Beschluß der Mitgliederversammlung des OV Witten
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN vom 22. April 1999

Schluß mit den Bombardierungen!

Nein zum Krieg gegen Jugoslawien!

Für zivile Konfliktlösung im Kosovo!

Seit dem 24. März 1999 befindet sich Deutschland im Krieg. Zusammen mit seinen Verbündeten begannen deutsche
Kampfflugzeuge ihren Überfall auf Jugoslawien. In eklatanter Verletzung des Völkerrechts führen die NATO-Truppen einen
Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat.

Dies verstößt gegen das Völkerrecht und die Charta der Vereinten Nationen, gegen die deutsche Verfassung, sowie den 2+4-Vertrag.

Es bestreitet niemand, daß es einen schweren Konflikt im Kosovo gibt. Zweifellos trägt Serbien seit Jahren die Hauptverantwortung für die Konflikteskalation. Mord und Vertreibung sind durch nichts zu rechtfertigen, ebensowenig wie die Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen. Unmißverständlich verurteilen wir an dieser Stelle die vom Milosevic-Regime begangenen Menschenrechtsverletzungen. Wir stellen aber fest, daß die einseitige Einmischung der westlichen Staaten, die Unterstützung und Bewaffnung der UCK aus diesem Konflikt im Kosovo erst einen Bürgerkrieg gemacht hat. Dieser Bürgerkrieg trägt die häßlichen Züge eines jeden Krieges und kennt Täter und Opfer auf beiden Seiten.


Es bestehen berechtigte Zweifel an den vorgegebenen, humanitären Zielen dieses Krieges:

+ Die NATO eskaliert durch ihre Bombardierungen die Situation im Kosovo noch weiter, die sie vorgibt lösen zu wollen.

+ Es werden in großem Ausmaß auch zivile Ziele angegriffen, darunter chemische Fabriken - die Folgen für die Bevölkerung sind nicht berechenbar, in den meisten Fällen katastrophal.

+ Die humanitäre Lage in Krisen und Katastrophengebieten, die Situation von Flüchtlingen und Vertriebenen und ihre Menschen- und Selbstbestimmungsrechte spielen in der westlichen Politik in der Regel kaum eine Rolle - auch da wo mit relativ wenig Mitteln effektive Hilfe geleistet werden könnte.

+ In vielen Fällen, wie bei der Vertreibung der Serben aus der Krajina im heutigen Kroatien oder beim verheerenden Krieg der türkischen Armee gegen die Kurden in der Türkei werden die Verbrechen mit westlicher Unterstützung verübt.


Ansätze zu einer Beilegung des Konflikts wurden nicht ernsthaft verfolgt. Unter anderem:
+ war nach Aussagen von OSZE-Vertretern ein Erfolg der OSZE- Mission im Kosovo wahrscheinlich gar nicht erwünscht gewesen (s. Willy Wimmers, CDU-Abgeordneter und Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, "junge Welt" v. 26.3.)

+ fanden in Frankreich keine echten Verhandlungen statt. Statt in gemeinsamen Verhandlungen nach Kompromissen zu suchen, wurden die Parteien getrennt und wurde ultimativ die Unterzeichnung eines von den NATO-Staaten formulierten
Abkommen gefordert.

+ scheiterte ein mögliches Abkommen mit Jugoslawien, das den politischen Teil des Entwurfs akzeptierte hatte, daran, daß die NATO neutrale Truppen und Beobachter kategorisch ablehnten.

+ fehlten die Garantien dafür, daß eine weitgehende Autonomie des Kosovos nicht der erste Schritt zur Abspaltung der Provinz ist.

Das erste was auf der Strecke blieb ist die Wahrheit Die Berichterstattung ist geprägt von Einseitigkeit und Propaganda.
Die serbische Seite wird dämonisiert und in der Person "Milosovic" personifiziert. Doch es ist kein "Krieg gegen Milosevic" sondern gegen ein ganzes Land, der Opfer in der gesamten Bevölkerung fordert.

Es werden täglich Bilder von Flüchtlingen gezeigt, doch wird dabei wie so oft ausgeblendet, daß nicht nur serbische Einheiten im Kampf sind, daß unter den Flüchtlingen in großer Zahl auch serbische Familien sind und daß viele aus den Städten auf der
Flucht vor den Angriffen der Raketen und Kampfflugzeugen sind. In großer Besorgnis um die Bevölkerung Jugoslawiens - in Kosovo wie im übrigen Land, mit Empörung und Scham über den Einsatz deutscher Truppen in einem Land das erst vor einem halben Jahrhundert den Terror der deutschen Wehrmacht erdulden mußte voll Zorn über die einseitige Berichterstattung und Propaganda in westlichen Medien fordern wir:

+ Die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen gegen Jugoslawien

+ Rückzug aller NATO-Truppen vom Balkan

+ Raum für echte Vermittlung im Konflikt durch neutrale Staaten und Institutionen

+ Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr

+ Flüchtlingen, die nicht an ihre Herkunftsorte zurückkehren können oder wollen, unbeschränkt Asyl zu gewähren

+ Strafverfahren vor dem Gerichtshof in Den Haag gegen Kriegsverbrecher - gleich von welcher Seite


Wir mißbilligen, daß unsere Grünen Regierungsmitglieder und die Mehrheit der Grünen Abgeordneten die politische Grundlage für die deutsche Beteiligung geschaffen haben. Wir unterstützen die 7 Grünen MdB, die auch am 26. März trotz enormen politischen Drucks der Kriegslogik widerstanden und ihre Zustimmung zum Kosovo-Beschluß des Bundestages verweigert haben.

Wir fordern die Grünen Regierungsmitglieder und Abgeordneten auf - ohne Rücksicht auf Regierungsbeteiligung - ihre Unterstützung der völkerrechtswidrigen NATO-Politik zu beenden, zur Beschlußlage der Grünen Partei zurückzukehren und ihren Einfluß zu benutzen, den Angriffskrieg gegen Jugoslawien sofort zu beenden. Wenn sie dazu nicht bereit sind, fordern wir sie auf, ihr Mandat niederzulegen.

Außer einem sofortigem Stopp der Angriffe fordern wir die Wiedergutmachung der angerichteten Schäden. Die Mittel für
deutsche Reparationszahlungen sollen aus dem Etat des "Verteitigungsministeriums" bezahlt werden.

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Athanasios Papoulias
Alte Straße 49
58452 Witten
Tel.: 02302 / 933147
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