Dortmunder Rede von Ralf Henze

Liebe Freundinnen und Freunde,

heute findet für die linke Politik in Deutschland ein wichtiges Ereignis statt. Wir wollen hier den Grundstein legen für ein gemeinsames politisches Netzwerk, das unabhängig von den Parteien in Deutschland arbeitet und an dem die Basis sich aktiv beteiligt.

Mit Basis wird hier nicht irgendeine Parteibasis gemeint, sondern alle von der Politik betroffenen Menschen. Einer der Vorreiter dieses grün-links-alternativen Netzwerks ist BasisGrün, das vor 3 ½ Jahren entstand, als eine Gruppe Grüner der machtorientierten Politik Grüner Parteimitglieder in der schleswig-holsteinischen Regierungskoalition Inhalte entgegensetzen wollte.

Auslöser für die bundesweite Vernetzung von BasisGrün im letzten Jahr war der 5-Mark-Beschluß des Magdeburger Parteitages: anstatt in die Offensive zu gehen, knickten die FunktionärInnen vor den Medien ein. Vielen in der Partei wurde deutlich, daß es ihnen nur um den Einzug in die Regierung ging, eben um die Macht um jeden Preis, die Bündnisgrünen waren praktisch umsonst zu haben. Etliche verließen daraufhin die Partei, andere wollten aber dem Verlassen grüner Programmatik etwas entgegensetzen. Bei mir meldeten sich ein paar Mitglieder aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit dem Wunsch nach einem bundesweiten BasisGrün, dem ich anfangs nur ungern nachkam, bedeutete es doch mehr Arbeit.

Am Rande der Bonner Bundesdelegiertenkonferenz im Oktober fand ein erstes bundesweites Treffen statt mit Grünen aus Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Dies war der eigentliche Startschuß für das Projekt, wie es sich heute darstellt: ein bundesweites Netzwerk von Menschen, denen es um Politik auf Grundlage der vier grünen Grundsäulen geht: ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei.

Ende November fand das erste Treffen im Südwesten, in Mannheim, statt, im Dezember, am Rande der Leipziger Bundesdelegiertenkonferenz waren bereits Mitglieder aus anderen Bundesländern dabei, weitere Treffen, auch mit anderen linken Gruppierungen folgten.

Für den kostengünstigen und schnellen Informationsaustausch bot sich das Internet an, über die Homepage sowie per E-mail. So wurden in Vorfeld der Parteitage auch Anträge über diese Medien diskutiert. Am Rande des Erfurter Parteitages wurde dann die BasisGrüne Erklärung verabschiedet, in der die Ziele von BasisGrün kurz umrissen sind, auf die ich an dieser Stelle eingehen möchte:

Was bedeutet der Name BasisGrün? Er ist keine Tatsachenbeschreibung, sondern Forderung: 'grün' bedeutet nicht eine Parteibezeichnung, sondern ein Programm, 'basis' heißt nicht Mitgliedschaft, sondern demokratischer Politikstil.

Als gesellschaftliche Basis betrachten wir dabei nicht eine undefinierbare und daher für jeden Zweck herbeizitierbare schweigende Mehrheit in einer Partei oder eine klassenlose Gesamtbevölkerung, sondern die systematisch Benachteiligten und Übervorteilten, die Opfer von Herrschaftshandeln und die Bevormundeten. Um diese Basis zu stärken, werden in erster Linie MitstreiterInnen und nicht AnhängerInnen gesucht, also Menschen, die aktiv mitmischen wollen. Nicht die mediengerechte Darstellung, sondern die gesellschaftliche Verankerung in den alternativen und traditionell linken aktiven Gruppierungen staats- und wirtschaftskritischer Bürgerinnen und Bürger ist die Orientierung basisgrünen politischen Handelns. Von dieser gesellschaftlichen Basis lassen wir uns gern jederzeit in 'unsere' Politik 'hineinreden'. Mit dieser gesellschaftlichen Basis, nicht mit einem politischen Gegner, soll unsere Politik verträglich sein.

BasisGrüne lehnen eine sogenannte Machtteilhabe ab, wenn dafür die eigenen politischen Ziele über Bord geworfen werden, in diesem Fall kann eine "ausgefüllte" Opposition mehr bewirken.

Nur mit einer konstruktiven Streitkultur können neue politische Modelle entstehen. Wenn Inhalte nicht für alle nachvollziehbar ausdiskutiert werden, wird Raum frei für versteckte Hierarchien, persönliche Beziehungskisten, Informationsmonopole. So werden die herrschenden Machtverhältnisse, die wir bekämpfen, nicht beseitigt.

BasisGrüne hielten und halten die Kontakte zu Verbänden und Initiativen, setzen sich mit diesen zusammen und erarbeiten mit diesen politische Lösungen.
- Wer sich für die Erklärung interessiert, sie liegt draußen im Foyer aus.

Wie gut dieses Netzwerk in seinen Strukturen war, zeigte sich Ende März, mit dem Beginn der Bombardierungen in Jugoslawien. Auch wenn es sehr zentralistisch aufgebaut wirkt, es ist es nicht. In einigen Ländern gibt es bereits eigene Netze, aber auch auf kommunaler Ebene. Das beste Beispiel für die Effizienz des Netzes war die Unterschriftenaktion der Grünen Anti-Kriegs-Initiative von Ilka Schröder und Uli Cremer. Dadurch, daß die E-mail von den EmpfängerInnen an andere weitergegeben wurde, kamen bereits nach gut zwei Tagen 500 Unterschriften zusammen. Weitere Erfolge waren die Forderung nach einem Sonderparteitag sowie eine kurzfristig initiierte Unterstützungsaktion für Gila Altmann, die als Staatssekretärin die Grüne Anti-Kriegs-Initiative mit unterstützt hat und deswegen zurücktreten sollte.

BasisGrün ist aus einer Gruppe schleswig-holsteinischer Grüner entstanden, wurde dann zu einer Bewegung innerhalb der Gesamtpartei, der sich aber auch zunehmend Menschen anschließen, die schon länger nicht mehr bei den Grünen sind, oder - noch nie dabei waren, u.a. auch ehemalige SPD-Mitglieder. Meine Vision, das sagte ich bereits im Februar, wäre eine Bewegung in der Gesellschaft, so wie die Grünen einmal aus Bewegungen entstanden waren. An eine Realisierung wagte ich nicht zu glauben, nun aber läßt mich das, was wir heute hier in Dortmund auf die Beine stellen wollen, doch sehr hoffen.

BasisGrün betrachtet sich als einen Teil dieses grün-links-alternativen Netzwerkes und wird sich mit allen anderen für dessen Gelingen einsetzen.

Ich drücke uns allen die Daumen, daß der heutige Tag ein Erfolg wird.