11. September 2001 und die Folgen
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Samstag, der 22. September 2001

Grüne Basis setzt sich gegen „Flügel“ durch!

Auf einem an „Dramaturgie des Ablaufes“ kaum zu überbietenden Parteitag (LDV) haben die rheinland-pfälzischen Grünen eine Resolution zu den Terroranschlägen und ihren Folgen verabschiedet, welche der Parteispitze und vor allem der Bundesebene ihre Abgehobenheit von der Basis lebhaft vor Augen führt. Zwar wurde letztendlich als Grundlage der Parteitagschluss genommen, allerdings wurden dabei schwerwiegende
Änderungen hineingestimmt bzw. von den Antragstellern bereits eingebracht, wie:

- „Der Kampf gegen den Terrorismus ist ein Kampf gegen Hunger, Elend und Verzweiflung in der Welt. Wer diese nicht bekämpft, schöpft nicht alle Mittel im Kampf gegen den Terrorismus aus.“
- „Deshalb fordern wir die Bundestagsfraktion und die Parteiführung auf, klar gegen den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen des beschlossenen Bündnisfalles Stellung zu beziehen und ihr Abstimmungsverhalten danach zu richten.“

Die Zustimmung zum Bündnisfall im Parteiratbeschluss („können wir ... nicht widersprechen“) wurde ersetzt durch:
- „Wir stehen der Entscheidung der Bundesregierung, den „Bündnisfall“ in der NATO gemäß Art. 5 des NATO-Vertrages festzustellen (falls die Ermittlungen zu den Terroranschlägen ergeben, dass diese von außerhalb der USA gesteuert wurden) kritisch gegenüber.“

Vorausgegangen war ein Chaos, das selbst bei Grünen Seltenheitswert hat:
Zwar bekam (nach Zurückziehen von 3 Anträgen – es blieben der Landesvorstand-Antrag und eine Antrag des MdL Bernhard Braun/W. Altvater Ludwigshafen) zunächst der Landesvorstand-Antrag eine knappe Mehrheit, über Änderungsanträge wurden aber sinngemäß genau die im späteren Antrag gegenüber dem Parteirat geänderten Verschärfungen in den Landesvorstand-Antrag hineingestimmt. Dies geschah ebenfalls immer mit
so knappen Mehrheiten, dass jeweils ausgezählt werden musste. Bei der Übernahme der Aussage für eine Aufforderung an die Bundestagsfraktion und Partei, gegen einen Bundeswehreinsatz zu stimmen, durch die
Versammlung gab es eine vom Landesvorstand beantragte Unterbrechung.
Danach wurde vom Landesvorstand der Antrag zurückgezogen, so dass kein Beschluss möglich gewesen wäre. Begründung war, „der Antrag sei durch die Änderungen/Ergänzungen in sein Gegenteil verkehrt worden. Da in der ursprünglichen Version des Landesvorstandes jedoch von der „... grundsätzlichen Ablehnung einer Beteiligung des Bundeswehr an kriegerischen Aktion gegen irgendwelche Staaten ...“ die Rede war, war
das Vorgehen der Versammlung nicht mehr als eine legitime Verschärfung und Erweiterung der Formulierung.

In dieser Phase stand der Parteitag vor seiner Auflösung. Die AntragstellerInnen und der Landesvorstand kamen überein, der Versammlung anzubieten, den Antragschluss aufzuheben (2/3-Mehrheit), um zuvor zurückgezogene Anträge erneut zulassen zu können. Dies geschah auch und darauf wurde der o.e. Antrag von Rhein-Hunsrück eingebracht sowie der von Reiner Marz, MdL u.a., der wesentlich näher beim Landesvorstand-Antrag gelegen hatte. Der Antrag Rhein-Hunsrück bekam dieses Mal eine deutliche Mehrheit. Änderungsanträge, um jetzt die
ursprüngliche Landesvorstand-Richtung wieder herzustellen, scheiterten ebenfalls deutlich.

Höchst interessant erscheint, dass der Landesvorstand-Antrag flügelübergreifend von „Realos“ und großen Teilen der „Linken“ im Landesvorstand und Fraktion gestützt wurde, während auf der anderen Seite sich ein breites Bündnis von Basisvertretern um den MdL B. Braun bildete.

Als Konsequenz des Scheiterns ihres Antrages traten zwei Landesvorstandsmitglieder (B. Hackebeil, Landesschatzmeisterin und B. Linke-Lotz, Beisitzerin) von ihren Ämtern zurück.

Karl-W. Koch