und im Exil betreiben, sondern auch die Bildung und das Selbstbewusstsein von Frauenstaerken, sowie internationale Kontake aufrecht erhalten.

RAWA wurde 1977 gegruendet und hat seit 1997 eine eigene Homepage. http:www.rawa.org

Spendenadresse: Afghanistan Kultur und Kommunikationzentrum, Postbank BLZ: 100 100 10 Kontonr: 0203 979 103 Kennwort RAWA

SHUADA, Homepage: http://www.shuada.org.

DieOrganisation arbeitet eng mit Terre des Femmes zusammen, Tel: 07071 79730 Kontonr: 010-1834461 290 Stichwort SHUADA bei der Standard Chartered Grindly Bank, Genaha Road, Quetta, Pakistan